Der Mann in seinem roten Porsche 911 Cabrio tut sein Bestes, um die Schmach zu ignorieren. Als sein teurer PS Bolide von dem türkisen E-Mehari auf der Landstraße einfach so stehen gelassen wird, schaut der Sportwagen-Fahrer so angestrengt in die andere Richtung, dass ihm fast seine gold-umrandete Pilotenbrille von der Nase gerutscht wäre. Andere Verkehrsteilnehmer reagieren nicht so pikiert auf den quietschfarbenen Stromer. Radfahrer bleiben stehen, Passanten recken die Hälse und manche fragen auch nach dem ungewöhnlichen Fahrzeug. Als das Wort "Mehari" fällt, lächelt ein älterer Herr hintergründig und schmunzelt: "Ach, den kenne ich auch noch von früher."

Früher, das ist fast 50 Jahre her. Ende der 1960er transportierte die Ur-Mehari die Surfer und die It-Girlsan die Traumstrände der Côte d'Azur. Der französische Superstar Brigitte Bardot saß in dem Spaßflitzer genauso, wie der unvergessene Komiker Louis de Funes. Bis 1987 wurde das Gute-Laune-Mobil produziert, noch heute brausen die Kunststoff-Renner zwischen Cannes und Monte Carlo herum. Die Fans schwören nach wie vor auf den Sandwühler, der aufgrund der zu leicht entflammbaren Karosserie nie in Deutschland verkauft wurde.

Jetzt will Citroën den Kult wieder aufleben lassen. Doch statt des rasselnden 22 kW / 30 PS Verbrennungs-Motörchens, beschwingt nun ein 50 kW / 68 PS Elektro-Aggregat mit einem Drehmoment von 140 Newtonmetern das immerhin 1,4-Tonnen schwere E-Bonbon. Bis zu 110 km/h schnell ist der neue Mehari und darf daher sogar auf die deutschen Autobahnen bewegt werden. Wer mit teutonisch scharfem Blick an den pfiffigen Franzosen herangeht, wird auch bei der Neuauflage so manche Schwäche entdecken, über die der Buggy verschmitzt hinweglächelt. Kunststoff-Griffmulden sind nicht entgratet, der Tankdeckel ist so scharfkantig, dass man sich die Haut aufritzt und auf den Sitzen fühlt es sich eher an, wie auf einem klassischen Kutschbock. Seitenhalt? S'il vous plaît, Monsieur, wir reden hier vom E-Mehari. Das ist kein herkömmliches Auto. Allerdings finden vier Personen Platz und der Laderaum hat ein Volumen von bis zu 800 Litern. Surfbretttauglich!

Vernünftige Reichweite

Eine Klimaanlage gibt es nur gegen Aufpreis und Airbags sucht man vergebens. Bevor Sie überrascht aus dem Sessel schnellen. Ja, das geht, da es sich beim E-Mehari um eine Kleinserie handelt. Pro Jahr sollen weniger als 1.000 Autos verkauft werden, dann darf auf die lebensrettenden Luftsäcke verzichtet werden. Immerhin gibt es eine Freisprechanlage und auch der DIN-Schacht für ein Radio inklusive Anschlüsse ist vorhanden. Dass der E-Mehari dennoch mit der Zeit geht, merkt man an dem USB-Anschluss im unteren Teil der Hartplastik-Mittelkonsole. Bei anderen Autos würde das Tester-Urteil spätestens jetzt vernichtend ausfallen. Doch, wer sich auf den Gallier einlässt, weiß, was ihn erwartet.

Auch wenn der Porsche-Fahrer noch eine Weile an seinem Überholt-werden-Malus zu knabbern haben wird, ist der Elektro-Buggy in erster Linie für die Stadt und nicht für die Autobahn gemacht. Dafür spricht auch die Reichweite von 200 Kilometern innerorts und 100 Kilometern außerorts. Das ist nicht unrealistisch. Bei ersten Testfahrten, die sowohl über Landstraßen, als auch durch Ortschaften führten, hatte die Lithium-Metall-Polymer-Batterie nach einer Strecke von 34 Kilometern noch eine Kapazität von 70 Prozent. Der E-Mehari macht wie sein Vorgänger dank der E-Power und der Wendigkeit Spaß und ist robust. Das Fahrwerk ist genauso puristisch, wie die Innenausstattung, bei der man sich mit unverkleideten Flächen und Hartplastik-Orgien arrangieren sollte.

13 Stunden Ladezeit

Dafür ist der Franzose hart im Nehmen. Die Sitzbezüge aus Neopren verzeihen auch nasse Bade-Klamotten. Solange die Sonne auf das Sommer-Auto scheint, ist ohnehin alles paletti, wird es einmal windig oder es regnet, zieht es schon kräftig, da keine Seitenfenster, kein Heckfenster und natürlich kein Dach die Passagiere schützen. Okay, Seitenfenster werden ohnehin überwertet: Stilecht stützt man sich mit einer Hand an der Tür auf und schwingt sich mit einem beherzten Satz in den Sitz. Allerdings sollte man diese Turnübung nur mit ausreichendem Talent vollziehen, sonst ist die Gefahr groß, dass man sich vor dem Straßen-Café zum Narren macht. Apropos: Mit ein bisschen Übung lassen sich die Sonnen-Öffnungen des E-Mehari innerhalb von 15 Minuten mit Planen bedecken.

Innerhalb von allzu langen 13 Stunden ist der Stadtfloh an einer herkömmlichen Steckdose wieder einsatzbereit. Allerdings ist der Citroen E-Mehari eher für Strand-Hotels und Insel-Autovermietungen geeignet. Zu dem Preis von 27.000 Euro kommt noch eine monatliche Rate von 87 Euro für die Batterie. Zieht man die E-Mobil-Förderung ab, bleiben immer noch 23.000 Euro. Bolloré, der Eigentümer des Lithium-Metall-Polymer-Akkus, gewährt acht Jahre Garantie und überwacht den Energiespender. Droht ein Defekt, wird der Eigentümer des Autos gewarnt.

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