Die Produktion von Volkswagen in Zwickau.

Seit Januar 2022 werden in Zwickau sechs Modelle von drei Konzern-Marken produziert. (Bild: Volkswagen)

Zwickau ist nicht nur Geburtsstätte von Horch und Audi sowie ehemalige Produktionsstätte des DDR-Klassikers Trabant, sondern mittlerweile auch Schlüsselstandort für die Zukunft von Volkswagen. Das Werk im Stadtteil Mosel ist die erste Fertigungsstätte der Wolfsburger, die komplett auf die Elektromobilität hin umgerüstet wurde.

„Zwickau ist der Ort, an dem im Bereich Elektromobilität alles begann“, betont Stefan Loth, Vorsitzender der Geschäftsführung von Volkswagen Sachsen. Rund 30 Jahre wurden am Standort die Modelle Passat und Golf gefertigt. Mit dem Produktionsstart des vollelektrischen ID.3 folgte die Zäsur, bis im Juni 2020 schließlich der letzte Verbrenner vom Band rollte.

Zwickau fertigt sechs Modelle dreier Marken

Abgeschlossen war der Wandel damit jedoch nicht. Innerhalb rund eines Jahres folgte eine Rekordanzahl an Modellanläufen: Nach dem Produktionsstart von Volkswagens ID.4 wurde Zwickau im März 2021 mit Audi Q4 e-tron und Q4 Sportback e-tron zum Mehrmarkenwerk. Anschließend kam der Cupra Born hinzu, bevor ID.5 und ID.5 GTX die Transformation des Werkes im Januar 2022 abschlossen. „Das Fahrzeugwerk Zwickau hat mit sechs Anläufen von drei Marken in nur 26 Monaten wichtige Pionierarbeit für den Konzern geleistet“, betont Christian Vollmer, Produktionsvorstand der Marke Volkswagen.

Neben den Modellen auf Basis des Modularen E-Antriebsbaukastens (MEB) werden zudem Karossen für Bentley Bentayga und Lamborghini Urus gefertigt. „Wir haben nicht nur auf Elektromobilität, sondern auch auf eine Multibrand-Produktion umgestellt“, unterstreicht Stefan Loth. „Abhängig von der Versorgungslage mit Halbleitern liegt unser Fokus nun auf dem Erreichen der Kammlinie. Wir möchten die 180.000 bei Volkswagen Sachsen gebauten Fahrzeuge aus 2021 in diesem Jahr übertreffen.“

VW-Werk wird größte Audi-Produktionsstätte für E-Autos

Losgelöst von Lieferengpässen liegt die jährliche Produktionskapazität in Zwickazu bei etwa 330.000 Fahrzeugen – derzeit befindet sich das Werk mit 1.200 Autos pro Tag noch im Hochlauf. Bei den konkreten Stückzahlen der Audi-Modelle hält sich der Konzern bedeckt, doch die Rückkehr des Premiumherstellers an seinen Gründungsort geht weit über nostalgische Experimentierversuche hinaus.

Das Fahrzeugwerk mit seinen 8.500 Stammbeschäftigten wird Audis größter Produktionsstandort für Elektroautos. „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, betont Fermín Soneira Santos, Audi-Baureihenleiter für Elektromodelle vom A bis zum C-Segment. Für die nächsten sieben Jahre sei die Zukunft mindestens gesichert. Ob künftig jedoch auch Elektrofahrzeuge auf Basis der Premium Platform Electric (PPE) in Sachsen gebaut werden, sei laut Soneira noch nicht entschieden.

Volkswagen investiert 1,2 Milliarden Euro in Zwickau

Um den veränderten Anforderungen der elektrisch angetriebenen Modelle gerecht zu werden, investierte der OEM insgesamt 1,2 Milliarden Euro. Auf dem rund 180 Hektar großen Werksgelände errichtete der Autobauer zwölf neue Gebäude und Hallenteile. Karosseriebau, Lackiererei und die beiden Endmontagelinien wurden modernisiert beziehungsweise komplett neu aufgebaut. Eine Logistikhalle sowie ein Batteriesequenzer kamen ebenfalls neu hinzu. Mittlerweile ist der Umbau des Werks nahezu abgeschlossen.

Fast 40 Prozent der Investitionen flossen in den Karosseriebau. Die schon vorher hohe Automatisierung in diesem Bereich liegt nun bei nahezu 90 Prozent. Seit Mai 2021 werden zudem nahezu alle Pressteile vor Ort hergestellt und dadurch mehr als 9.000 direkte Lkw-Transporte jährlich eingespart. Allein diese Erweiterung ließ Volkswagen sich rund 74 Millionen Euro kosten. Herzstück ist fortan eine 180 Tonnen schwere XL-Presse von Schuler, welche die Ausbringung von 20 auf bis zu 30 Millionen Teile pro Jahr steigern soll. Nach dem Stammwerk in Wolfsburg verfügt Zwickau damit über das zweitgrößte Presswerk innerhalb der Marke Volkswagen.

Automatisierung wird zum Kern des Fahrzeugbaus

Inwieweit die Prozesse des Standorts vollautomatisiert wurden, verdeutlicht der Einsatz von mehr als 1.700 Robotern sowie fahrerlosen Transportsystemen in der Produktion. In den beiden Montagehallen wurde die Automatisierung der 176 Montagetakte von 17 auf 28 Prozent gesteigert. „Zwickau ist eines der höchstautomatisierten Werke im Konzernverband“, erklärt Stefan Loth.

Seit dem Umbau erfolgen in diesem Sinne unter anderem der Verbau der Sitzwanne mittels Spindelgreifer, der Cockpiteinbau sowie die Hochzeit mit Batterie vollautomatisch. Und auch die Batterielogistik kommt weitestgehend ohne zusätzliche Handgriffe aus: Die in Braunschweig gefertigten Batterien für die E-Fahrzeuge werden ausnahmslos per Zug transportiert und anschließend vollautomatisch Be- und Entladen.

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