Man muss gar nicht erst philosophieren, ob sich ein Fünf-Meter-SUV und ein doppelt aufgeladener V8-Motor mit 441 kW / 600 PS nebst gigantischen 800 Nm ausschließen. Die Nachfrage nach derartigen Modellen ist zum Beispiel bei BMW X6 M, Porsche Cayenne Turbo S, Bentley Bentayga, Aston Martin DBX oder Lamborghini Urus mächtiger denn je. Wenn Audi seinen coolen Q8 nicht als Sportversion anbietet, laufen die Kunden gleich zur Konkurrenz. Ärgerlicher denn je, hat man doch Plattform und Antrieb im Konzernregal. Genau genommen ist der Audi RS Q8 dabei ein technischer Zwilling zum Lamborghini Urus. Der Kraftprotz aus Santa Agata hat trotz identischem Antrieb noch ein paar Pferde mehr unter der Haube, bietet das unverwechselbare Lambo-Design und einen Ergonomie-Fauxpas im Cockpit; doch ansonsten sind sich die beiden Konzernmodelle ähnlicher, als man dies zunächst denken mag.

Das liegt nicht nur an der identischen Plattform, sondern auch einem Antrieb, der kaum nennenswerte Unterschiede hat. Wer die Fahrleistungen des Urus liebt und nicht groß auffallen will, entscheidet sich für den RS Q8 und hat wohl auch das bessere Paket. Der Audi spurtet aus dem Stand in 3,8 Sekunden auf Tempo 100, knackt die 200er-Marke nach nicht einmal 14 Sekunden und wird erst bei 305 km/h abgeregelt. Das maximale Drehmoment von 800 Nm steht ab 2.250 U/min zur Verfügung; doch bereits unter 1.900 Touren kann der Pilot aus 700 Nm schöpfen und den Koloss ganz nach Gusto in jede gewünschte Lücke springen lassen. Technische Finessen wie Wankstabilisierung oder Hinterachslenkung scheinen dabei die Grenzen der Fahrphysik höchst eindrucksvoll zu versetzen, denn der sportlichste aller Q8 kann ebenso cruisen wie donnern. Und das ohne dabei unangenehm aufzufallen, denn optisch unterscheidet sich der Audi RS Q8 von seinem zahmeren Brüdern nur unmerklich. Vorne gibt es nicht nur eine Front mit größeren Kühlöffnungen und etwas schwarzer Farbe, sondern der SUV ist zehn Millimeter breiter als der normale Q8; hinten sind es nur fünf Millimeter. "Mehr ging nicht, sonst hätten wir das Auto nicht in die Lackierkabine in Bratislava bekommen", erläutert Designer Frank Lamberty die Grenzen der Fahrzeugfertigung. Dabei rollt der Power-SUV serienmäßig auf 22- und optional auf 23-Zöllern.

Die Federung wird elektronisch gesteuert, indem die Vierwege-Luftdämpfung über den Drive-Select-Wahlschalter die Bodenhöhe um bis zu 90 Millimeter variiert. Bis zu 30 km/h kann der Fahrer die Bodenhöhe um 50 Millimeter erhöhen. Wenn sich die Geschwindigkeit steigert, senkt sich die Federung automatisch schrittweise, um den Luftwiderstand zu verringern und die Handling-Effizienz zu verbessern. Im Dynamik-Modus senkt sich der RS Q8 ab 160 km/h nochmals um 40 Millimeter, während man für Beladung sowie Ein- und Ausstieg sogar um bis zu 65 Millimeter nach unten fährt. Die üppige Motorleistung wird bei normaler Fahrt im Verhältnis 40:60 an die beiden Achsen übertragen. Je nach Fahrprogramm, rutschigem Untergrund oder Tempo kann die Kraftverteilung von 70:30 bis zu 15:85 verschoben werden, ohne dass der Fahrer etwas dafür tun muss. Perfekt im Hintergrund: die Achtgang-Automatik, in deren Schaltvorgänge niemand eingreifen muss.

