Jaguar und Land Rover machten sich jahrzehntelang eher durch mäßig verarbeitete Luxuslimousinen und Edelgeländewagen in dunkelgrüner Lackierung mit großvolumigen Verbrennungsmotoren einen Namen. Doch seitdem der indische Tata Konzern vor mehr als zehn Jahren das Regiment in England übernommen, verantwortliche Positionen mit ehemaligen BMWlern besetzte und die beiden Marken unter dem JLR-Dach mit modernem Design und entsprechender Technik zusammenführte, sieht das Ganze völlig anders aus. Natürlich sind die Volumenunterschiede zu dem glorreichen Dreigestirn Audi, BMW und Mercedes noch immer gigantisch, doch nicht nur in Sachen Design werden die indischen Briten im Süden Deutschlands längst als ernsthafte Konkurrenz wahrgenommen.

Bei alternativen Antrieben sah sich das deutsche Premiumterzett auf der sicheren Seite. Natürlich donnerte man nicht in der ersten Reihe, ließ Toyota mit dem polarisierenden Hybridantrieb gerne ziehen und belächelte lange Zeit jegliche Elektrotendenzen von Tesla und Co.. Als BMW sich Ende des vergangenen Jahrzehnts durch die Inhaberfamilien Klatten / Quandt und einen bisweilen mutigen Vorstandsvorsitzenden Norbert Reithofer zur i-Familie mit den entsprechenden Produkten i3/i8durchrang, staunten, lächelten, wunderten und ärgerten sich die Konkurrenten aus Ingolstadt und Stuttgart. Jaguar und Land Rover? Werkelten an überfälligen Verbesserungen von Range Rover sowie XJ und grübelten, wie man das betagte Kantholz Defender neu beleben könnte. Doch die deutschen Führungsriege des britischen Herstellers wollte unabhängig von den mäßigen Verkaufserfolgen, die BMW mit seiner kleinen i-Familie erzielt hatte, schnell auf den Elektrozug aufspringen. Es ging um Flottenverbräuche, ökologische Bonuspunkte, neue SUV-Tendenzen und einen neuen Trend zu alternativen Antrieben.

Jaguar und Land Rover, mittlerweile zu JLR geworden, wollte nicht nur einen SUV mit Jaguar-Logo auf der Motorhaube, sondern auch einen echten Image- und Technologiegewinn durch eine automobile Stromschnelle. In Rekordzeit von weniger als vier Jahren wurde aus einer fixen Elektro-Idee der Jaguar i-Pace. Der wurde nicht nur im November 2016 in Los Angeles mit einer virtuellen Innovationswelt vorgestellt und besonders die Konkurrenz von Daimler damit düpiert, sondern es stellte sich spätestens dort heraus, dass die alles andere als elektroaffinen Briten ihren Luxus-Geländewagen mit Elektroantrieb deutlich vor der deutschen Konkurrenz auf den Markt bringen würden. Das Design allemal innovativ und die Leistungsdaten durchweg überzeugend. "Der I-PACE Concept ist eine radikal neue Definition des Themas Elektrofahrzeug", so im November 2016 der Jaguar-Chefdesigner Ian Callum, "die Studie steht für die bereits nächste Generation elektrisch angetriebener Fahrzeuge. Ein dramatisches, in die Zukunft gerichtetes Design - Produkt aus einer authentischen Jaguar DNA, wunderschönen Details und britischer Handwerkskunst.”

Ähnliche Leistungsdaten

294 kW / 400 PS, 696 Nm maximales Drehmoment und 480 Kilometer Reichweite bietet der Jaguar i-Pace; weitere Motorvarianten werden folgen. 200 km/h sind im deutschen Autobahnbetrieb etwas wenig des Guten, aber sonst ist der elektrisch betriebenen Katze, produziert bei Magna Steyr in der Nähe von Graz, nicht viel vorzuwerfen. Aus dem Stand in weniger als fünf Sekunden auf Tempo und dann aus jedem Tempo diese heftigen Zwischenspurts - im Performance-Fahrprogramm munter untermalt von seinem synthetischen Turbinenklang. Für das geeignete Modell reicht das knapp 78.000 Euro teure Basispaket kaum aus und für einen soliden i-Pace muss man über 90.000 Euro hinlegen. Das sieht bei der Konkurrenz jedoch nicht anders aus und die fährt erst einmal mit ein paar Monaten Verspätung hinterher.

Mercedes stellte seinen EQ C mit vergleichbaren Leistungsdaten Ende August wenig inspiriert in Stockholm vor. Bei den Leistungsdaten rangiert der über 2,4 Tonnen schwere Mercedes EQ C nahe denen des Jaguars, wiegt mit 2,4 Tonnen jedoch gut 200 Kilogramm mehr. Zwei Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse leisten 300 kW / 408 PS, die über ein 650 Kilogramm schweres 80-kW-Batteriepaket gespeist werden. Technisch ist der EQ C ein umgebauter Mercedes GC und das sieht man ihm nicht nur außen, sondern gerade bei der Innenraumgestaltung an. Die Reichweite im neuen WLTO-Zyklus soll bei 400 Kilometern liegen, während das maximale Drehmoment 765 Nm beträgt. Während der Spurt 0 - 100 km/h in flotten 5,1 Sekunden abgewickelt wird, ist die Höchstgeschwindigkeit mit spärlichen 180 km/h nicht konkurrenzfähig jeglichem Verbrennermodell. "Der neue EQC ist ein echter Mercedes. Das gilt vor allem für klassische Tugenden wie Qualität, Sicherheit und Komfort", unterstreicht Daimler-Vertriebsvorstand Ola Källenius, "hinzu kommt die hohe Fahrdynamik dank zweier Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse mit zusammen 300 kW Leistung sowie eine intelligente Betriebsstrategie für eine souveräne elektrische Reichweite."

