Das letzte Mal findet die NAIAS in diesem Jahr als Jahresauftaktveranstaltung im Monat Januar statt. Ab 2020 wandert die Detroit Motorshow in der Hoffnung auf eine größere Akzeptanz in den Juni. Es erscheint mehr als zweifelhaft, dass dadurch die geflüchteten Hersteller aus Europa zurück nach Motown kommen. Zu wichtig war vielen internationalen Ausstellern das Signal als Jahresauftakt. Einmal mehr überrascht der diesjährige Auftritt der Heimspieler: nicht zum ersten Mal eine blutleere Vorstellung in der grauen Cobo Hall.

Denn auch bei der diesjährigen North American International Autoshow sind die echten Neuigkeiten mit internationaler Relevanz überschaubar. General Motors, Ford und Chrysler haben zwar einige Neuheiten im Gepäck, doch die Messe in Downtown Detroit hat einen Unterhaltungswert, der dem imaginären Autosalon von Castrop-Rauxel zur Ehre gereichen würde. Entertainment und Show gehören bei einer wichtigen Leistungsschau eben auch dazu - gerade wenn die Neuigkeiten imposanter sein könnten und viele Stars fehlen. Volkswagen kämpft mit seinem neuen Passat gegen das nordamerikanische Limousinensterben, Toyota will sich mit dem bayrisch angehauchten Supra und der seriennahen Studie des Lexus LC Cabrio mehr Emotionalität verleihen und Cadillac unternimmt den nächsten Versuch, sich als Premiummarke gegen die geflohene europäische Konkurrenz in Szene zu setzen.

So knüpft Volkswagen zwar große Hoffnungen an seinen neuen Passat, doch das Modell hat nichts mit der europäischen Version zu tun, da das US-Modell noch auf der alten PQ35-Plattform beruht und allein mit einem 174 PS starken Zweiliter-Turbo verfügbar ist, der obligatorisch an Frontantrieb und Sechsstufenautomatik gekoppelt bleibt. Wem die Mittelklasselimousine aus Chattanooga zu müde sein sollte, wird auf der NAIAS am Subaru-Stand fündig. Ohne großen Pomp stellen die japanischen Allradspezialisten mit dem STi 209 das sportlichste Serienmodell aller Zeiten vor. Der 2,5 Liter große Turbomotor mit 341 PS trägt dabei echte Nürburgringgene in sich. Leider ist die auf 200 Fahrzeuge limitierte Sportvariante für die USA vorgesehen.

Pick-ups kommen auf den Dieselgeschmack

Audi, Porsche, Jaguar, BMW, Mercedes und Tesla stellen ihre neuen Modelle lieber an anderer Stelle vor und bespielen die Messe nicht mehr. So hätten die amerikanischen Hersteller eine gute Möglichkeit gehabt, die vor Jahren verlorene Heimatshow wieder unter die eigene Herrschaft zu holen. Doch die lokalen Marken haben derzeit andere Sorgen, weil die immer schlechter laufenden Limousinen der Mittel- und Oberklasse dafür sorgen, dass Portfolios ausgedünnt, Modelle gestrichen und Werke geschlossen werden. Das interessiert viele Besucher der NAIAS 2019 mehr als die neuen Modelle.

Der Handelsstreit mit China tut sein Übriges, dass es in den USA derzeit trotz eines Neuwagenmarktes von stabilen 18 Millionen Fahrzeugen nicht rund läuft. Wenn etwas verkauft wird, sind es die mächtigen Pick-ups von Ford, Chevrolet und Dodge, die hier den Namen Full Size Trucks tragen und auch im vergangenen Jahr 2018 mit Abstand die meistverkauften Modelle auf dem US-Markt waren. Überhaupt ist auf der NAIAS 2019 mit alternativen Antrieben nicht viel zu holen. Pick-ups, Sportwagen und insbesondere große SUV geben in Motown einmal mehr den Ton an. Besonders fett: der RAM 3500 Heavy Duty von Dodge, der nicht nur mit 6,4 Liter großen V8-Benziner, sondern auch einem mächtigen 6,7-Liter-Turbodiesel zu bekommen ist, der gigantische 1.350 Nm leistet und knapp 16 Tonnen ziehen kann. Und wem das noch nicht genug den Atem raubt, steigt einfach in den über 700 PS starken Ford Mustang Shelby GT. "Carroll arbeitete immer an dem nächst schnelleren Shelby. Ich denke, er würde diesen Mustang mehr lieben als jeder andere", so Ford-Präsident Jim Farley, "der neue Shelby GT 500 ist ein Takedown-Künstler und wird die Besitzer von Supersportwagen mit seiner Ford Performance Racing-Technologie und dem Kompressormotor überraschen."

Explorer statt Bronco

Ford zeigt in Detroit darüber hinaus zwar noch keinen Bronco, aber erstmals seinen neuen Explorer, der ähnlich wie sein Sportwagenvorbild Mustang Chancen haben dürfte, nach Europa zu kommen. Der Oberklasse-SUV ist nicht nur als Benziner und einer 400 PS ST-Sportversion, sondern auch als 318 PS starker Hybride zu bekommen. Ungewiss ist die europäische Zukunft für den neuen Cadillac XT6 aus, der mit etwas blassem Design und entsprechenden Antrieben hinter den Erwartungen zurückblieb. So dürfte er Modelle wie einen BMW X5 oder den Mercedes GLE kaum unter Druck setzen dürfte. Zumindest hat er kaum eine echte Chance in Europa und dürfte sich selbst in seiner Heimat USA gegen die starke Konkurrenz aus Asien und Europa schwertun.

Abgesehen vom 340 PS starken Toyota Supra als geschlossenen Zwillingsbruder des BMW Z4 sind die wichtigsten Neuheiten ganz überwiegend SUV. Denn neben dem Ford Explorer und dem Cadillac XT6 enthüllt Kia mit dem Telluride den größten SUV, den man bei den Koreanern jemals entwickelt hat. Über fünf Meter lang wird dieser Allradler angetrieben von einem 3,8-Liter-V6 mit 291 PS. Ebenfalls ein SUV, aber elektrisch angetrieben, zeigt sich die Studie des Infiniti QX Inspiration. Im kommenden Jahr wandert die NAIAS vom Januar in den Juni. Es scheint jedoch mehr als unwahrscheinlich, dass die Terminverschiebung der blassen US-Messe ein internationales Comeback garantieren kann. Es scheint eher wahrscheinlich, dass man sich in Detroit mittelfristig mit der Motorshow in Chicago zusammentun muss, die bisher im Februar stattfindet. Zwei US-Automessen im Nordosten der USA ohne nennenswerte internationale Bedeutung sind kaum zu halten.

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