Tesla Bot

Der humanoide Tesla Bot soll nach Vorstellungen von Elon Musk in der Fertigung Werkern stumpfsinnige Arbeiten abnehmen. (Bild: Tesla)

Der Kerl ist 1,80 Meter groß, wiegt nur 60 Kilogramm und kann ein Drittel seines Körpergewichtes tragen. Sein Name: Tesla Bot. Mit dem humanoiden Roboter überraschte Elon Musk kürzlich bei dem KI-Tag des kalifornischen Autobauers. Der Robo soll in der Produktion Werkern stumpfsinnige Arbeiten abnehmen – und vor allem mit ihnen kooperieren. Dazu befähigt wird der intelligente Cobot unter anderem von Teslas Autopilot-Software. Hier scheinen Synergien aufzukeimen. Von Musk ist der vielsagende Satz überliefert, Tesla sei „vermutlich das Größte Robotikunternehmen der Welt“, denn die Autos seien schon heute „halb fühlende Roboter auf Rädern“.

Wird Robotik zum neuen Business der OEMs?

Was liegt da näher, gleich selbst smarte Roboter zu entwickeln und zu bauen? Tatsächlich ist nicht nur Tesla auf diesem Gebiet unterwegs, sondern auch andere Autobauer wie BMW, Fiat, Hyundai oder VW – wenn auch nicht mit großem PR-Getöse. Eher still haben sich die OEMs in den letzten Jahren interessante Robotik-Startups einverleibt, mit Forschungsinstituten kooperiert oder gleich in Eigenregie die Technologie entwickelt. 

Automotive-Experte Heiko Weber, Partner bei Berylls Strategy Advisors, mag zwar noch nicht von einem durchgreifenden Trend sprechen, sieht aber gute Gründe, warum sich OEMs forciert mit dem Thema beschäftigen: „Mit Blick auf Variantenvielfalt und einer hohen Flexibilität in der Produktion ist es geradezu überlebenswichtig, selbst Produktions- und Robotertechnologien zu entwickeln.“ Die Zeiten, in denen sechs Jahre lang ein relativ variantenarmes Automodell vom Band lief, seien vorbei. „Die Flexibilitätsanforderungen sind brutal hoch – doch Roboter können helfen, diesen gerecht zu werden“, betont Weber. Wer sich auf diesem Feld engagiere, sichere sich Wettbewerbsvorteile. Und am Rande bemerkt: Auch neue Geschäftsfelder. „Nachdem durch die Elektromobilität große Teile der Wertschöpfung der Autobauer verloren geht, könnte der Bereich Anlagentechnologie künftig interessant werden“, sagt Weber. Warum also nicht links und rechts vom Spielfeld schauen, wo noch Gras wächst?

Hyundai und BMW schicken smarte Roboter auf den Shopfloor

Manch einer sieht schon eine neue Konkurrenz für Kuka & Co. heranwachsen. Kein abwegiger Gedanke, denn KI-Entwicklung, Assistenzsysteme und Sensorintegration sind zu handfesten Inhouse-Kompetenzen der Autobauer auf ihrem Weg zum autonomen Fahren geworden - was die Markteintrittsschwelle in den Robotik- und Logistikbereich erheblich senken dürfte. Und im Zweifel kauft man Knowhow ein, um es für eigene Zwecke weiterzuentwickeln. Wie Hyundai.

Erst kürzlich haben die Koreaner den Robotik-Spezialisten Boston Dynamics übernommen. Auch, um smarte Roboter in die Produktion zu schicken. Den Anfang macht der Factory Safety Service Robot, mit dem Produktionsanlagen überwacht werden sollen. „Der Roboter wird dazu beitragen, Risiken zu erkennen und die Sicherheit der Menschen an Industriestandorten zu gewährleisten“, ließ Dong Jin Hyun, Leiter des Hyundai Motor Group Robotics Lab, bei der Präsentation wissen.

Factory Safety Service Robot
Hyundai schickt seinen "Robo-Wachhund" in der Fertigungshalle auf Patrouille, um etwa Überhitzungen an Anlagen oder offene Türen zu erkennen. (Bild: Hyundai)

Warum sich der Schritt zum Robotikanbieter fast schon aufdrängt, zeigt sich seit Jahren in der Entwicklung von Fahrerlosen Transportsystemen (FTS). BMW verkauft inzwischen sogar ein mit dem Tochterunternehmen Idealworks entwickeltes FTS nebst Steuerungssoftware. Mit dem Smart Transport Robot wollen die Bayern nach eigener Aussage im Bereich Logistik zu einem führenden Anbieter für autonome Robotik werden.

Ist eine komplette Eigenentwicklung wirtschaftlich?

Ein wirtschaftlich interessantes Feld, wie Ralf Bechmann, Partner bei der ROI Management Consulting AG, meint. Autonome mobile Roboter, die hocheffiziente automatisierte Abläufe ermöglichen, seien wie gemacht für die Zusammenarbeit mit Partnern in der Robotik-Grundlagenentwicklung: „Das macht Sinn, wenn dabei Wettbewerbsvorteile durch Technologietransfer geschaffen werden, etwa bei Steuerung, Sensorik und Bildverarbeitung für das autonome Fahren“, erklärt Bechmann.

„Für OEMs kann besonders die ergänzende KI ein interessantes Betätigungsfeld sein“, meint Gabriel Seiberth, Managing Director im Bereich Automotive bei Accenture, „Sie sollten sich auf die Datenmodelle und Schnittstellen konzentrieren, damit alle Daten übergreifend zusammengeführt und ausgewertet werden können.“ Was auch die Möglichkeit eröffne, dass Roboter unterschiedlicher Hersteller über eine Plattform gesteuert werden können. Denn dabei wird es ungeachtet aller Robotik-Aktivitäten der Autobauer wohl noch eine ganze Weile bleiben.

„Die komplette Eigenentwicklung von Robotik für den Einsatz in Produktion und Logistik sehen wir nicht als Kernkompetenz eines Automobilherstellers“, betont Bechmann. Fragwürdig erscheint ihm vor allem, sich auf Teslas Spuren zu begeben: „Humanoide Roboter für die Produktion selbst entwickeln und bauen macht für Automobilhersteller und -zulieferer begrenzt Sinn.“ Investments seien nur in Maßen möglich, zumal die digitale und elektrische Transformation der Branche Unsummen verschlingt. „Daher heißt das Ziel: Fokus setzen – Mittel richtig einsetzen“, sagt Bechmann, „Und zwar in der Fahrzeugentwicklung.“

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