Hightech-Fahrwerk

Für die nötige Fahrdynamik dieses Kolosses sorgt ein ganzes Konvolut von elektronischen und mechanischen Helfern. Dabei kann der RS Q8 eben nicht nur bei hohen Geschwindigkeiten überzeugen und bietet von A bis Z einen beeindruckenden Komfort. Natürlich passt sich die Dämpfung im Auto-Modus den Fahrprogrammen, Fahrstil und Straßentyp an, um allen Vorlieben des Fahrers gerecht zu werden. Dabei gibt es mit sieben Fahrmodi wohl den ein oder anderen zu viel - Komfort, Auto, Dynamisch, Individuell, Effizienz, sowie zwei spezifische Offroad-Modi (Allroad und Offroad). Wenn letzterer ausgewählt ist, werden spezifische Stabilitäts- und Traktionskontrollprogramme wie die Bergabfahrhilfe aktiviert. Wer es bissiger will, den wird der sportlichste aller Audi Q8 niemals enttäuschen. Die beiden vordefinierten Konfigurationen (RS1 und RS2) bewirken, dass der RS Q8 seine Zähne so aggressiv zeigt wie es in dieser Liga nur geht. Dabei scheint der 2,3 Tonnen schwere Koloss unter einem brüllenden Stakkato physikalische Gegebenheiten immer wieder zu verschieben, wenn er sich in Kurven legt oder mit exzellenter Rückmeldung über Pisten aller Art fegt.

Das aktive Stabilisierungssystem minimiert dabei das Wegrollen des Aufbaus auch bei schnellsten Kurvenfahrten, indem ein kleiner Elektromotor zwischen den beiden Hälften des Stabilisators auf jeder der beiden Achsen bewirkt, dass diese entkoppelt werden, wenn sich das Fahrzeug vorwärts bewegt. Für eine prächtige Verzögerung sorgen selbst bei Wiederholungsbremsungen die Keramikbremsen. Wer es darauf anlegen sollte: der Audi RS Q8 hält aktuell auch die SUV-Rekordrunde auf der Nordschleife mit spektakulären 7:42,2 Minuten. Doch der Audi RS Q8 kann nicht nur cruisen und donnern, sondern auch sparen - zumindest in dem ihm gegebenen Rahmen. "Wir sind stolz auf die Wandelbarkeit des Autos", unterstreicht Projektleiter Michael Barmer. Dafür sorgen unter anderem ein 48-Volt-Bordnetz inklusiv Riemen-Starter-Generator, der bis zu zwölf Kilowatt an Leistung rekuperieren kann. Zudem segelt das PS-starke SUV-Flaggschiff zwischen 55 und 160 km/h, sobald der Fahrer den Fuß vom Gas nimmt und schaltet beim Heranrollen an eine Ampel unterhalb von 22 km/h den Motor völlig aus. Zusammen mit der Zylinderabschaltung soll das für eine Verbrauchsreduzierung von 0,8 Litern Kraftstoff auf 100 Kilometer sorgen. Der Normverbrauch: 12,1 Liter Super.

Im Innenraum bietet der Audi RS Q8 das bekannte Paket mit drei animierten Displays, die sich nach Wunsch der Insassen konfigurieren lassen und so hat der Fahrer die gewünschten Funktionen jederzeit fest im Griff. Das Platzangebot ist vorne wie hinten ausgezeichnet und die Sitze geben nicht nur viel Halt, sondern sind klimatisiert und haben nicht nur durch die optionale Massagefunktion Langstreckenqualitäten. Leider lässt sich die Rückbank nicht elektrisch verstellen, was in dieser Klasse allemal möglich sein sollte. Der ab Anfang kommenden Jahres lieferbare Audi RS Q8 kostet mindestens 127.000 Euro und ist damit im Vergleich zur potenten Konkurrenz wie Porsche Cayenne Turbo (ab 141.000 Euro), Aston Martin DBX (ab 193.000 Euro) oder Lamborghini Urus (ab 204.000 Euro) ein wahres Weihnachtsschnäppchen.

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