Ein Roboter von Stäubli wird von einem Mensch berührt.

Mit einer Fokussierung auf Leistung, Mobilität und Konnektivität will Stäubli den Weg zu intelligenten Lösungen für Industrie 4.0 ebnen. (Bild: Stäubli)

Mensch und Maschine Hand in Hand: Was für manche wie die Konkurrenz zwischen Arbeiter und Roboter klingt, sehen die Produzenten und Kunden von Robotern als Pfad in die Zukunft. Kollaborative Roboter sollen vorwiegend Entlastung von monotonen Tätigkeiten bieten – und künftig noch smarter mit dem Menschen zusammenarbeiten. Die Anbieter der automatischen Helfer bringen ihre Systeme dazu derzeit auf Industrie-4.0-Kurs. Dass man einen Bedarf für smarte Automation gerade in kleinen und mittleren Unternehmen erkenne, sei nicht zuletzt dem hohen Kostendruck und der bei vielen Zulieferbetrieben verlangten Flexibilität in ihren Prozessen geschuldet, hört man etwa von renommierten Unternehmen der Branchen wie  ABB und Stäubli.

Vor allem für die neuen, schnellen und intelligenten Systeme sieht man im Automobilsektor einen wachsenden Bedarf jenseits von Body-in-White. Unter anderem auf den Gebieten Testing, der Elektrik/Elektronik sowie der Batteriemontage, sagt Stäubli-CEO Gerald Vogt. Sami Atiya, Leiter des ABB Geschäftsbereichs Robotik & Fertigungsautomation, ergänzt, dass sich der Robotikmarkt in nur einem Jahr mehr verändert habe als in den 30 Jahren zuvor. Man befinde sich in einer Dekade, in der künstliche Intelligenz in das Arbeitsleben dringe und in der die Digitalisierung wie auch Unsicherheiten den Rahmen bilden. Antworten darauf werde die Automatisierung und Robotik gerade mit jenen Produkten bieten, die sich durch hohe Sicherheit und Bedienerfreundlichkeit auszeichnen.

Cobots übernehmen repetitive Aufgaben

Zu den definierten Bedarfen im Markt gehört für die Verantwortlichen bei ABB ein gefächertes Angebot an kollaborativen Robotern, den Cobots. Bereits vor fünf Jahren sei man mit diesem Thema an den Start gegangen und könne nun drei Cobot-Familien anbieten, die den Marktbedarf abdecken. Acht von zehn Unternehmen planen in den kommenden zehn Jahren verstärkt Roboter einzusetzen. Dies zeigt eine im Auftrag von ABB unter 1.650 CEOs durchgeführte Branchenstudie. Treiber für die geplanten Anschaffungen sei freilich auch die Coronapandemie, heißt es dazu. Laut den Befragten fördere Robotik aber nicht nur in der Pandemie die Gesundheit und Sicherheit von Mitarbeitern Auch die Qualität der Arbeit würde sich verbessern. Repetitive und körperlich anstrengende Tätigkeiten seien ohnehin schwer zu besetzen, sind sich satte 78 Prozent der Geschäftsführer einig.

Mit den kollaborativen Robotern der neuen Familien GoFa und Swifti adressiert ABB unter anderem die Bereich Elektronik und Logistik. Die Systeme sollen sich intuitiv bedienen lassen, sodass Kunden nicht auf ausgebildete Inhouse-Programmierer mit Fachkenntnissen angewiesen seien, hört man von den Robotik-Experten. Sie sehen darin ein wachsendes Zukunftsfeld. Die Cobots habe man so konstruiert, dass sie innerhalb kürzester Zeit nach der Installation einsatzbereit sind, ohne dass dazu ein spezielles Training erforderlich wäre. Branchen mit geringem Automatisierungsgrad sollen so die Möglichkeit erhalten, umfassend von der Automatisierung zu profitieren, sagt Sami Atiya und hebt hervor, dass für die hauseigenen Drag-and-Drop-Systeme keine Coding-Kenntnisse erforderlich sind. Wer ein Tablet oder Smartphone bedienen kann, könne - dank der hauseigenen Tools für ein schnelles Setup - ohne Schwierigkeiten die neuen Cobots programmieren.

