Feinwuchten des EMR3-Rotors im Werk von Vitesco Technologies.

Feinwuchten des EMR3-Rotors: Da der Motor mit sehr hohen Drehzahlen läuft, ist dieser Arbeitsschritt für den integrierten Achsantrieb von zentraler Bedeutung. (Bild: Vitesco)

Wer sich in der Branche umhört, stößt auf klare Ansagen: Die Zukunft für Antriebsstränge sei elektrisch, die Entwicklungen laufen auf Hochtouren. Zwar liegen die Verkaufsmargen bei Verbrennungsmotoren heute noch weit über elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, aber die Domäne der konventionellen Motorentechnik weicht auf zugunsten eines Technologiemix‘ aus Verbrenner mit assistierendem Elektroantrieb. Einmal ist es die 48-Volt-Technik, deren Generatoren immer mehr Funktionen wie Anlasser und Lichtmaschine übernehmen und auch eine hybride Fortbewegung aus Elektromotor und herkömmlichem Antrieb erlauben.

Je nach Batteriestärke erhöht sich bei einem Plug-in-Hybriden die elektrisch zurückgelegte Wegstrecke. Wer gleich den Switch zu einem rein elektrischen Achsantrieb anpeilt, fährt ohnehin ohne Auspuff. Zwar fällt die Öko-Bilanz hinsichtlich des CO2-Ausstoßes zwischen Mild-Hybriden und Plug-in-Hybriden (PHEV) je nach Messmethode unterschiedlich aus. Ganz sicher sinken aber die Emissionen bei höheren elektrischen Fahranteilen. Man muss nicht tief in die Glaskugel schauen, um elektrifizierten Fahrzeugen steigende Absatzzahlen zu prognostizieren. „OEMs legen in den nächsten Jahren massiv nach, was das Angebot von Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen betrifft. Zusätzlich werden verbesserte Technologien und höhere Stückzahlen für sinkende Kosten und damit für einen weiteren Nachfrageschub sorgen“, konstatieren die Autoren einer aktuellen Roland Berger.

Den Trend flankiert eine Gesetzgebung, die auf eine stufenweise Reduktion der CO2-Emissionen von Straßenfahrzeugen pocht. „Um die Ziele der EU zu erreichen, müssen die Hersteller ihre CO2-Werte zwischen 2020 und 2030 um weitere 38 Prozent reduzieren. Auch in China und den USA sind im Zeitraum zwischen 2020 und 2025 Reduktionen von acht Prozent beziehungsweise 22 Prozent gefordert“, so Wolfgang Bernhart, Automotive-Experte und Studienautor bei Roland Berger. Die Analysten erwarten, dass Elektrofahrzeuge bis 2030 rund 60 Prozent der gesamten Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ausmachen

Gute Ausgangslage für Elektrifizierungsspezialisten

Das ist die vielversprechende Ausgangslage für Antriebsspezialisten, die rechtzeitig auf Elektrifizierung und Elektromotoren gesetzt haben und neben dem Geschäft mit Verbrennungsantrieben ihre Expertise zum Entwickeln und Produzieren von Hybrid- und Elektroantrieben vorangetrieben haben: „Wir sind in der Lage, eine komplette Elektrifizierung des Antriebsstrangs aus einer Hand zu liefern, vom 48-Volt-System über integrierte Hybridkonzepte in Getriebe und Achse bis zum reinen Elektroantrieb, verbunden mit hocheffizienter Leistungs- und Ladeelektronik sowie einem optimierten Batteriemanagementsystem“, sagt Andreas Wolf, CEO von Vitesco Technologies, der ehemaligen Antriebssparte von Continental.

Die emissionsfreie Mobilität ist noch meilenweit entfernt, aber Brückentechnologien wie in Hybrid-Fahrzeugen sind auf dem Vormarsch, das Potenzial zur CO2-Reduzierung durch Elektrifizierung in Teamarbeit mit Verbrennungsmotoren längst nicht ausgeschöpft. Beispielsweise fahren Plug-in-Hybride über größere Strecken elektrisch während der Verbrennungsmotor pausiert. Schaltet das Auto wieder auf Kraftstoffbetrieb um, kommt es zum Kaltstart, die Kohlendioxidwerte steigen kurzzeitig stark an, bis die Abgasbehandlung wieder greift. „Aus Sicht der Emissionsminderung ist das eine Herausforderung, denn beim Kaltstart können die meisten Emissionen im Zyklus entstehen,“ sagt Rolf Brück, Leiter Katalysatoren und Filter bei Vitesco Technologies.

Ein Ausweg ist das rechtzeitige Beheizen der Abgasströme beim Kaltstart. Der Haken: Die Heizscheibe lässt sich nicht mit Hochvoltsystemen versorgen. Zwar gibt es bereits spezielle Wandler, die die Spannung einer 48-Volt-Batterie an das niedrigere Niveau des 12-Volt-Bordnetzes anpassen, aber nicht mit höheren Spannungen zwischen 200 bis 450 Volt zurechtkommen. Technikentwickler von Vitesco fanden in einem neu konzipierten DC/DC-Wandler die Lösung. Das kompakte Aggregat erzeugt dank modernster Leiterplattentechnologie und neuesten Bauteilen aus der hohen Spannung des elektrischen Antriebssystems die benötigte Niedervoltspannung für die Heizscheibe. Der Katalysator kann sofort Schadstoffe umwandeln und damit den CO2-Ausstoß durch Kaltstart reduzieren. Die Systemlösung aus Heizscheibe und DC/DC-Wandler soll nach Angaben von Vitesco im Jahr 2023 in Serie gefertigt werden

Den tatsächlichen Ausstoß von Kohlendioxid und Schadstoffen bei Mild-Hybrid-Elektrifizierung und in Plug-in Hybriden lässt sich nicht bis aufs Gramm genau festlegen – Einflussfaktoren wie Fahrweise, Langstreckenfahrten und Aerodynamik des Fahrzeugs haben da ein Wörtchen mitzureden – aber eine Hausnummer gibt es: Je weniger Antriebslast auf Kolbenmotoren liegt desto geringer der CO2-Ausstoß. Das spricht für mehr elektrischen Achsantrieb auch in Verbindung mit einem Verbrennungsmotor.

Deshalb verfolgt Vitesco ein hybrides Antriebskonzept auf Basis einer wirtschaftlichen 48-Volt-High-Power-Technologie. Einsatzreif ist bereits der integrierte elektrische Achsantrieb EMR3 (Electronics Motor Reducer 3rd Generation) – eine kompakte, leichte und leistungsfähige Kombination aus E-Motor, Inverter und Untersetzungsgetriebe.

Das 3-in-1-System ist modular aufgebaut und lässt sich sowohl mit 48-Volt-Technik als auch mit Hochvoltsystemen betreiben. Das EMR3-Antriebsystem ist von Anfang an als skalierbare Traktionstechnik für unterschiedliche Leistungsklassen konzipiert. Sowohl das Strator-Design in Flachdrahttechnik als auch ein innovatives Sinterverfahren zum Kontaktieren der Bauelemente ist aus Vitesco-Sicht vorbildhaft. Die ehemalige Conti-Sparte zielt mit der dritten Antriebsgeneration auf mittelschwere Fahrzeuge und größere Stückzahlen mit neuartigem Komponentenaufbau, kompaktem Bauraum und großem Wirkungsgrad – günstige Voraussetzungen, um Kostenhürden bei Technologiesprüngen in der Automobilproduktion zu umgehen.

Sie möchten gerne weiterlesen?