Die Turnübung beim Entern der grünlich schimmernden Flunder unterscheidet sich nur unwesentlich von der, die bei anderen Supersportwagen nötig ist. Erst schlängelt man sich durch eine enge Türöffnung, sortiert seine Knochen, um sich in den knapp geschnittenen Sportsitz zu zwängen. Aber dann hört die Routine schon auf. Statt auf Rundinstrumente blickt man auf ein Display, auf dem sich seltsame Grafiken zucken. Ein kurzer Blick gibt Auskunft: "Torque" (Drehmoment), "Throttle" (Gas) und "Brake" (Bremse) steht da. Gangknüppel? Fehlanzeige. Schließlich handelt es sich beim DS E-Tense um einen Prototypen, "ein rollendes Labor", wie DS-Technikchef Eric Apode den Sportwagen nennt. Da muss per se schon einiges anders sein, als bei gewöhnlichen Serien-Rennern. Fehlt bloß noch, dass Scotty die Einsatzbereitschaft des Warp-Antriebs meldet.

Hat man sich einmal an die Captain-Future-Umgebung gewöhnt, erweist sich die schnittige Studie als erstaunlich alltagstauglich. Eine gute Sitzposition ist schnell gefunden und das abgeflachte mit Leder-überzogene Alu-Lenkrad liegt gut in der Hand. Auf kurvigen Landstraßen zeigt der 1,8-Tonnen-Bolide sein wahres Gesicht. Kaum tippt der recht Fuß das Gaspedal an, katapultiert sich der DS-E-Tense mit der Kraft seiner 296 kW / 402-PS nach vorne. Wie bei einem Elektromobil üblich, steht das maximale Drehmoment von 512 Newtonmetern vom Fleck weg Gewehr bei Fuß und treten den Piloten mit Vehemenz ins Kreuz.

Was den explosiven Antritt angeht, braucht sich die DS--Flunder nicht vor einem Tesla Model S verstecken. Das stetig anschwellende Sirren der beiden Elektro-Motoren, die aus Balance-Gründen an der Vorder- und Hinterachse angebracht sind, untermalt den Sturm Richtung Horizont. Wer auf Synthie-Pop steht, kann sich mit einem eigens für den E-Tense komponierten Musikstück, das aus den neun Lautsprechern der Focal-Highend-Stereo-Anlage berieseln lassen. Zurück zum Fahren: Das Getriebe hat drei Gänge, die ohne Zugunterbrechung hineingeschnalzt werden. Geradeaus zu bolzen, ist keine Kunst, wenn es um die Ecken geht, trennt sich die Spreu vom Weizen. Der DS E-Tense ist ein Hecktriebler, also ist die Gewichtsverteilung extrem wichtig, dass aus dem Prototypen kein Asphalt-Fred-Astaire wird, der in jeder Kurve zum Tanz bittet.

Fest für die Sinne

Deswegen haben die Ingenieure die Akkus der 53 kWh-Batterie am Unterboden möglichst nah am Schwerpunkt des Fahrzeugs platziert. Das resultiert in einer fast perfekten Gewichtsverteilung zwischen den beiden Achsen von 45 zu 55 (hinten). Bei der Aerodynamik schauten die DS Techniker beim DS Virgin Racing Team, das in der Formel E am Start ist, ganz genau hin: Der Unterboden ist glatt, zwei Luftkanäle, sogenannte "Air Ducts", kühlen die Bremsen und helfen beim Anpressdruck. Garniert mit einem Sperr-Differenzial an der Hinterachse und aktivem Torque Vectoring carvt der Gallier behände um die Ecken. Dabei krallen sich die Michelin-High-Performance-Reifen mit allen Profil-Blöcken in den Asphalt und kämpfen mit Macht dagegen an, den Kontakt nicht zu verlieren.

Nach wenigen Kilometern auf kurvenreichen Landstraßen ist der CanCan a la DS E-Tense bereits in Fleisch und Blut übergegangen: Anvisieren, anbremsen, Scheitel treffen, Gas geben. Der E-Sportwagen stellt den Fahrer vor keine großen Probleme. Das Heck ist berechenbar und kündigt sein Ausbrechen durch leichtes Zucken an. Übermut bestraft das ansehnliche Hinterteil allerdings mit einem knackigen Schwenk, der mit schnellem Gegenlenken aber zuverlässig eingefangen werden kann. Wer sich auf moderne Spielereien, wie ESP verlässt, sieht sich getäuscht. Beim DS E-Tense entscheidet alleine das Können des Piloten, ob die Reise im Acker oder im Pariser Straßen-Café endet.

3D-Druck beim Karosseriebau

Das Fahren im DE-E-Tense ist ohnehin ein Fest für die Sinne. Das Leder im Innenraum wurde von Spezialisten mit einer Tinte getränkt, um die edle Patina italienischer Herrenschuhe zu bekommen. Die bequemen Sportsitze umschmiegen nicht nur den Fahrer, wie ein gut sitzender Handschuh, sondern sind durch die aufwendigen Nähte, bei denen jeder Stich exakt platziert ist, auch ein Manifest traditioneller Handwerkskunst. Dazu kommen noch die metallischen Waben-Strukturen sowie die futuristischen Hebel und Knöpfe, die überall im Innenraum verteilt sind.

Bei der Karosserie setzten die Franzosen auf Carbon und 3D-Druck - zum Beispiel beim Kühlergrill und den hinteren Lufteinlässen. "Diese Formen konnten wir mit dieser Technik realisieren", erklärt DS-Technik-Chef Eric Apode. Der in acht schichten aufgetragene Lack schimmert grünlich, wie ein Olivenöl. Drei Monate tüftelten die Experten, ehe der richtige Farbton gefunden war. Schade nur, dass der E-Tense so nie kommen wird, aber viele der Details wird man in künftigen DS-Modellen wiedersehen. Im nächsten Jahr wird ein Auto, das vermutlich auf dem Genfer Automobilsalon steht, zeigen, wie die Franzosen den Premium-Markt erobern wollen.

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