Schon als Ford die erste Generation des Mustang im April 1964 auf den Markt brachte, zeichnete sich der Erfolg ab: Bereits am ersten Verkaufstag vermeldeten die Händler rund 22.000 Bestellungen. Die Erfolgsfaktoren von damals sind auch die von heute. Ein mit 2.368 Dollar im Vergleich zur eher elitären Konkurrenz nahezu unschlagbar günstiger Preis, ein hohes Maß an Individualisierbarkeit, eine Spanne vom eher bescheiden ausgestatteten Sechszylinder bis zum kraftvoll V8 - und natürlich: ein auf den Besitzer abfärbendes Image von ruppiger Freiheit und Unabhängigkeit, das auch auf den 1968 gedrehten Film Bullitt zurück geht, in dem Steve McQueen einen Mustang durch San Francisco prügelte.

Dabei ist die neue Version des Zweisitzers inzwischen eher auf Ausgleich denn auf Krawall gebürstet. Er will nicht mehr die Nachbarn verschrecken, sondern gibt sich bei Bedarf eher friedlich. Wer will, der kann die donnernde Abgasanlage der acht Zylinder zwar dazu bringen, in einem Tunnel alleine durch den Schalldruck für Renovierungsbedarf zu sorgen. Gleichzeitig aber genügen zwei, drei Eingaben in den Bordcomputer, um ihn zum netten Auto von nebenan werden zu lassen. "Gute Nachbarschaft"-Modus nennt Ford das.

Möglich macht das ein aktives Ventil im Klappenauspuff, über das sich sowohl Klangnote als auch Sound anpassen lassen - und den Ford Mustang während vorgegebener Zeiten besonders leise macht: Morgens anlassen, ohne dass alle bis zwei Straßen weiter senkrecht im Bett stehen, Mittags mit Kriegsgeheul über die Landstraßen und abends leicht säuselnd wieder zurück in die Garage.

Das Design des "europäischen" Mustang hat Ford zum Marktstart noch einmal nachgeschärft. Die europäischen Anforderungen an den Fußgängerschutz haben ihren Preis: Nicht nur, dass unter der Motorhaube kein Platz mehr für eine Domstrebe war (was den Zubehörhandel erfreuen dürfte), auch der Kühlergrill und die Lufteinlässe mussten geändert werden. Ein größerer Frontsplitter sorgt bei dem Hecktriebler für höheren Anpressdruck und mehr Stabilität. Scheinwerfer, Tagfahrlicht, Nebelscheinwerfer und Heckleuchten arbeiten nun mit LED-Technik. Die Optik des Hecks wird bestimmt durch neu modellierte Stoßfänger und - bei der V8-Version - vier Endrohre. Optional gibt es einen Heckspoiler - der allerdings ohne jede Funktion rein der Optik dient - wer's mag.

Countdown für Beschleunigungsrennen

Generell haben Amerikas Autobauer ihre Liebe zum Detail entdeckt. Bei Jeep zum Beispiel ist rechts in die Frontscheibe ein klitzekleiner Renegade eingedruckt, der versucht, die A-Säule hoch zu kraxeln. Wer beim Ford Mustang nach dem Einsteigen genau hinschaut, der sieht den Startknopf des Motors rot pulsieren - die Taktrate von 30 Mal pro Minuten entspricht der Herzschlagfrequenz eines ruhigen Ponys.

Will sagen: Vor allem bei den US-Fahrzeugen für den europäischen Markt liefern Autobauer wie Ford mittlerweile eine neue Qualität. Auch im neuen Mustang ist das Leder Kunstleder, finden sich Flächen in Hartplastik und ist das Karbon kein Karbon, sondern Kunststoff, der so aussieht wie Karbon. Immerhin sind die Aluminiumteile aus Aluminium. Aber das alles macht einen durchaus hochwertigen Eindruck, fasst sich gut an, ist nirgendwo mehr "billig" und - abgesehen von ein paar Kleinigkeiten - mit Sorgfalt zusammengefügt.

Einen guten Eindruck macht auch der zwölf Zoll große digitale Instrumententräger. Wer an langen Winterabenden Beschäftigung sucht, der kann sich in der Betriebsanleitung des Mustang mal einlesen, welche Einstellung- und Anzeigeoptionen es gibt. Das fängt bei den Grundfarben an, geht über einen Countdown für Beschleunigungsrennen und hört bei der Anzeige des Bremsweges noch lange nicht auf.

Imposantes und ehrliches Zwischengas

Gestartet wird per Knopfdruck. Der mächtige 5-Liter-V8 im Vorderwagen liefert lässig 331 kW/450 PS an die Hinterräder sowie ein maximales Drehmoment von 529 Nm. Der Achtender mit Hochdruck-Direkt- und Niederdruck-Zentraleinspritzung reagiert auf jeden Pedalbefehl unmittelbar, kommt dabei gelegentlich aber ans Ruckeln. Wer Vollgas gibt, der erlebt erst einmal bei jeder Schaltstufe der neu entwickelten Zehngang-Wandlerautomatik kurz durchdrehende Reifen, dann aber einen sehr ungestümen Vorwärtsdrang: in 4,5 Sekunden ist der offene Mustang aus dem Stand auf Tempo 100. Bei 250 km/h wird abgeregelt - wenn man ihn ließe, ist man bei Ford sicher, käme er auch an die 280 heran, allerdings in der aktuellen Konfiguration um den Preis von Wärmeproblemen. Für die Liebhaber des Kavaliersstarts: Das neue Fahrprogramme "Drag" optimiert die Beschleunigung bei einem Stehenden Start über die Distanz von einer Viertelmeile.

Die Automatik, die sich auch manuell über Wippen am Lenkrad steuern lässt, schaltet ohne merkbare Zugkraftunterbrechungen durch - beim schnellen Herunterschalten gibt es ein imposantes und ehrliches Zwischengas auf die Ohren. Ehrlich, weil Ford es sich verkniffen hat, künstlich akustisch generierte Fehlzündungen einzustreuen und rein mit dem Motorklang arbeitet. Über verschiedene Fahrmodi, verspricht Ford, lasse sich die Fahrcharakteristik anpassen - sonderlich merkbar sind die Unterschiede allerdings nicht. Das neu kalibrierte Fahrwerk nivelliert lässig alle Unebenheiten der Fahrbahn. Auch in schnellen Kurven ist der Mustang deutlich berechenbarer geworden, hält sich mit Ausbruchsversuchen des Hecks zurück. So bleibt der Mustang auch im Sport-Modus ein komfortabler Reise-GT.

Die Preise, die Ford in Deutschland für sein Pony aufruft, sind zwar nicht mehr unbedingt discountfähig - aber angesichts der Leistung und der Konkurrenz durchaus noch günstig. Wer sich mit sechs Zylindern, 290 PS, 6-Gang-Handschaltung und geschlossenem Dach zufrieden gibt, der ist ab 39.000 Euro dabei. Für das 450 PS starke V8-Cabrio samt 10-Gang Automatik werden dann allerdings auch schon mindestens 53.000 Euro fällig. Das sind zwischen 1.000 und fast 5.000 Euro mehr als beim Vorgänger. Und deutlich weniger als bei der feineren Konkurrenz. Ein offener Jaguar F-Type mit V8 schlägt mit fast 120.000 Euro in der Portokasse ein. Für einen Lexus RC F werden mindestens 76.000 Euro fällig und bei einem offenen Porsche 911 Carrera S sprechen wir über rund 125.000 Euro. Insofern ist der Mustang nach wie vor ein Schnäppchen.

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