Auf den ersten Blick ist der Audi e-tron S Sportback nichts Außergewöhnliches. Die bekannte coupéhafte Silhouette und die gleichen Türen, die satt ins Schloss fallen, zieren das E-SUV. Bei genauerem Hinsehen fallen einem die 285er 21-Zoll-Walzen auf, die an beiden Achsen montiert sind und das "S" hinter der e-tron-Typenbezeichnung auf. Dazu kommen größere seitliche Lufteinlässe und dickere Backen links und rechts - die Radläufe sind jeweils um 23 Millimeter breiter. Gut, der Fahrer nimmt es mit dem Rollwiderstand nicht ganz so genau und hat das S-Line Paket geordert, möchte man meinen. Dem ist aber bei diesem Stromer aus Ingolstadt mitnichten so. Die sportliche Attitüde wird durch Agilitäts-Fakten untermauert.

Dieser e-tron Sportback ist aktuell die fahrdynamische Speerspitze der E-Crossover. Denn drei Elektromaschinen bringen jetzt die Spitzenleistung von 370 kW / 503 PS und bis zu 973 Newtonmeter auf den Asphalt. Letztendlich haben die Audi-Ingenieure die E-Maschinen des e-tron 55 durchgewechselt: Das bis 150 kW / 204 PS starke Aggregat wandert beim e-tron S an die Vorderachse, die schwächere Maschine tauscht die Position von vorne an die Hinterachse und bekommt zudem einen identischen Partner an die Seite gestellt. Beide zusammen schaffen maximal 264 kW / 359 PS und das Trio sorgt für beeindruckende Beschleunigungswerte. In 4,5 Sekunden geht es aus dem Stand bis 100 km/h und bei 210 km/h ist Schluss. Den Durchschnittsverbrauch beziffert Audi mit 28,7 kWh/100 km.

Doch die reine Kraftmeierei ist eine Sache. Bei dem e-tron S geht es um Dynamik und da zeigt der 2.620 Kilogramm schwere Kreuzer, wie sportliches Fahren im Elektro-Zeitalter aussehen wird. Die beiden hinteren E-Maschinen zirkeln den e-tron S nämlich mit "echtem", also aktivem Torque Vectoring um die Ecke, indem beispielsweise der kurvenäußere Motor mit mehr Kraft arbeitet als der innere - während die vorderen Räder mit Bremseingriffen auf Spur gebracht werden. So gelangen beim zackigen Herausbeschleunigen bis zu 220 Nm mehr an das kurvenäußere Hinterrad - und das innerhalb weniger Millisekunden. Dazu kommt ein überarbeitetes Fahrwerk mit einer anderen Elastokinematik, geänderten Achslagern an der Vordachse, stärkeren Stabilisatoren und speziell abgestimmten Dämpfern. So kommt der Audi e-tron S ohne eine energiefressende 48-Volt-Wankstabilisierung aus.

Rund 50 Kilogramm Zusatzgewicht

Klingt klasse, aber was kommt von dieser Ingenieurskunst beim Fahrer an? Schließlich schlägt sich der elektrische Quattroantrieb schon im Audi e-tron 55 ziemlich beachtlich. Wenn man sportlich auf Landstraßen unterwegs ist, fällt der Unterschied der beiden Antriebskonzepte nur Piloten mit ganz feinen Nervenbahnen im Hinterteil auf. Der e-tron S bleibt bei hohen Geschwindigkeiten noch eine Spur souveräner. Je kleiner der Radius der Kurve wird, und je höher die Geschwindigkeit, umso besser kann das neue System seine Vorteile ausspielen. Bei abgeschaltetem ESP lässt sich der 4,90 Meter lange e-tron auch mit einem Vollgasstoß ab dem Scheitelpunkt mit einer Gegenlenkbewegung einfangen - beeindruckend. Aber im Alltag? Immerhin hilft es, zu wissen, dass man noch Reserven hat.

Apropos Reserven - die flinke Dynamikkur hat einen Haken: Durch die dritte E-Maschine kommen insgesamt rund 50 Kilogramm zusätzlich ins Auto. Und das bei einem Fahrzeug, das trotz der mächtigen 95-Kilowattstunden-Batterie nicht gerade als Reichweiten-König gilt. Immerhin arbeiten die Ingolstädter dran, in dieser Disziplin besser zu werden und haben dem e-tron S ein Technik-Update verpasst, das beim regulären e-tron 25 Kilometer bringt. So kommt der e-tron S mit einer Batterieladung bis zu 365 Kilometer weit. An einer 150-Kilowatt-Ladestation sind die Akkus in einer halben Stunde zu 80 Prozent gefüllt.

Das Fahren in einem Audi e-tron - ob S oder nicht - gehört zu den Stärken des Ingolstädters. Der Innenraum ist erstklassig verarbeitet, die Sitze bequem, die Knöpfe klicken und das Infotainment brilliert mit gestochen scharfen Navigationslandschaften. Beim Kapitel "Schöner Wohnen" müssen sich die anderen Stromer aus Deutschland und vor allem aus Kalifornien warm anziehen. Auch die Konnektivität via Apple CarPlay oder Android klappt. Allerdings ist das Vergnügen, das ab Herbst beim Händler steht, mit einem Preis von 96.050 Euro alles andere als billig.

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