Ein Mann mit Schutzbrille bedient eine Maschine.

Der Geruchssinn soll künfig bei der vorausschauenden Wartung von Maschinen zum Einsatz kommen.

Wenn es in der Montagehalle plötzlich mächtig nach Maggi müffelt, ist nicht etwa Zeit für die Mittagspause, sondern Gefahr im Verzug: Eine Maschine droht zu überhitzen und in Brand zu geraten. Es ist der intensive Geruch, der die Nasen der Wartungstechniker Alarm schlagen lässt, bevor etwas passiert.

„Unser System warnt lange, bevor es brennt und suggeriert, dass es brennt“, erklärt Heimo Adamski, Geschäftsführer der 4Gene GmbH aus Freising, die diese neue Methode der vorausschauenden Wartung und des Anlagenschutzes entwickelt hat. „Natürlich können wir hierfür auch Duftstoffe einsetzen, die nach verschmortem Plastik riechen“, sagt Adamski, „Wichtig ist, einen möglichst artfremden und intensiven Geruch zu verwenden“. Maggi extrem macht sich daher in der Werkshalle gut.

„Programmierbare" Duftstoffe

Die Düfte des Warngeruchssystems „Sniff & Save“ werden mit einem Aufkleber, Stift oder Spray aufgetragen, so dass beispielsweise auch Kabelstränge in engen Schächten behandelt werden können. Um den Warneffekt zu erzielen reichen nur zwei Tropfen des speziellen Duftstoffes aus, um einer Standard-Produktionshalle bei drohendem Ungemach eine eindeutige olfaktorische Note zu verleihen. Aber wie funktioniert es, dass sich das Odeur zu einem genau definierten Zeitpunkt verbreitet?

Das gelingt durch Duftstoffe, die sich gewissermaßen „programmieren“ lassen: Aromaglukoside. Der Trick: Bei dieser Stoffverbindung werden die Duftmoleküle durch Zuckermoleküle inaktiviert. Freigesetzt wird der Geruch erst, wenn die Verbindung durch von Chemikern vorher festgelegte Auslöser („Trigger“), wie eine bestimmte Temperatur oder Luftfeuchtigkeit, gelöst wird, was die schachmattgesetzten Duftmoleküle freisetzt.

Aufkleber des Warngeruchssystems „Sniff & Save“  auf einer Pumpe.
Aufkleber des Warngeruchssystems „Sniff & Save“ auf einer Pumpe. (Bild: 4Gene)

Zwar ist die Idee nicht ganz neu, doch dem bayerischen Startup gelang es, diese Stoffe in großem Maßstab herzustellen, was bisher nicht möglich war. Und: Wird beispielsweise die Verkabelung einer Industrieanlage damit besprüht, hält diese Beschichtung mindestens zwei Jahre, garantiert die Firma. „Unter Laborbedingungen sind mindestens vier Jahre drin“, berichtet Adamski.

Doch gerade angesichts der strengen Sicherheitsanforderungen der Autoindustrie geht die Firma mit ihren Versprechen lieber auf Nummer sicher. Zumal sie „100 Prozent Zuverlässigkeit“ garantiert. „Bei Rauchwarnmeldern oder Sensoren kann man das so nicht sagen“, verweist Adamski auf Fehlfunktionen und Hardwareausfälle, die sich nie völlig vermeiden lassen.

Ergänzung zu bestehenden Sicherheitssystemen

Außerdem ist die Duftlösung mit 25 Euro pro Aufkleber im Vergleich zur Sensorik recht günstig. „Wir wollen aber nicht bestehende Sicherheitssysteme ersetzen, sondern verstehen unsere als Ergänzung“, stellt der 4Gene-Chef klar. Denn die Methode stößt an Grenzen: Bei hohen Luftfeuchtigkeiten und bei Warnungen, die unterhalb von 80 Grad Celsius erfolgen sollen, sind diese erreicht. Denn dann könnte es durchaus zu Fehlalarmen kommen, weil das Design der Duftmoleküle für solche Einsätze zu instabil sein müsste, um mit diesen Bedingungen zurecht zu kommen.

OEMs und Zulieferer testen die Technik bereits, etwa um Akkuladestationen für Montagewerkzeuge zu überwachen, weil es dort zuweilen aufgrund defekter Akkus und Ladegeräten zu Bränden kommen kann. Auch Maschinenmotoren werden auf dem Shopfloor überwacht. Ein großer süddeutscher Automobilzulieferer hat bereits 500 Aufkleber eingesetzt und probt den Ernstfall. Natürlich sind auch Versicherer an der Lösung interessiert.

Bleibt die Frage: Was bringt mir eine Nase voller würzigem Maggi-Duft, wenn ich nicht weiß, wo das Problem liegt? Hierfür kann auf Kundenwunsch ein weiterer Stoff in die Lösung eingebunden werden, der beispielsweise eine heiß gelaufene Kabelverbindung rot oder blau färbt. Adamski versichert, dass weder dieser Marker noch das Aromaglukosid Kabel und andere Materialien angreift oder toxisch ist. Es könne allenfalls sein, dass die Aufkleber auf einigen Oberflächen nicht haften, weswegen man auf Stift oder Spray umsteigen müsse.

Und noch einen anderen Anwendungsfall abseits der Montagehalle hat Adamsi vor Augen: Akkus von E-Fahrzeugen: „Die Batterien von E-Rollern und E-Autos sind mitunter so eng verbaut, dass kein Platz für einen Temperaturüberwachungssensor mehr bleibt.“ Aufkleber drauf – und fertig. Wenn es bei voller Fahrt dann nach Maggi riecht, heißt es: Rechts ranfahren.

Sie möchten gerne weiterlesen?