In dem Testfahrzeug kommt an der Hinterachse die aktive Hinterachskinematik AKC von ZF zum Einsatz, die über eine gemeinsame Steuerungselektronik mit der elektrischen Servolenkung Dual Pinion EPS der ehemals eigenständigen Firma TRW vernetzt ist.

"Mit dem Testfahrzeug wollen wir zeigen, wie allein durch die Kombination des nun erweiterten Produktportfolios von ZF Produkte mit hohem Kundenmehrwert entstehen", erklärt ZF-Chef Stefan Sommer und ergänzt: "Fahrkomfort und vor allem Fahrsicherheit lassen sich deutlich erhöhen, wenn heute gängige Systeme perfekt aufeinander abgestimmt sind."

Auf der ZF-Winterteststrecke in Arvidsjaur im Norden Schwedens bewies der Prototyp auf  Eis und Schnee die Vorteile des Systems. Der Wagen bleibt bei Spurwechselmanövern und Überholvorgängen perfekt in der Spur - trotz Glatteis.

Um die Wirkungsweise des AKC im Zusammenspiel mit der Vorderachslenkung in unterschiedlichen Fahrsituationen zu verdeutlichen, lässt sich die aktive Hinterachskinematik im Prototyp aktiv hinzuschalten. Bei niedrigen Geschwindigkeiten bewegt AKC dann die Hinterräder in Gegenrichtung zum Lenkeinschlag der Vorderräder: Der Wendekreis des Fahrzeugs verkleinert sich zugunsten des Fahrkomforts. Ab 60 km/h lenken die Hinter- und Vorderräder in dieselbe Richtung. Das erhöht die Stabilität des Fahrzeugs deutlich. Denn durch den Lenkeinschlag aller Räder in dieselbe Richtung reduziert sich die Drehung des Fahrzeugs um die Hochachse.

Um die Hinterachskinematik AKC in das Versuchsfahrzeug zu integrieren, ersetzten die Entwickler die ursprüngliche Hinterachse durch ein neu entwickeltes modulares Hinterachskonzept. Bei der Basisachse handelt es sich um eine modulare Weiterentwicklung einer Schräglenkerhinterachse. Dabei wurde der hintere der beiden radseitigen Kinematikpunkte des unteren Querlenkers durch einen Integrallenker ersetzt und ein Spurlenker ergänzt. Dieser definiert den Spurverlauf über dem Radhub und erlaubt eine präzise Einstellung der Vorspur. Alternativ zu einem bei Schräglenkerachsen üblichen Federbein ermöglicht der weit außen liegende Integrallenker die Verwendung von getrennten Federn und Dämpfern. Die Hinterachse kann nicht nur mit AKC, sondern auch mit einem elektrischen oder konventionellen Antriebsmodul kombiniert werden.

Die Vernetzung der beiden Lenkungen lässt sich auch für zukünftige teil- oder vollautomatisierte Fahrzeuge nutzen. Das demonstriert der ZF-Prototyp anhand eines zusätzlichen Bedienelements in der Mittelkonsole des Cockpits. Damit lassen sich die Lenksysteme an Vorder- und Hinterachse rein elektronisch steuern. Eine solche Steer-by-Wire-Funktion - im Prototyp noch im Demo-Modus realisiert - lässt sich zukünftig für teil- und vollautomatisierte Lenkmanöver, beispielsweise Überhol- und Spurwechselvorgänge, nutzen. Die Kopplung der beiden Lenksysteme in diesem Demo-Fahrzeug zeigt, wie viel Sicherheit auch auf glattem Untergrund erreicht werden kann, um ein Ausbrechen des Fahrzeugs bei Spurwechseln und Überholvorgängen zu verhindern.

"Mit dem Prototyp machen wir nur einen Teil des Potenzials der ZF-Kompetenz für Pkw deutlich", verdeutlicht Sommer. "Steigern lässt sich das Plus an Sicherheit und Komfort, wenn ZF künftig Lenkung, Bremse, aktive Fahrwerksysteme sowie Kamera- und Radarsysteme zu automatisierten Assistenzsystemen zusammenfasst."

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