Brasilien, Rio de Janeiro: Zuckerhut

Die Elektromobilität steckt am Zuckerhut noch in den Kinderschuhen. (Bild: Archiv)

Auf Anweisung des Industrieministeriums hob die brasilianische Außenhandelskammer (Camex) vor wenigen Wochen den Pkw-Einfuhrzoll von 35 Prozent für Elektroautos völlig auf. Die Zollbefreiung gilt sowohl für rein mit Strom betriebene Autos als auch für einige Arten von Hybrid-Fahrzeugen. Der Verein brasilianischer Autoimporteure (Abeifa) und der Hersteller-Verband Anfavea begrüssten diese Maßnahme, obwohl rasche Fortschritte bei der Ausweitung des Elektroauto-Einsatzes auch bei besserer Konjunkturlage kaum zu erwarten sind. Denn dazu sind die Preise für E-Autos für die Masse der brasilianischen Käufer noch zu hoch. Des Weiteren fehlt es in dem südamerikanischen Land noch an technischem Know-how für Produktion und Wartung.

Deshalb kommen als E-Auto-Promoter vorerst hauptsächlich die brasilianischen Behörden und Gemeinden in frage. So schrieb zum Beispiel das Rathaus von Rio nicht zuletzt im Blick auf die Olympischen Spiele im August 2016 die Beschaffung von 100 Stromern aus. Sie sollen an 25 Ladestationen mit 200 Parkplätzen im Stadtzentrum und den Strandvierteln der Zuckerhut-Metropole aufgestellt werden.

Carsharing mit Elektroautos

Dabei fungiert ein Privatunternehmen als Betreiber der Flotte, ein anderes als Sponsor, der für die Lackierung mit seiner Marke zahlt. Die künftigen E-Car-Benutzer verwenden wie beim Fahrradverleih “RioBike” eine Handy-App, um ein E-Auto nutzen zu können, was nur klappt, wenn die Batterie mindestens noch zu 40 Prozent geladen ist. Der Mietpreis soll zwischen 4,50 und 6,00 Euro je halber Stunde liegen und hängt davon ab, ob sich der Benutzer für einen Tag, eine Woche, einen Monat oder ein Jahr einschreibt. Nach einschlägigen Erfahrungen mit dem System in Paris und Amsterdam ersetzt ein gemietetes Elektroauto im Großstadt-verkehr je nach Tageszeit 7 bis 20 konventionelle Pkw.

Insgesamt verkehren in Brasilien nach Auskunft des Fachverbands Abve heute nur knapp 100 reine E-Autos in öffentlicher oder Privathand. Dazu kommen schätzungsweise 400 importierte Hybrid-Fahrzeuge des Modells Prius von Toyota, wovon gut ein Drittel als Taxis in Sao Paulo rollen. Nach Informationen japanischer Wirtschaftszeitungen will Toyota nach dem Aufbau von Montagelinien für den Prius in China und Thailand demnächst auch in seinem brasilianischen Werk Sao Bernardo do Campo eine erste Serie von 1.500 Einheiten dieses Modells mit aus Japan importierten Bauteilen auflegen. Damit kämen die Japaner als erste in den Genuss der Zollbefreiung für Elektroautos. Als denkbarer Einführungspreis werden knapp 28.000 Euro genannt.

Laut einer Studie des brasilianischen Energieministeriums ist Strom als Antriebskraft für Pkw je PS Motorleistung vorerst noch um zwei Drittel teurer als Benzin. Ferner hängt die Verbreitung der Stromer vor allem von stärkerer Erzeugung von Solarstrom durch Privathaushalte und Firmen ab, weil dadurch kostspielige Leitungsnetze entbehrlich werden. Das setzt nach Meinung von Fachleuten jedoch die steuerliche Entlastung der Solarstrom-Technik voraus.

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win/gp

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