BMW fährt hinterher

Gut zwei Wochen danach schnitt Audi in San Francisco etwas engagierter, aber eben als dritter das blaue Band der elektrischen Serien-SUV durch. Etwas später präsentiert, kommt der Audi E-tron Quattro jedoch zum Jahreswechsel bereits auf den Markt. Die Leistungsdaten sind mit 300 kW / 408 PS und 600 Nm auf dem Niveau der Konkurrenz und mit immer noch mäßigen 200 km/h Höchstgeschwindigkeit düpiert der Audi immerhin noch den Mercedes EQ C. Zudem sieht er neutral betrachtet für die meisten Kunden wohl etwas gefälliger als sein Gegenüber mit Stern aus. Wie der EQ C ist auch der Audi E-Tron ein Ableger und wurde aufwendig vom erfolgreichen Audi Q5 abgeleitet. Platzangebot und Paketierung entsprechen weitgehend denen des Mercedes. Bei den Kosten den Q5 zu einem elektrisierten E-tron umzukonstruieren, erschreckten sich die Audi-Verantwortlichen um die beiden abgelösten Entwicklungsvorstände Ulrich Hackenberg (Dieselaffäre) und Peters Mertens (gesundheitliche Gründe) mit zunehmender Zeit. Kaum anzunehmen, dass mit den beiden elektrischen Übergangsmodellen Geld zu verdienen ist. Tesla scheint mit seinen Leistungsdate weiter denn je entfernt.

Im kommenden Jahr legt BMW mit dem eilig eingeschobenen iX3 ein ähnlich gebasteltes Modell nach. An sich sollte erst der für 2021 geplante iNext das erste elektrische SUV-Modell der Bayern werden. Doch die Angst vor etwaigen Einfahrtsbeschränkungen und einer größer werdenden Nachfrage nach Elektro-SUV im Auto-Boomland China ließ das Entwicklungsteam unter Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich vor der diesjährigen Auto China in Windeseile eine Elektroversion des Bestsellers X3 kreieren. Die seriennahe Konzeptstudie des BMW Concept iX3 wird vom einem 200 kW/272 PS starken Elektromotor angetrieben, der Dank 70 kWh-Akkupaket eine Reichweite von immerhin 400 Kilometern ermöglichen soll. Der Energiespeicher verfügt dabei wie die Konkurrenz über eine neuentwickelte Ladeeinheit und ist für den Anschluss an Schnellladestationen mit bis zu 150 kW konzipiert. Das künftige Serienmodell des elektrisch angetriebenen SAV verfügt damit über die technologische Basis für den Antriebsstrang des BMW iNext.

Weil Jaguar seinen i-Pace schon auf der Straße hat und die beiden deutschen Konkurrenten Audi und Mercedes mit E-tron und EQ C ihre beiden Elektro-SUVs in der ersten Hälfe 2019 zu den Kunden bringen, sollte der Hoffnungsträger des BMW iNext nicht unter den Tisch fallen. Eilig wurde eine erste Studie kreiert, die höchst visionär einen Ausblick auf den ersten SUV von BMW geben sollte, der als Elektromodell konzipiert wurde. BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich: "Es ist der Blueprint für die Zukunft von BMW, wo wir in den nächsten Jahren zwölf Elektroautos vorstellen werden." Das Design des 5,05 Meter langen Crossover ist mit den schmalen Scheinwerfern und großen Karosserieflächen erscheint durchaus gefällig; bleibt nur zu hoffen, dass die mächtige Doppelniere im Hasenzahndesign noch kleingeschliffen wird. Der BMW iNext wird ein rein elektrischer Allrad-SUV sein, dessen Akkus wie bei der Konkurrenz platzsparend im Boden verbaut sind und der in der Stufe 3 teilautonom auf einigen Straßen fahren kann. "Die Reichweite wird bei 600 Kilometer liegen", legt Klaus Fröhlich nach, "man muss jedoch abwarten. Elektromobilität wird erst einmal eine regionale Sache sein. Wir sind stolz auf dieses Auto, weil es all das zeigt, was wir können." Rund 300 Kilowatt Leistung und über 200 km/h Höchstgeschwindigkeit sollten jedoch gesetzt sein. Da der iNext ähnlich wie der Jaguar i-Pace als reines Elektroauto konzipiert wurde, bietet der Innenraum mehr Variabilität und Aufenthaltsqualität als dies Audi E-Tron und Mercedes EQ C bieten können, die auf den Bauraum der verwandten Verbrennermodelle zurückgreifen.

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