"Wir haben einen Punkt in unserer Geschichte erreicht, an dem die aktuellen Automobile zwar sehr gut sind, wir aber gezwungen sind, eine neue Richtung einzuschlagen", meint Hugo Spowers. Der Gründer des Automobilherstellers Riversimple mit Sitz im Herzen von Wales ist kein Schwarzseher. Er ist ein Macher. Ein Macher mit einem Team, das schon für namhafte Hersteller wie Aston Martin, Rolls-Royce, Lotus, McLaren, Fiat und auch in der Formel 1 tätig war. Schon der Name des Chefdesigners, Chris Reitz, dürfte so manch einem bekannt vorkommen, ist er schließlich für die Wiederauferstehung des Fiat 500 verantwortlich. Da wundert es kaum, dass mit dem einzigen Modell der Marke Riversimple, dem Brennstoffzellenfahrzeug Rasa, ein Fahrzeug auf die Straße rollt, das sich in puncto Design nicht vor den großen Konkurrenten verstecken braucht. "Der Rasa ist leicht, sehr sparsam, sieht gut aus und man kommt schnell rein und wieder hinaus. Er sieht aus wie ein Superstar-Auto, aber er ist für jeden", erklärt er mit einer Hand an der nach oben aufschwingenden Scherentür. Und genau das ist die eigentliche Sensation an der ganzen Sache.

Denn das "er ist für jeden" ist nicht irgendeine hohle Marketingfloskel. Es beschreibt vielmehr die gesamte Philosophie hinter dem Riversimple Rasa-Projekt. "Wir werden niemals einen Rasa verkaufen. Der Kunde zahlt eine monatliche Gebühr und wir den Rest. Sprich Treibstoff, Wartung und Versicherung. Tankt unser Kunde zum Beispiel in drei Minuten seinen Wagen voll, bekommt nicht er die Rechnung, sondern wir. Anschaffung und Wertverlust spielen also gar keine Rolle mehr", verrät Riversimple-Chef Spowers. Wie hoch genau die Leasingrate für den 97 Kilometer pro Stunde schnellen Zweisitzer ausfallen soll, steht noch nicht fest. Unter der Hand ist die Rede von 600 bis 700 Euro. Die beiden einzigen Wasserstoff-Konkurrenten kosten in ihrer Leasingrate genau doppelt so viel. Genauer: Der Toyota Mirai kostet in der Anschaffung 78.540 Euro, beziehungsweise 1.219 Euro im Monat. Der Hyundai ix35 Fuel Cell würde einmalig 65.450 Euro oder monatlich 1.290 Euro kosten.

So nett die Idee in einem Land wie England auch ist, in dem Elektroautos gefördert werden, so sehr nagt das Problem der mangelhaften Infrastruktur, sprich dem Wasserstoff-Tankstellen-Netz, an deren Umsetzung. Aus den aktuell 14 H2-Tankstellen in England, sollen zwar in naher Zukunft rund zwei Dutzend werden, doch auch diese Aussicht verhagelt so manch einem die Hoffnung auf große Zulassungszahlen. Für Hugo Spowers ist dies allerdings kein Grund weniger, sondern eher mehr, dem Projekt seine vollste Aufmerksamkeit zu schenken: "Wenn einer mit einer neuen Idee um die Ecke kommt, melden sich immer erst die zu Wort, die die aus ihrer Sicht offensichtlichen Gründe aufzeigen, die gegen eine Realisation sprechen. Wenn man aber, so wie wir, bei null, sprich mit einer Tabula Rasa, anfängt, bleiben diese Stimmen erst einmal stumm."

20 Testfahrzeuge bis 2018

Ähnlich stumm verhält sich der 3,70 Meter lange Riversimple Rasa auf der Straße. Einzig das Geräusch einer luftfördernden Pumpe lässt erahnen, dass innerhalb des nur 540 Kilogramm schweren Gefährts tatsächlich irgendetwas arbeitet. Dass Leistung erzeugt wird, erfährt jeder spätestens beim Ampelstart. Nach zehn Sekunden ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Dafür verantwortlich sind die vier Radnabenmotoren, die von der 8,5 Kilowatt erzeugenden und nur 20 Kilogramm wiegenden Brennstoffzelle mit Energie versorgt werden. Ja, richtig gerechnet. Gerade einmal 11,5 PS sorgen hier für den Antrieb. Doch es wird noch besser. Die Reichweite einer Tankfüllung, die rund 1,6 Kilogramm Wasserstoff beträgt, liegt bei fast 500 Kilometern. Oder anders formuliert: Der Treibstoffverbrauch beträgt weniger als einen Euro pro 100 Kilometer. Und das einzige, was das Fahrzeug über seine futuristischen Kiemen in die Umwelt entlässt ist Wasserdampf.

Wer jetzt denkt, dass so ein kleines Fahrzeug zwar dank Scherentüren cool und dank des Antriebs zukunftsfähig, aber keinesfalls sicher ist, der irrt. "Die Monocoquezelle des Rasa wiegt 39 Kilogramm und ist mit der in der Formel 1 vergleichbar. Und: Die Türen öffnen nach oben, weil sie für den Fall eines Seitenaufpralls sehr dick sein müssen. Hätten wir sie normal angeschlagen, würden sie fast im 90 Grad Winkel aufschwingen müssen, damit ein- und ausgestiegen werden kann. Durch eine kleine Aussparung im Dachhimmel passen aber sogar 1,95 Meter große Fahrer hinein. Dass das Ganze auch noch cool ausschaut, nehmen wir aber auch gern hin", erklärt der leitende Design-Ingenieur Will Priestner. Einmal im Cockpit platzgenommen, erscheinen einem die Knöpfe und Schalter irgendwie bekannt. "Wir haben uns bei Ford bedient", verrät der 35-jährigge Priestner. Der 5,5 Zoll große, hochkant verbaute Bildschirm soll laut Priestner bei den in den nächsten zwölf Monaten gebauten 20 Fahrzeugen noch etwas anwachsen.

Die Produktion der 20 sogenannten Beta-Cars steht und fällt mit der ins Leben gerufenen Crowdfunding-Aktion. Mit dessen Hilfe soll, neben den zwei Millionen Euro, die von der walisischen Regierung in Form einer Subvention zur Verfügung gestellt werden, mindestens noch eine weitere Million Euro akquiriert werden. Bis zur geplanten Serienproduktion im Jahr 2018 dürfen interessierte Kunden die Beta-Versionen auf Herz und Nieren im Alltag testen. Sollte es tatsächlich zur Serienproduktion kommen und der Brexit dem Unternehmen Riversimple keinen Strich durch die Rechnung machen, könnte der Rasa auch in Deutschland auf den Markt kommen. Zu den aktuell 20 frei zugänglichen und 14 privaten Wasserstofftankstellen sollen allein noch in diesem Jahr 16 weitere hinzukommen. Bis zum Jahr 2023 werden es in Summe 400 Stationen in ganz Deutschland sein - sofern sich der im September 2013 verabschiedete Handlungsplan realisieren lassen sollte.

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