Sein Name ist eine Hommage an die 75 Kehren zählende Straße zur Passhöhe des Stilfser Jochs in den italienischen Alpen. Nun also kommt das erste SUV des italienischen Herstellers. Dass die Marke mit dem „cuore sportivo“ seine Fans immer wieder mit optisch wie technisch appetitlichen Automobilen begeistern konnte, war ein stets verlässliches Moment in der über hundertjährigen Tradition Alfa Romeos. Zuletzt gesellten sich aber auch regelmäßig Unverständnis auslösende Entscheidungen der Markenführung hinzu: Denn bis man im letzten Jahr die Mittelklasse in Form der Giulia wieder mit einem sportlichen Mittelklassemodell auf Augenhöhe des BMW 3er beleben konnte, klaffte nach Einstellung des 159 fünf Jahre lang eine Lücke im Portfolio. Und nun, da die Giulia nach einem Marktstart mit eher nicht volkstümlicher Motorisierung (510 PS) endlich auch mit bezahlbaren Antrieben in den Schauräumen steht, sehen sich - zumindest einige eingefleischte - Fans des Mittelklassemodells und dessen typisch herzförmigem Grill abermals einer Hiobsbotschaft ausgeliefert: Eine Kombiversion oder „Sportwagon“, wie die Italiener ihre Lifestyle-Fünftürer nennen, steht auf Basis der Giulia nicht mehr zur Diskussion.

Weitere SUVs übernehmen die Rolle der Kombiversionen

Die Lücke bei den Kombis sollen künftig die SUVs schließen. Alfa Romeo kündigt nach dem Stelvio zwei weitere Vertreter des Genres sportliche Geländegänger an. Einmal oberhalb und einmal unterhalb des Stelvio, wie Stefan Moldaner, Brand Country Manager bei Alfa Romeo, anlässlich eines Fahr-Events sagte. In der Mittelklasse übernimmt nun der Stelvio die Rolle des variablen Alleskönners. Das Schrägheck-SUV teilt sich die Kerntechnik mit der auf einer völlig neuen Hinterradantriebs-Plattform konstruierten Mittelklasse-Limousine Giulia. Damit gibt es aus fahrdynamischer Sicht schon einmal nichts zu mäkeln. Lediglich eine Version des 2.2-Liter-Diesels mit 180 PS wird auch in einer Variante mit Hinterradantrieb erhältlich sein. Die bereits vom Start weg erhältlichen 4-Zylinder-Aggregate – ein 2.2-Diesel mit 210 PS sowie ein 2.0-Benziner mit 280 PS Leistung sowie eine etwas später nachrückende 200 PS-Version des Ottos – übertragen ihre Antriebsmomente via eines gemeinsam mit ZF entwickelten Achtstufenautomaten über den Alfa Q4-Allradantrieb an alle Räder. Das am Kürzel „Q4“ zu erkennende Allradsystem ist ein System mit Verteilergetriebe mit einem die Antriebsmomente bedarfsgerecht regelnden Lamellenpaket und integriertem Steuergerät, über das sich die Antriebsmomente von der Hinterachse bis hin zu einem Verhältnis von 50:50 zwischen Hinter- und Vorderrädern verteilen lassen. Das Vorderachsdifferenzial ist offen gestaltet, Schlupf wird hier per radselektivem Bremseneingriff im Zaum gehalten. An der Hinterachse haben sich die Ingenieuere für ein selbstsperrendes mechanisches System entschieden, das auch unter Last sperren kann.

Mit einem Leergewicht von fahrfertig schlanken 1.735 Kilogramm und Maßen von 4,69 x 1,90 x 1,65 Meter (L x B x H) zählt der Stelvio zu den Dynamikern seines Segments. Was man ihm nach einer ersten Ausfahrt konstatieren darf: er ist ein äußerst agiler Vertreter des SUV-Genres, der mit markentypischer Leichtigkeit und Präzision ans Werk geht. Dazu tragen die Vollalumium-Radfährungen an der Vorder- und Hinterachse ebenso wie die im Segment direkteste Lenkübersetzung bei. Rollneigung und Eigenlenkverhalten sind auf dem Niveau einer Limousine, betont Elmar Rabbe von der Homolgation. Dem Eindruck der Agilität und eines hohen Sicherheitsniveaus tragen auch die Gewichtsverteilung von 50:50 sowie zahlreiche elektronische Helfer Rechnung, wie etwa ein Kollisionswarnsystem mit automatischer Notbremsfunktion, ein Spurhalteassistent und Totwinkel-Assistent oder das sehr schnell ansprechende Integrierte Bremssystem (IBS). Alfa konzentriert sich beim SUV für die Kraftübertragung auf ein Automatgetriebe, ein 8-Gang-System, das man gemeinsam mit ZF entwickelt hat. In Kombination mit dem 3-stufigen DNA-Schalter hängen die Stelvio- 2,0- und 2,2-Liter-Versionen, insbesondere auf der Dynamik-Stellung, herrlich spontan am Fahrpedal. Dabei klingt der Diesel erfreulich zurückhaltend, der Otto kernig-kehlig, ohne aber beim Timbre auch eine 6-Zylinder-gewohnte Klientel zu enttäuschen. Im Übrigen spurtet der 2,0-Benziner mit seinen stolzen 280 PS Leistung in lediglich 5,7 Sekunden auf 100 km/h und spielt so vorne bei den betont sportlichen Fahrzeugen seiner Klasse mit.

Charme und Modernität im Interieur

Im Interieur des Stelvio begeistert italienischer Charme: Hier gibt es wunderschöne (angedeutete) Röhren-Instrumenten, wie man sie aus Giulia und Spider der 60er-Jahre kennt. Den Alfa Romeo-Entwicklern und Designern ist es obendrein gelungen, das Interieur soweit als möglich von Schaltern und Hebelchen zu befreien, dabei aber ein gerade erforderliches und aktuell gutes Maß an klassischer Bedienführung zu bieten. So erfreuen etwa ein ideal auf der Mittelkonsole platzierter Dreh-Drücksteller, ein zentraler Audio-Lautstärkeregler sowie ein elegant im Mittelteil der I-Tafel integriertes Display für die Anzeige wesentlicher Fahrzeugfunktionen und der Navigation.

Alfa Romeo ist mit seinen Fahrzeugen im Aufwind. Im ersten Quartal 2017 legten die Italiener auf dem europäischen Markt um 23,5 Prozent zu, in Deutschland gar um 83 Prozent, wie der CEO FCA Germany AG, Giorgio Gorelli mitteilt. Dass man nun mit dem Stelvio im überproportional schnell wachsenden SUV-Segmente ein Angebot hat, sollte die Attraktivität der Marke, die nun auch wieder auf dem nordamerikanischen Markt mitmischt, deutlich beflügeln.

Stelvio ist übrigens ein echter Italiener: Gefertigt werden die SUVs im Werk für Premiummodelle Cassino der Fiat Chrysler Automobiles (FCA) nahe Rom, das in den 70ern errichtet wurde. Beistand von oben sollte auf dem Weg zu ordentlichen Produktions- und Absatzzahlen dabei so gut wie gewiss sein, hat man die Fabrik doch in der Nähe einer Benediktiner-Abtei errichtet.

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