Von diesem Auto träumen Fachwelt und Öffentlichkeit, seit es im Februar 1954 auf der International Motor Sports Show in New York als Prototyp gezeigt wird. Im März 1955 steht der Mercedes 190 SL nun in seiner endgültigen Form auf dem 25. Salon International de l’Auto in Genf und findet ein grandioses Echo. Vom “Mercedes-Benz 190 SL mit seiner bestechend schönen Linie” schwärmt zum Beispiel die Wochenzeitung Die Zeit. Den Impuls zur Entwicklung des Roadsters hat der US-amerikanische Mercedes Importeur Maximilian Edwin Hoffman gesetzt.

Der 190 SL, dessen Hauptproduktion im Mai 1955 beginnt, ist ein offenes, zweisitziges Fahrzeug für das gleichermaßen komfortable wie stilvolle Reisen. Karl Wilfert und Walter Häcker entwerfen seine Karosserie mit sportlicher Linienführung, die sich stilistisch am Design des Supersportwagens 300 SL “Gullwing” (W 198) orientiert. Während das Flügeltür-Coupé auf einem komplexen Gitterrohrrahmen basiert, baut das Cabriolet 190 SL auf der verkürzten Rahmenbodenanlage des Limousinenmodells 180 “Ponton” (W 120) auf. Angetrieben wird der 190 SL vom neu entwickelten und 105 PS starken 1,9-Liter-Vierzylindermotor M 121 mit oben liegender Nockenwelle.

Traumwagen der 50er-Jahre

Der offenen Mercedes steht für das Lebensgefühl der „Swinging Fifties“ – das zeigen auch die Auftritte des Wagens in unbeschwerten Filmen der Epoche wie “Die Zwillinge vom Zillertal” (1957) und “Solange noch die Rosen blühn” (1956). Zum Traumwagen der fünfziger Jahre wird der 190 SL aber insbesondere vor dem wirtschaftlichen Hintergrund des einsetzenden Aufschwungs und dem Erstarken der individuellen Mobilität: Nie zuvor hatten so viele Menschen die Chance, sich den Traum vom eigenen Auto zu erfüllen.

Da kommt der Traumwagen 190 SL genau zum richtigen Zeitpunkt. Der offene Zweisitzer der Stuttgarter Marke wurde zum Musterexemplar eines offenen Gran Turismo. So legt der W 121 vor 60 Jahren auch den Grundstein für die Tradition der SL-Baureihen als offene, zweisitzige Reisewagen.

Erfolge im Rennsport

Auch wenn der 190 SL nicht auf Rennsporttechnik basiert wie sein großer Bruder 300 SL, so setzt auch er sportliche Akzente. Das gilt insbesondere für die kurzzeitig angebotene Rennversion mit scheibenlosen Aluminium-Türen, verkleinerter Windschutzscheibe und weiteren Modifikationen. Stoßstangen und Verdeck dieser Variante lassen sich für Rennen abnehmen. Zu den großen Erfolgen des Fahrzeugs gehört der Klassensieg von Douglas Steane beim Großen Preis von Macau 1956.

Der 190 SL wird in aller Welt zum Botschafter für die neuen Mercedes-Benz Baureihen der 1950er-Jahre: Fast 80 Prozent der gesamten Produktion des W 121 – von 1955 bis 1963 entstehen insgesamt 25.881 Fahrzeuge – gehen in den Export. Dabei sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Markt, fast 40 Prozent aller 190 SL werden in die USA verkauft.

Heute gehört diese automobile Ikone der Wirtschaftswunderzeit zu den besonders wertvollen Klassikern: Seit 1980 hat der 190 SL seinen Wert nach den Angaben der Historic Automobile Group International (HAGI) pro Jahr im Durchschnitt um rund zehn Prozent gesteigert, seit 2004 waren es sogar über elf Prozent. Entsprechend prominent rangiert der Roadster in der Spitzengruppe des Mercedes-Benz Classic Index (MBCI) von HAGI. Auch diese Wertschätzung der Sammler in aller Welt spricht für die ungebrochene Faszination des Traumwagens, der 1955 – vor 60 Jahren – sein Debüt erlebt hat.

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gp

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