BMW feiert dieses Jahr das 30. Jubiläum der Markteinführung des M3. Genau der richtige Anlass, eine Ausfahrt mit einem höchst seltenen Vertreter M-Historie zu unternehmen, dem BMW 320is, Spitzname “Italo-M3″.

Als BMW 1985 seinen ersten M3 der Baureihe E30 präsentierte, war nichts von nobler Zurückhaltung zu sehen. Der 200-PS-starke Powerriegel blies die Backen mächtig auf: Dicke Kotflügel und ein auffälliger Heckspoiler signalisierten überdeutlich, dass hier ein Asphalt-Alphatier unterwegs war. Gegen den ultra-präsenten teutonischen M3 kommt der 320is fast schüchtern daher. Äußerlich macht der Italo-M3 einen auf Schmalhans. Keine protzigen Blechteile oberhalb der Räder sind zu sehen und nur der vergleichsweise dezente Heckspoiler lässt erahnen, dass hier eine Waffe im Rückspiegel auftaucht.

Echtes Hochdrehzahlkonzept

Der potente 3er, der nur für Italien und Portugal bestimmt war, wurde aus wirtschaftlichen Zwängen heraus geboren. Da Italien Ende der 80er Jahre eine Luxussteuer auf Autos, die einen Hubraum hatten, der größer als zwei Liter war, erhob, musste der Münchner Autobauer reagieren. Die Ingenieure nahmen den S14 Motor des M3 und verringerten den Hubraum von 2.3 Liter auf knapp unter zwei Liter, indem sie den Hub von 84 Millimeter auf 72,6 Millimeter verkürzten. Kombiniert mit den längeren Pleuel (149,7 Millimeter statt 144 Millimeter lang) brilliert der Vierzylinder mit einer erstaunlichen Laufruhe. Trotz dieser Hubraum-Diät wuchtet der Italo-M3 192 PS auf die Kurbelwelle – das ist auch heute noch, 27 Jahre nach dem Entstehen des 320is, eine beachtliche Literleistung. Kein Wunder: Der Vierzylinder-Vierventil-Motor hat ein paar Gene des Formel-1-Weltmeister-Motors, mit dem Nelson Piquet 1983 in einem Brabham-BMW BT 52 den Titel holte. Besser können die Voraussetzungen doch gar nicht sein.

Wie es sich für einen Italo-Sportler gehört, ist der nur 3.745 Mal gebaute 320is eine echte Drehorgel. Erst ab 4.000 Umdrehungen geht die Post so richtig ab. Aber dann jubelt der Zeiger des Drehzahlmessers mit einer Leichtigkeit dem roten Bereich entgegen, der erst bei 7.000 Umdrehungen pro Minute beginnt. Angesichts dieser Drehfreude wird heute noch so mancher Alfista blass um die Nase. Das ist das Hochdrehzahlkonzept, wie man es von BMW M jahrelang gewohnt war. Ein Motor frei von allen Zwangsbeatmungs-Zwängen. Kurz: ein Fest. In nur 7,5 Sekunden erreicht der bayerische Italiener aus dem Stand die 100-km/h-Marke und hängt damit sogar den großen Bruder ab. Ein Resultat der kürzeren Hinterachsübersetzung von 3,46 beim 320is gegenüber 3,25 beim M3.

Tanz auf der Asphaltrasierklinge

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 227 km/h lässt der 320is wenig Raum für Potenzdiskussionen. Wie es sich für einen solchen Athleten gehört, hat der 320is ein knackiges Fünfgang-Sportgetriebe verbaut, bei dem der erste Gang unten sitzt. Jeder Schaltvorgang ist ein wahres Vergnügen, da man in München auch damals schon wusste, wie man ein präzises Getriebe baut. Das ist gut so, denn nur mit häufigen Gangwechseln, die das Aggregat bei Laune halten, holt man das Maximum aus dem 320is heraus.

Der Tanz auf der Asphaltrasierklinge macht mit dem 320is einen Höllenspaß. Die Servo-Unterstützte Zahnstangenlenkung gibt auch ohne einen neumodischen Krimskrams, wie einen Elektromotor, genug Rückmeldung und befähigt den Piloten die Italo-Waffe präzise um die Ecke zu dirigieren. Vor allem in den Kurven kann man mit dem 320is die bekannte Sau rauslassen, ohne gleich einen kapitalen Abflug hinzulegen. Das Hinterachsdifferential mit einer Sperrwirkung von 25 Prozent unterstützt den Fahrer, die überagile Hinterachse mit schnellen Gegenlenken wieder einzufangen und den Italo-M3 auf Zug um die Ecke zu feuern.

Alltagstauglicher Sportler

Doch der 320is ist nicht nur Athlet, sondern schlägt sich auch auf schlechten Straßen und langen Strecken ganz beachtlich. Das Fahrwerk ist zwar sportlich straff, aber nicht so unkommod, dass nach jeder Ausfahrt ein Besuch beim Orthopäden nötig ist. Bei einer Bodenunebenheit federt der 320is einmal ein und dann wieder aus, ohne groß nachzuwippen. Die Sportsitze sind bequem und umschmiegen den Fahrer wie der berühmte passende Handschuh.

Auch nach über 600 Kilometern verliert der 320is nichts von seiner Faszination. Der Italo-M3 fährt sich, wie ein modernes Auto. Damals kostete das Vergnügen einen solchen Sportler zu fahren gut 51.000 DM. Das – natürlich zum Fahrer geneigte – Cockpit bot für damalige Zeiten einiges an Luxus: einen Bordcomputer und eine Service-Intervall-Anzeige, die per Leuchtdioden dem Fahrer signalisierte, wann es Zeit für einen Boxenstopp ist. Allerdings will man den nur ungerne einlegen, denn dieser Klassiker macht einfach nur Spaß.

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