Das Problem, dass die Europäer ein Modell erst mit gigantischer Verspätung bekommen, ist nicht ganz neu. Ford machte sich mit dem Mondeo nahezu lächerlich, als man die aktuelle Version erst rund eineinhalb Jahre nach dem Marktstart des nahezu baugleichen Ford Fusion in Europa nachlegen konnte. Jetzt ergeht es Honda mit seinem SUV-Bestseller CR-V nicht besser. Ehe der Ende Oktober auf die hiesigen Märkte rollt, hat er rund zwei Jahre Verspätung zum Kernmarkt USA. Ein deutliches Zeichen, wie unwichtig den Japanern längst der ehemals so imageträchtige Markt Europa geworden ist.

Dabei ist der Konkurrenzdruck in hiesigen Breiten größer denn je und so hätte man den vermeintlich neuen Honda CR-V auch in Europa gut gebrauchen können. Schließlich tut sich das auslaufende CR-V gegen die starke Konkurrenz aus Europa schwerer denn je und im vergangenen Jahr wurden europaweit gerade einmal 35.000 Fahrzeuge zugelassen. Leicht wird es der neue Honda CR-V nicht haben, denn beim Motorenportfolio haben die Honda-Verantwortlichen schmerzhaft den Rotstift angesetzt. Kernmodell ist ein 1,5 Liter großer Turbovierzylinder, der je nach Getriebeart zwischen 173 und 193 PS leistet. Das Aushängeschild des bisherigen Portfolios, ein ebenso kraftvoller wie sparsamer Diesel, wurde ersatzlos gestrichen.

Keine guten Vorzeichen für den Honda CR-V, der sich weltweit seit dem Jahre 1995 einer mächtigen Nachfrage erfreut und sich zu einem der bestverkauften Crossover überhaupt emporarbeitet hat. Die fünfte Generation mutet auf den ersten Blick beinahe an, wie eine gründliche Modellpflege, denn Proportionen und Design haben sich kaum verändert. Doch das Gesicht des 4,60 Meter langen SUV ist durch Kühlergrill und LED-Scheinwerfer ebenso markanter geworden wie das Heck, wo die breite Chromspange dominiert. Im Vergleich zum Vorgänger wuchs der Radstand bei identischer Gesamtlänge um drei Zentimeter, was dem Fünfsitzer deutlich mehr Platz im Fond beschert. Die Fondtüren lassen sich 85 Grad öffnen - das sorgt für Bequemlichkeit und das Platzangebot ist exzellent. Praktisch: auch hinten gibt es USB-Anschlüsse und eine Sitzheizung.

Unübersichtliches Cockpit

Die optionale siebensitzige Version verfügt aufgrund der Erkletterbarkeit der dritten Sitzreihe zwar eine um 15 Zentimeter verschiebbare Rückbank, doch auf den beiden Notsitzen im Fond können allenfalls kleine Kinder sitzen. Ob man dem Nachwuchs das überhaupt zumuten will, bleibt eine andre Frage. Besser ist der von 561 auf bis zu 1.756 Liter vergrößerbare Laderaum für den Transport von Gütern aller Art geeignet. Wer die Rückbank umlegt, kann Gegenstände bis zu einer Länge von 1,80 Meter durchladen. Ein umklappbarer Beifahrersitz für noch längeres Ladegut, fehlt dem Honda CR-V jedoch. Eine elektrische Heckklappe gibt es schon länger - erstmals ist diese jedoch auch per Fußgestik zu bedienen.

In der ersten Reihe sitzt es sich für Fahrer und Beifahrer auf bequemen Stühlen gut, wenngleich die Sitze etwas mehr Unterstützung des Oberkörpers geben könnten. Für einen SUV des Jahres 2018 wirkt das Cockpit trotz seiner animierten Anzeigen wenig innovativ und die zentrale Anzeige ist überfrachtet. Die zahlreichen Informationen sind auf dem sieben Zoll großen Bildschirm zu klein dargestellt und auch der Touchscreen in der Cockpitmitte könnte größer sein. Bedienung und Darstellung der Navigationsfunktion hängen hinter den aktuellsten Systemen ein paar Jahre zurück. In dieser Klasse üblich: auf Wunsch gibt es ein Head-Up-Display auf einer kleinen Kunststoffscheibe, die aus dem Armaturenbrett ausfährt.

