Schaut man in das Datenblatt zum Jaguar F-Pace SVR, dann wirkt der Power-SUV wie aus der Zeit gefallen: Satte fünf Liter Hubraum verteilt auf acht Zylinder, 550 PS, ein maximales Drehmoment von 680 Nm, Kompressoraufladung, 283 km/h Höchstgeschwindigkeit - jeder Verfechter von Sparmotoren mit dem Hubraum einer Milchtüte wendet sich mit Unverständnis. Aber mit asketischer Vernunft hat das Kraftpaket aus England ohnehin nicht viel zu tun. Mit Lust an der Leistung, an grollendem Klang, luxuriösem Ambiente und souveränem Vorwärtsdrang dafür um so mehr. Und da schon allein der Preis von 100.100 Euro für eine eher homöopathische Dosis an Jaguar F-Pace SVR auf unseren Straßen sorgen wird, ist sein Einfluss auf das Weltklima praktisch nicht messbar: Der CO2-Ausstoß mit 272 g/km entspricht ohnehin nicht mal dem von zwei Dacia Duster.

In Top-Form gebracht wird der F-Pace SVR von Jaguars hauseigenem Veredler "Jaguar Land Rover Special Vehicle Operations" (SVO) in Warwickshire. Als Basis dient der normale Jaguar F-Pace, der sich seit seinem Marktstart im Frühjahr 2016 im Programm etabliert hat.

Von außen sieht der SVR erstaunlich zivil aus - britisches Understatement eben. Das Aerodynamik-Paket mit tiefer gezogenen Seitenschwellern, Kotflügelverbreiterungen, Luftschlitzen auf der Motorhaube, größeren Lufteinlässen und Öffnungen in den Radkästen vorne, neu gezeichneten Front- und Heckstoßdämpfern und einem neuen Dachspoiler - so ganz ohne äußere Attribute seiner Kraft kommt allerdings auch der F-Pace SVR nicht aus. Dazu kommen wahlweise 21- oder 22-Zoll-Schmiedefelgen mit hinten 295 mm breiten Reifen. Und natürlich eine vierflutige Abgasanlage. Auch innen ist der F-Pace SVR deutlich aufgewertet. Die Sitze für Fahrer und Beifahrer bieten besten Seitenhalt und sind umfangreich verstellbar. Die Lederbezüge sind rautenförmig gemustert und sowohl beheiz- wie kühlbar. Auch die - ebenfalls beheizbaren - Rücksitze sind skulpturiert. Platz gibt es vorne üppig, hinten ausreichend. Hartplastik? Fehlanzeige. Der Kofferraum fasst 650 Liter - so viel wie ein E-Klasse-Kombi von Mercedes.

Ohne Stress vorbei

Der V8-Kompressor-Motor leistet mit seinen 405 kW/550 PS satte 250 PS mehr als die bisher stärksten F-Pace-Modelle 30t und 30d. Die allerdings kosten auch rund 40.000 Euro weniger. Der V8 schafft ein maximales Drehmoment von 680 Nm, das ab 2.500 U/min. anliegt. Kraft genug, um den Zweitonner in gerade mal 4,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h zu bringen. Das ist das Niveau des Porsche 911 Carrera S. Die Höchstgeschwindigkeit des SVR gibt Jaguar mit 283 km/h an. Ein Asket ist der Motor dabei nicht: Schon Jaguar selbst nennt einen Durchschnittsverbrauch von 11,9 Liter auf 100 Kilometern - ein Optimist, wer glaubt, damit klar zu kommen. Real hat man keinerlei Problem, selbst bei normalem Fahrverhalten seine 15 Liter durch die acht Zylinder zu jagen.

Beim Tritt aufs Gaspedal braucht der Motor zwar einen kurzen Moment der Besinnung, legt dann aber flott und schier unaufhaltsam los. Beruhigend ist das weniger bei Ampelstarts, als zum Beispiel beim Überholen auf der Landstraße - die im Frühjahr in südlichen Gefilden nervigen Pulks von Fahrradfahrern verlieren schnell ihr Frustpotenzial und auch an langen Lastwagen zieht man ohne Stress vorbei. Per Taste lässt sich die Klappensteuerung der Abgasanlage aus Titan aktivieren. Das sorgt nicht nur für einen röhrenden Sound, sondern wegen des reduzierten Abgasgegendrucks für etwas mehr Leistung. Die achtstufige Automatik von ZF schaltet selbst im Dynamik-Modus geschmeidig zwischen den Gängen um. Bedient wird die Automatik nicht mehr über ein Einstellrad auf dem Mitteltunnel, sondern über einen eleganten Gangwahlhebel. "Kundenwunsch" heißt es bei Jaguar. Das Verzögern hat der F-Pace SVR genauso gut drauf wie das Beschleunigen. Die 395 mm großen Bremsscheiben sind aus Gewichtsgründen zweiteilig konstruiert, die mächtigen Bremssättel leuchten rot hervor.

Von Leistung und Preis her Spitze

Trotz seines sportlich ausgelegten Charakters lässt sich der F-Pace SVR zumindest im Normalmodus durchaus komfortabel fahren. Die Federn sind etwas steifer ausgelegt als beim normalen F-Pace. Ohne übermäßige Seitenneigung geht es präzise um schnelle Kurven. In der Kurve bremst die Elektronik gezielt die kurveninneren Räder ab und hilft so beim Einlenken. Merkbar ruppiger geht es im Dynamik-Modus zu: Der Lenkwiderstand erhöht sich, die Gangwechsel verlaufen zügiger, die Dämpfer werden härter und die Gasannahme direkter.

Auf trockener Fahrbahn wird der F-Pace SVR allein über die Hinterräder angetrieben, ansonsten schalten sich je nach Bedarf die beiden Vorderräder dazu. Trotz der üppigen Leistungsabgabe ist es auch auf feuchter Fahrbahn kaum möglich, die Räder selbst nur kurz durchdrehen zu lassen. All das macht den SRV nicht zum Offroader - aber zumindest einfaches Gelände und Feldwege kann man ihm durchaus zumuten.

Wer sich einen Jaguar F-Pace SVR gönnen will, der sollte mindestens 100.100 Euro in der Portokasse haben. Damit ist Jaguar im Segment der kompakten Performance-SUV nicht nur von der Leistung her Spitze. Der Mercedes GLC 63 S AMG V8 mit seinen 510 PS etwa kostet rund 93.000 Euro, der gleich starke Alfa Romeo Stelvio 2.9 V6 rund 90.000 Euro.

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