Am Ende war es wie immer. Als Christopher Mies im Audi R8 des WRT-Teams um 16:06 Uhr nach 156 Runden als Erster über die Ziellinie fuhr, kletterte das Team auf die Boxenmauer und bejubelte des Sieger des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring. Damit haben die Ingolstadtert zum zweiten Mal in Folge den Klassiker in der Eifel gewonnen. Markenfahnen und goldenes Konfetti flatterten im Wind während die Fans die Autos bei der Ehrenrunde mit Tröten und Knallkörpern feierten. Auch die Emotionen kamen nicht zu kurz: “Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich weinen. Aus Freude”, sagte Christopher Mies mit tränenerstickter Stimme. Das 24 Stunden Rennen war super-spannend, garniert mit einer hohen Ausfallsquote und heftigen Szenen. Als Christian Mamerow im führenden Phoenix-Audi im “Pflanzgarten” in die Leitplanken knallte, war es mit der Titelverteidigung vorbei. Der Fahrer musste die Nacht sogar im Krankenhaus verbringen, hat aber wohl nur Prellungen davongetragen.

Tempolimit sorgt für Diskussionen

Auch Claudia Hürtgen hatte den BMW Z4 im gleichen Streckabschnitt schon in der Anfangsphase des Rennens verloren. Nachdem es zu regnen begonnen hatte, verlor die 43jährige nach der berüchtigten Kuppe die Kontrolle über ihr Auto und flog mit Karacho ab- “Ich hatte keine Chance” sagte die BMW-Pilotin. Am Ende machten alle gute Miene zum enttäuschenden Spiel. Immerhin schaffte es ein BMW auf den zweiten Platz und der Falken-Porsche komplettierte das Podium. Nach dem Rennende gab es die üblichen Verbrüderungsszenen der Konkurrenten mit Gratulationen und Schulterklopfen. Diese Business-as-usual-gute-Laune-Attitüde wirkt aufgesetzt. Die Hersteller gönnen den Konkurrenten nicht die Butter auf dem Brot, da ein Sieg beim 24 Stunden Rennen gut fürs Prestige und letztlich für die Verkäufe ist. Dazu gibt es hinter den Kulissen einige Kontroversen, die auch die Zukunft der legendären Rennstrecke beeinflussen.

Schon vor dem Start sorgte das Tempolimit für heftige Diskussionen. Fahrer beschwerten sich nach den Trainingsläufen lautstark über die Zonen, die nur mit reduzierter Geschwindigkeit durchfahren werden durften. In der Öffentlichkeit geben sich die Lenkrad-Künstler deutlich zurückhaltender. “Eigentlich ist Motorsport anders”, sagt Audi-Rennfahrer Frank Stippler, weiß aber auch, dass nach dem tragischen Unfall beim VLN-Rennen auf dem Nürburgring, als ein Zuschauer starb, das Rennen auf der Kippe stand und ohne eine Entschärfung eventuell komplett abgeblasen worden wäre. “Wir freuen uns, dass wir hier fahren können”, stellt der Kölner unmissverständlich klar.

Angst um die heile Welt

Auch die BMW-Pilotin Claudia Hürtgen gewann den Schildern, die die Piloten einbremsen, Positives ab. “Das ist nicht weiter tragisch, man muss sich halt konzentrieren, damit man an diesen Punkten die Geschwindigkeit genau einhält. Außerdem ist es für die BMWs positiv, weil sie ohnehin keine Höchstgeschwindigkeitsjäger sind”, so die Aachenerin. Nicht umsonst stand ein BMW Z4 auf der Poleposition und kämpfte bis zum letzten Meter um den Sieg. Hyundai-Deutschlandchef Markus Schrick, der mit einem Hyundai i30 Turbo Coupé an dem Hochgeschwindigkeitshatz teilnahm, sieht das entspannt: “Wir erreichen die Geschwindigkeiten eh nicht.” Klar ist aber auch: Tempolimits widersprechen dem eigentlichen Sinn des Rennsports. Auch wenn der Deutsche Motorsport Bund (DMSB) es schaffte, die Tempo-Limits so zu legen, dass harte Bremsmanöver nicht

Jetzt laufen sogar Diskussionen, ob man den Nürburgring entschärfen soll. Das kommt bei den Fans überhaupt nicht gut an. Auch dass der russische Pharmaunternehmer Viktor Charitonin mit der Capricorn-Gruppe die Mehrheit an der insolventen Rennstrecke hält, passt vielen nicht. Rennfahrer Christian Menzel maulte vor laufenden Kameras: “Das ist nicht mehr unser Nürburgring.” Angeblich arbeiten die Eltern von Sabine Schmitz, die in der direkten Nachbarschaft des Rings zu Hause sind, Investoren für die Strecke zu sammeln, dass die Grüne Hölle in deutschen Händen bleibt. Die Anwohner rings um die legendäre Rennstrecke haben Angst, dass ihre heile Eifelwelt aus den Fugen gerät, wenn nur noch das Geschäft regiert.

Neben dem Gezerre um die Rennstrecke, stoßen viele Kleinigkeiten den Fans sauer auf. Wer das Duell der schnellen Autos von Anfang bis zum Ende miterleben will und an der Strecke campt, muss mehr als hundert Euro auf den Tisch legen. Ohne Essen und Getränke. Volkstümlicher Motorsport sieht anders aus. Aber auch die Sponsoren, die für viel Geld Lounges gemietet haben, um dort Gästen an dem Rennsport-Erlebnis teilnehmen zu lassen, murren immer lauter. Bevor der erste Motor aufheult, müssen die Firmen einen immensen Papieraufwand betreiben, um die Eintrittskarten für die Gäste in das Fahrerlager und Parkplätze zu bekommen. Ohne das richtige Ticket geht gar nichts. Das musste auch ein 24-Stunden-Rennen-Sieger am eigenen Leib erfahren. Frank Stippler wurde der Zugang zu der Etage, auf der sich Audi eingemietet hatte, von einer Offiziellen verwehrt, weil er kein Ticket dafür hatte. Auch Interventions-Versuche von Audi-Offiziellen und Journalisten prallten an der jungen Nürburgring-Kontrolleurin ab. Der ungezwungene Volksfest-Charm des 24 Stunden Rennens findet man nur noch bei den Fans, die bei Wind und Wetter ausharren.

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