Festo stellt ersten pneumatischen Cobot vor

Dass kaum ein industrielles Marktsegment so schnell wächst wie jenes der Mensch-Roboter-Kollaboration, sieht man auch beim Unternehmen Festo, das sich insbesondere durch seine Pneumatiksysteme einen Namen in der Industrie gemacht hat. Die Vorteile der Pneumatik setzen die Esslinger nun in einem Cobot um, dem ersten pneumatischen seiner Art.

Zielgruppen seien kleine und mittlere Unternehmen, die häufig von manuellen Arbeitsprozessen geprägt seien und hinsichtlich Automatisierung auf ein hohes Maß an Flexibilität setzen, heißt es beim Unternehmen. Beim System für das Kleinteilehandling setze man auf den Vorteil, dass die Direktantriebe in den Gelenken kostengünstiger und leichter seien als elektrische Lösungen mit ihren schweren Getrieben und ihrer teuren Kraft-Momente-Sensorik.

Stäubli rechnet mit starkem Wachstum

Stäubli Robotics konzentriert sich auf die vier Produktfamilien Industrieroboter, kollaborative und mobile Roboter sowie fahrerlose Transportsysteme, FTS oder AGV. Sie seien allesamt kompatibel mit Industrie-4.0-Standards und können mit geringfügigen Modifikationen auch als Power-Cobots für die direkte Mensch-Roboter-Kollaboration eingesetzt werden, so das Unternehmen. Die Cobots gehören laut Stäubli zu den schnellsten und präzisesten auf dem Markt.

Der Hersteller, der die meisten Roboter in Frankreich herstellt, sieht im Thema Industrie 4.0 eine enorme Chance für das Robotik-Umfeld. Vom Roboter bis hin zu den AGVs begleite man mit dem Repertoire die verschiedenen Produktionsstufen in der Industrie, verdeutlicht Unternehmenschef Gerald Vogt. Zur Zukunftsstrategie zählt „die Sicherstellung höchster Leistungsparameter der Produkte in immer anspruchsvolleren Einsatzbereichen, gepaart mit einer hervorragenden Gesamtbetriebskostenbilanz (TCO)“, schildert Christophe Coulongeat, beim Unternehmen neuer Group Division Manager Robotics weltweit. Bei Stäubli hat man das ehrgeizige Ziel formuliert, in den nächsten zehn Jahren zweistellige Wachstumsraten einzufahren.

Sicherheit ist eine Hürde für MRK-Systeme

Für weitere Fortschritte müssen die Systeme immer intelligenter werden. Wie künstliche Intelligenz für Roboter nutzbar gemacht werden kann, wird im Forschungskonsortium Cyber Valley erforscht. Das Konsortium, zu dem die Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer, die Universitäten Stuttgart und Tübingen, BMW, Daimler, Porsche, Bosch, ZF und IAV zählen, soll das neueste Knowhow aus der Forschung noch besser und schneller in Produkte und Geschäftsmodelle umzusetzen. Das KI-Fortschrittszentrum Lernende Systeme des Fraunhofer IAO  sowie des Fraunhofer IPA soll Firmen dabei unterstützen, die wirtschaftlichen Chancen von KI für sich zu nutzen.

In sogenannten „Exploring Projects“ haben die KI-Expertenteams der Fraunhofer-Institute seit Oktober 2019 bereits 13 verschiedene KI-Anwendungen prototypisch umgesetzt. Das Zentrum soll Firmen einen geschützten Raum bieten, um Ideen für KI-Anwendungen ohne finanzielles Risiko zu erproben, heißt es beim IAO.

Speziell die kollaborative Robotik fokussiert überdies das Fraunhofer IAF im Projekt RoKoRa – Sichere Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) mithilfe hochauflösender Radare. Im MRK-Markt bewege sich viel, der große Durchbruch bleibe bislang aber aus, heißt es dazu am Institut. Grund seien Sicherheitsbestimmungen, die es performanten Robotern nicht einfach machen und von gängigen Sensorlösungen nur unter großen Effizienzeinbußen befolgt werden können. Beim Projektabschluss von RoKoRa im Dezember 2020 wurde eine kontaktlose 3D-Sensorlösung demonstriert, die einen Durchbruch in der MRK herbeiführen soll.

