Die Alfa Romeo Giulia hat uns mit seinen 375 kW / 510 PS nachhaltig beeindruckt. Doch die Schlacht um den Mittelklasse-Thron wird nicht auf der automobilen 100-Meter-Bahn, wo ein explosiver Antritt entscheidend ist, entschieden, sondern bei den Brot-und-Butter-Modellen, die mit weniger Kraft ausgestattet sind, aber viel Kilometer fressen. Um möglichst viele Kunden hinter das Giulia-Lenkrad zu locken, lancieren die Italiener einen Dreierangriff bestehend aus dem Basis-Diesel mit: 100 kW / 136 PS, die 110 kW / 150 Diesel-Version und die vorläufige stärkste Variante mit 132 kW / 180 PS, die wir uns genauer angeschaut haben.

Wie alle anderen Giulias, profitieren auch die Diesel-Modelle von dem verwindungssteifen Chassis und dem geringen Gewicht von 1.520 Kilogramm. Die Lenkung ist sehr direkt und setzt die Wünsche des Fahrers unmittelbar um. Schon nach wenigen Kilometern wird klar, die italienische Bella kann sich mit den BMW 3er und den Jaguar XE messen. Der Heckantrieb steht der Kurvenfreude sicher nicht im Weg - ganz im Gegenteil - und das Stahlfahrwerk lässt sich auch nicht durch schlechten Asphalt aus der Ruhe bringen. Auch bei welligen Schnellstraßen bleibt die italienische Schönheit fast schon stoisch ruhig.

Adaptive Dämpfer vermisst man bei diesem Auto nur selten. Die Vorderachse mit den doppelten Querlenkern in Kombination mit der Multi-Link-Hinterachse lässt die immerhin 4,64 Meter lange Giulia mit einer Leichtigkeit um die Ecken wirbeln, die den BMW-Fahrdynamik-Spezialisten Schweißperlen auf die Stirn zaubern dürfte. Roll- und Wankbewegungen finden auch bei schnellen Richtungswechseln kaum statt, was eine sehr beruhigende Sicherheit vermittelt.

Keine Froschschenkel-Position

Dank des maximalen Drehmoments von Newtonmetern, das bereits bei 1.750 U/min den Alfa Romeo mit voller Kraft anschiebt, muss sich die Achtgang-Automatik nicht mit vielen Fahrstufen-Wechseln, um ein dynamisches Fortkommen mühen. Mit einem Norm-Verbrauch von 4,2 Litern pro 100 Kilometer bleibt der Spaß auch ohne große Reue. Allerdings ist der Vierzylinder Diesel kein Ausbund an übermäßigem Temperament, für den forcierten Alltags-Ritt reichen 6,8 Sekunden für den Standard-Sprint und eine Spitzengeschwindigkeit von 230 km/h locker aus.

Die Beine schlafen einem auch auf Langstrecken nicht ein. Wer jemals in einem Alfa Romeo älteren Datums Platz genommen hat, wird sich über die ergonomische Sitzposition freuen, die nichts mehr mit der berüchtigten "Froschschenkel-Haltung", bei der die Knie fast hinter den Ohren lagen, zu tun hat. Das Lenkrad liegt gut in der Hand, genauso wie der Gangknüppel. Die Verarbeitung hat ebenfalls deutlich an Qualität zugelegt, erreicht aber nicht Audi-Niveau.

Die Bedienung per Drehknopf ähnelt dem BMW iDrive, da hören aber die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Die Alfa-Variante ist deutlich rudimentärer als das Münchner Pendant, erfüllt aber nach einer sehr kurzen Eingewöhnungszeit ihren Zweck. Bei der Konnektivität verspricht Alfa Romeo eine stete Aufrüstung. Wie sehr sich die Italiener an dem 3er BMW orientiert haben, sieht man nicht nur an der sportlichen Auslegung und dem aggressiven Design: Der Kofferraum entspricht mit einer Ladekapazität von 480 Litern exakt dem Münchner Mittelklasse-Modells, das Gleiche kann auch für die nicht allzu opulenten Platzverhältnisse im Fond sagen. Mit einem Grundpreis von 39.650 Euro ist die gefahrene Version um 50 Euro billiger als der BMW 320d in der Basis-Ausstattung und Achtgang-Automatik.

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