Schwache CVT-Automatik

Zum Marktstart im Herbst macht es Honda den potenziellen Kunden leicht oder schwer - ganz wie man es sieht. Denn es gibt ausschließlich einen einzigen Benzinmotor mit 1,5 Litern und Turboaufladung. Wahlweise mit manuellem Sechsgang-Getriebe mit 127 kW / 173 PS und 220 Nm maximalem Drehmoment ab 1.900 U/min und einer Automatikversion mit 142 kW / 193 PS und 243 Nm ab 2.000 U/min. "Mit der Mehrleistung wollen wir die Version mit dem automatisierten CVT-Getriebe besser fahrbar machen", erklärt Honda-Entwickler Kotaro Yamamoto. Um den bestmöglichen Verbrauch zu erzielen, hat sich wieder einmal ein japanischer Hersteller für eine an sich stufenlose Getriebeautomatik entschieden, in die künstlich sieben Fahrstufen hereinprojiziert wurden. Das Fahrwerk mit McPherson-Federbeinen vorn und einer Mehrlenkerachse hinten präsentiert sich betont komfortabel. Kleine und größere Fahrbahnunebenheiten schluckt die nicht einstellbare Feder-Dämpferabstimmung ohne Probleme. Angenehm beim Rangieren: die leichtgängige und präzise Lenkung, die bei schnelleren Tempi jedoch eine bessere Rückmeldung geben dürfte. In schnell gefahrenen Kurven hat der CR-V eine deutliche Neigung zum Untersteuern und er wankt spürbar. Mit dem 1,5 Liter großen Turbovierzylinder ist der knapp 1,7 Tonnen schwere CR-V-Allradler solide motorisiert. Im Fahrbetrieb mag man jedoch kaum glauben, dass das maximale Drehmoment von 220 Nm bereits ab 1.900 U/min anliegen soll, denn unten herum geht bei dem japanischen Bestseller nur wenig. Dem Motor ist sein überschaubarer Hubraum von gerade einmal 1,5 Litern Hubraum anzumerken und erst ab 3.000 U/min wird das drehfreudige Triebwerk lebendiger und macht oberhalb von 3.500 / 3.800 U/min richtig Laune. Nicht, dass man meint, in einem sportlichen SUV unterwegs zu sein, aber der Direkteinspritzer fährt sich alles andere als zäh oder fahrig - zumindest wenn man die Trägheit zum Start einmal überwunden hat. Wer es darauf anlegt, beschleunigt den handgeschalteten Allradler aus dem Stand in 9,3 Sekunden auf Tempo 100 und schafft ordentliche 210 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Anders präsentiert sich die Automatikversion, denn hier man sich der überschaubare Brennraum in Verbindung mit der stufenlosen CVT-Technik spürbar nervig bemerkbar. Bei einem Tritt aufs Gas passiert beim Zwischenspurt zum Überholen erst nichts und dann wenig. Hier wünscht man sich die Handschaltung, die dem Fahrer Gestaltungsspielraum einräumt oder die Neunstufen-Automatik, die beim Diesel-Vorgänger einen deutlich besseren Job machte; hier aber auch von einem höheren Drehmoment profitierte. Zumindest hat man bei der Automatikversion niemals das Gefühl, Herr über 193 PS zu sein und damit 20 PS und 20 Nm mehr als der Handschalter zur Verfügung zu haben. Sinnvollerweise sollte man sich für die Allradversion entscheiden, die die Motorleistung variabel auf beide Achsen verteilt. Nach wie vor verbraucht die Version mit Automatikgetriebe einiges mehr als der Handschalter. Während sich der Allrad-Handschalter mit einem Normwert von 6,6 Litern Superkraftstoff zufrieden gibt, verbraucht die CVT-Version 7,1 Liter. Das sind auf dem Papier zwei Liter mehr als der zuletzt angebotene Diesel mit 1,6 Litern Hubraum (160 PS / 350 Nm).

Marktstart für den Honda CR-V ist erst am 20. Oktober. Daher gibt es noch keine genauen Preisangaben zum neuen Modell. Die solide ausgestattete Basisvariante mit Handschaltung und dem wenig empfehlenswerten Frontantrieb soll unter 30.000 Euro beginnen. Eine wohl ausstaffierte Allradversion dürfte somit mindestens 35.000 Euro kosten.

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