Die 24 Stunden von Le Mans boten wieder alles, was das Motorsport-Herz begehrt: Dramatik, häufige Führungswechsel und einen historischen Sieg: Porsche triumphierte zum 17. Mal und setzte der Audi- Siegesserie ein Ende. Kleine Spitzen blieben dabei nicht aus.

Am Ende gab es ungebremste Emotionen. Kaum hatte Nico Hülkenberg bei der 83. Auflage der 24 Stunden von Le Mans als Erster die Ziellinie überquert, brachen in der Porsche-Box alle Dämme. Selbst der asketisch-drahtige und stets beherrschte Porsche-Chef Matthias Müller ließ seinen Freudentränen freien Lauf. Rundherum ging es drunter und drüber. Freudentänze, heftige Umarmungen und Jubelschreie. “Das ist ein großer Moment für uns”, stammelte Matthias Müller mit tränenerstickter Stimme. Schlussfahrer Nico Hülkenberg, der gleich bei seiner ersten Teilnahme am Langstreckenklassiker gewann, ergänzte: “Das ist überwältigend!” Mehr noch: Mit dem zweiten Platz komplettierten Timo Bernhard, Mark Webber und Brendon Hartley den Doppelsieg, vor dem ersten Audi von Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer. Damit hat sich Porsche bereits im zweiten Jahr seines Comebacks an historischer Stelle selbst gekrönt. Jetzt steht der Porsche 919 Hybrid in einer Reihe mit dem legendären Vorfahren, wie der Porsche 917.

André Lotterer war der schnellste Mann auf der Strecke

Ein Rekord fiel allerdings nicht. Schuld daran war der Regen, der während der letzten Stunde des Rennens das Tempo einbremste. Also schaffte das Porsche-Siegerteam, bestehend aus Nico Hülkenberg, Earl Bamber und Nick Tandy nur 395 Runden und verfehlte den Rundenrekord um zwei Umläufe. Vor dem Rennen hatten Experten eine Gesamtrundenzahl jenseits der 400 prophezeit – so brutal schnell war das Tempo, dass die beiden Konkurrenten Porsche und Audi im Qualifikationstraining vorgelegt hatten.

Die Porsche-Dreifach-Pole hatte Audi mit einem selbstbewussten Lächeln quittiert. Genauso, wie die Tatsache, dass Porsche quer gegenüber von Audis Lounge, wo die Marke mit den drei Ringen während des Rennens die Gäste beherbergt, ein permanentes Driving Experience Center eröffnete. Die Botschaft von Zuffenhausen nach Ingolstadt war klar: Ihr mögt vielleicht seit 1999 bei 16 Teilnahmen 13 Mal gewonnen haben, aber Le Mans gehört zu Porsche, wie das Wappen auf die Motorhaube. Diese unterschwellige VW-Konzern-Rangelei tat der Dramatik auf dem 13,629 Kilometer langen Circuit de la Sarthe keinen Abbruch.

Riesige Spannung

Den Porsche-Trainings-Speed wollten und konnten die Audis nicht mitgehen. Auf einer Runde waren die Porsche 919 Hybrid mit ihrem deutlich größeren Elektro-Anteil der acht Megajoule-Klasse schon in den vorherigen WEC-Läufen schneller als die Audi R18 e-tron. Doch in den Rennen von Spa-Francorchamps und Silverstone konnten die Ingolstädter den Spieß wieder umdrehen. Der große Audi-Trumpf sollte vor allem André Lotterer sein, der in der WEC-Szene als der Top-Pilot gilt. In der 337. Runde brannte der Duisburger eine Zeit von 3:17.476 Minuten in den Asphalt und verbesserte seinen eigenen Rundenrekord um mehr als fünf Sekunden. Das entsprach einer sagenhaften Durchschnittsgeschwindigkeit von 248,5 km/h.

Die Spannung vor dem Rennen war riesig. Sogar der französische Präsident François Hollande kam zum Start an die Strecke und wurde nicht enttäuscht. Lotterer lehrte den Porsches das Fürchten und setzte sich an die Spitze. Von Beginn an erlebten die 265.000 Zuschauer Dramatik pur und erlebten eines der spannendsten Le-Mans-Rennen der Geschichte. Immer wieder wechselte die Führung und die Fahrer kämpften mit dem Messer zwischen den Zähnen um jeden Meter: Doch Defekte und Strafen warfen den Top-Audi mit Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer immer wieder zurück. Die Motorsport-Fehde um die Trophäe, die so viel Prestige bedeutet, tobte dennoch weiter.

Kühlere Temperaturen helfen Porsche

Audi konnte innerhalb eines Jahres kein neues Hybrid-Konzept auf die Räder stellen, konzentrierte sich auf die Optimierung der Siegerautos vom vergangenen Jahr, feilte vor allem an der Aerodynamik und dem Fahrverhalten. Das auf Le Mans abgestimmte Aerodynamik-Paket brachte mehr Top-Speed und in den Kurven lagen die Autos mit den vier Ringen deutlich besser als die Porsches. Die Rechnung schien aufzugehen: Die R18 e-tron waren schneller als die Porsches. Der Blick auf die schnellsten Rundenzeiten zeigt, dass alle drei Audis während des Rennens unter der 3,18-Minuten-Marke blieb, von den Porsches dagegen keiner.

Doch in der Nacht kühlten die Temperaturen ab und die Porsches kamen mit diesen Verhältnissen besser zurecht. Galten die Audis bisher immer als Reifenflüsterer, konnten nun auch die Porsche 919 Hybrid mit den Pneus besser umgehen. Dazu kam auch noch der geringere Verbrauch der Zuffenhausener Boliden, die in der Regel zwischen den Boxenstopps eine Runde länger fahren konnten, als die Audis und diese so unter Druck setzten. Außerdem schlug Porsche Audi mit deren bester Waffe, der Zuverlässigkeit und da der große Dritte im Bunde – Toyota – nur noch eine Statistenrolle spielte, stand dem Erfolg der Schwaben nichts mehr im Weg.

Sie möchten gerne weiterlesen?

press-inform