Radarsensorik könnte MRK zum Durchbruch verhelfen

Dazu werden kompakte Radarsensoren vernetzt auf dem Roboterarm angebracht, wodurch sie eine Art mitbewegende Schutzhülle bilden. Ziel ist es, in diesem Schutzraum Personen und deren Annäherungsverhalten in nahezu Echtzeit zu erfassen. Eine situationsabhängige Anpassung der Roboterbewegung soll eine sichere und effiziente Interaktion mit praxistauglichen Geschwindigkeiten ermöglichen. Der Demonstrator, der im Zuge von RoKoRa entstand, zeigt einen Radarsensorring mit dazugehörigem Sensorknoten. Dieser erlaubt eine zuverlässige 360-Gad-Distanzmessung - selbst bei Dunst, Rauch, Staub sowie sonstigen optischen Einflüssen und soll sogar dielektrische Objekte durchdringen können.

Der Sensorring besteht aus 16 Radarmodulen, von denen acht für die Rundumsicht ausreichen. Die zusätzlichen acht Module fungieren als funktionale Redundanz. Somit habe er nicht nur eine größere Messreichweite als gängige kapazitive Sensoren, sondern auch eine erhöhte Robustheit im Vergleich zu optischen Alternativen, heißt es von Seiten der Wissenschaftler. Zwei Prozessoren werten die Messdaten unabhängig voneinander aus und ein dritter gleicht die Ergebnisse ab, bevor die Informationen zur Steuersoftware des Roboters weitergeleitet werden. Er soll auch großen und leistungsstarken Robotern mit höheren Nutzlasten ermöglichen, in kürzeren Taktzeiten mit Menschen zu interagieren.

Einzigartig an dem Kooperationsprojekt sei die frühe Verbindung der Sensorbauelemente mit realen Robotersystemtechnologien unter durchgängiger Berücksichtigung relevanter Sicherheitsaspekte, heißt es beim Fraunhofer-Institut. Um dies zu gewährleisten, wurde das Projekt vom industriellen Anwender Audi, dem Roboterhersteller Fanuc sowie dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) unterstützt. Die im Projekt entwickelte Radarsensorik wird als aussichtsreiche Enabler-Technologie gesehen, heißt es von Seiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), welches das Projekt förderte. Für einen Praxistransfer müsse die Sensorik des Forschungsprojekts – idealerweise zusammen mit einem Sensorikhersteller – jedoch industrialisiert und zertifiziert werden.

igus bietet Baukasten für Low-Cost-Automation

Einen ganzen Getriebebaukasten für Leichtbauroboter stellten die Kunststoff-Experten von igus vor. Das Unternehmen, das hauptsächlich für seine Kabelführungen in der Automation bekannt ist, stieg vor geraumer Zeit auch ins Segment der Low-Cost-Automation mit Servicerobotern ein. Im Zentrum des Baukastens für Cobots steht dabei das vollintegrierte Tribo-Wellgetriebe mit Motor, Absolutwert-Encoder, Kraftregelung und Controller.

Bereits 2020 hat igus eine neue Generation an Tribo-Wellgetrieben für die Bewegung an der 5. Roboterachse vorgestellt. Reibung und Verschleiß werden hier durch schmierfreie Tribo-Polymere optimiert. Der Getriebebaukasten für Cobots, den igus auf der Hannover Messe 2021 zeigte, ergänzt derweil das Angebot im Bereich der Low-Cost-Automation. Mit der Plug-and-Play-Lösung lässt auf Basis der Getriebe mithilfe von Verbindungselementen ein individueller Roboter konstruieren - dank der zusätzlichen elektronischen Komponenten auch als Cobot.

Wir sehen für unsere leichten Kunststoff-Wellgetriebe Marktchancen in Robotern, die komplett unter acht Kilogramm wiegen“, schildert Alexander Mühlens, Leiter Low-Cost-Automation und Robotik bei igus. Die vollintegrierten Wellgetriebe sollen auch in einer Version des igus-Serviceroboters ReBeL zum Einsatz kommen. ReBel soll zwei Kilogramm tragen können, eine Reichweite von bis zu 650 Millimetern besitzen, beim Eigengewicht unter zehn Kilogramm liegen und eine Mindestlaufzeit von zwei Millionen Zyklen bieten.

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