Den Teilnehmern des Gumball 3000-Events wurden in diesem Jahr rechtliche Bremsfallschirme auferlegt. Die teilweise über 1.000 PS starken Autos durften Tempo 130 nicht überschreiten – auch in Deutschland.

Deutschland – Land der berühmten Autobahnen und der unbegrenzten Geschwindigkeiten. Das Land der Raser. Falsch! Und genau das, durften nun die Teilnehmer des Gumball 3000-Events, die in ihren teilweise über 1.000 PS starken Boliden von Stockholm, über Oslo und Kopenhagen durch Deutschland gen Amsterdam donnern wollten, schmerzlichst spüren. Denn die in 80 Supersportwagen fahrenden Superreichen und Promis haben die Rechnung ohne den Kreis Ostholstein gemacht. Der hat sich etwas äußerst Wirkungsvolles, wenn auch für die Teilnehmer äußerst Schmerzvolles einfallen lassen: einen Denkzettel bestehend aus vier Seiten und exakt 30 Punkten. Wer ihn nicht unterschreibt und zugleich verinnerlicht, bekommt es mit der geballten Kraft des Gesetzes zu tun. Oder anders formuliert: Wer sich nicht dran hält, kann sein Fahrzeug gleich in Dänemark stehen lassen und zu Fuß weitermarschieren.

Maximal Tempo 130 – überall

Der Inhalt der vier Seiten dürfte bei den Teilnehmern rund um Hollywood-Superstar Dolph Lundgren, Skateboard-Legende Tony Hawk oder auch Ski-Ass Jon Olsson für ein Wechselbad der Gefühle gesorgt haben. Was lief ihnen das Wasser im Munde zusammen, als sie erfuhren, dass ihr Weg durch Deutschland unter anderem 410 Kilometer auf der A1 beinhaltet. Wenn alles gut läuft, dürfte dieser Streckenabschnitt in gut einer Stunde und 15 Minuten zu schaffen sein. Stau, Baustellen oder dann doch die eine oder andere Geschwindigkeitsbeschränkung spielen hier keine Rolle. Geldstrafen sind wie Tropfen auf heißen Steinen.

Der zehnte Punkt, dass maximal acht Fahrzeuge gemeinsam und mit einem Abstand von mindestens fünf Minuten zur nächsten Gruppe fahren dürfen, ist ebenfalls noch als harmlos einzustufen. Punkt Nummer 14 dürfte hingegen für eine allgemeine Weltuntergangsstimmung gesorgt haben: “An die Autobahn-Richtgeschwindigkeit von 130 km/h soll sich außerhalb von Beschränkungszonen gehalten werden.” Damit es auch keinerlei Unklarheiten zu diesem Punkt gibt, wird in Punkt 17 extra betont, dass die Geschwindigkeitsbegrenzungen hierzulande in Kilometer pro Stunde und nicht in Meilen angegeben sind. Rums! Das hat gesessen.

Auf dünnem Eis

Na gut, wenn schon nicht gerast werden darf, dann sollten sich doch zumindest potenzielle Neuwagen mit mehr als ausreichend PS angeschaut werden dürfen. Und wo kann man das in Deutschland besser, als bei Brabus in Bottrop. Wie schon in Schweden beim Kraftfahrzeughersteller Koenigsegg sollte die Route, für Außenstehende nicht ersichtlich, genau dort vorbeiführen. Dass der lange Zeit als top-secret eingestufte Zwischenstopp dennoch recht früh bekannt wurde, ist den Fahrern und ihrer Liebe zur Twitter-Selbstdarstellung zu verdanken.

Brabus-Chef Bodo Buschmann und seinem auch in Event-Dingen professionell eingespielten Team war das egal. Ein gewaltiger, natürlich fahrbarer Grill, phantastisches Essen, ausschließlich alkoholfreie Getränke und jede Menge Sicherheits-Beamte sorgten schon früh für Event-Stimmung. Die Frage ist nur, warum macht Brabus da eigentlich mit? Denn der Gumball 3000-Veranstaltung eilt ja schließlich noch immer der Ruf des illegalen Straßenrennens voraus. Ein Ruf, der einem renommierten Unternehmen wie Brabus nicht entgangen sein dürfte, zumal nicht nur im vergangenen Jahr mindestens drei Fahrzeuge mit dem B in der Front teilgenommen haben.

Ab in den Flieger

Die Antwort ist klar: Bodo Buschmann ist Geschäftsmann und ganz nebenbei ein wenig autoverrückt. Eine Kombination, die im Teilnehmerfeld des Gumball 3000 oft vertreten ist. Aber Eines ist er nicht: blauäugig. Ohne eine perfekte, mit der Polizei, der Stadt und sonstigen Behörden abgestimmte Organisation inklusive aller Auflagen hätte es diesen Zwischenstopp nicht gegeben. Und wie ja schon durch den vom Kreis Ostholstein auferlegten Regelkatalog ersichtlich wird, ist das Gumball 3000 eine offiziell genehmigte Veranstaltung, die sich ausschließlich innerhalb der bekannten Grenzen bewegen darf. Umso schöner für Bodo Buschmann, hat er die automobilen Antworten auf alle Frage und Wünsche dieser superreichen Autonarren parat. Ob Sportwagen, Limousine oder fahrbares Ungetüm – hier ist alles zu haben, nur nichts Langweiliges.

Nach dem kurzen aber intensiven Abstecher des PS starken Bunten Dutzends ging es weiter gen Amsterdam, wo schon zwei Transportflugzeuge des Typs 747, oder Jumbo, auf ihre über 200 Millionen Dollar-Fracht warteten. Nach elf Stunden Flug ging die Tour von Reno über San Francisco und Los Angeles ihrem Ziel Las Vegas entgegen. Für das letzte Stückchen hat sich sogar Formel 1-Weltmeister Lewis Hamilton hinter das Steuer eines Teilnehmer-Fahrzeugs gesetzt. Ob das Gumball 3000 nochmals durch Deutschland führen wird, ist unklar. Angesichts der harten Auflagen eher unwahrscheinlich.

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