Lassen wir dem Bewusstseinsstrom mal freien Lauf. Wie bitte? Ein Defender mit 298 kW / 405 PS, die von einem Fünfliter-V8 kommen? Das kann nicht gut gehen. Schließlich glaubt man beim normalen Defender schon bei Tempo 130 an den Weltuntergang. Und dann soll diese Kraft aus acht Töpfen auf das Vehikel einprügeln, das dazu noch den kurzen Radstand hat? Im Leben nicht. Doch! Sagen sie beim britischen Autobauer und haben genau das gemacht. Pünktlich zum 70. Geburtstag ist dieses rollende Paradoxon Tatsache geworden. Und die Gleichung geht auf.

Porsche-Like befindet sich der Zündschlüssel links und nach einem kurzen Dreh erwacht der potente Achtender mit einem Hecheln zum Leben. Doch das ist nur der Epilog: Mit einem leichten Tippen auf das Gaspedal verwandelt sich der eben noch gemächlich dahingleitende Gentleman Dr. Jekyll in den tollwütigen Mr. Hyde. Der Briten-Kraxler springt mit einer Wucht nach vorne, dass es den Fahrer in den Sitz knallt, sobald der brutale Vortrieb einsetzt. Gleichzeitig bricht die akustische Hölle los. Der freiatmende Sauger faucht zunächst mit einer rohen Urgewalt, die dann in ein derart infernalisches Brüllen mündet, dass eine Unterhaltung nur noch mit Zeichensprache möglich wäre. Der Konjunktiv ist durchaus angebracht, dann man hat genug damit zu tun die Bestie auf der Straße zu halten: In 5,6 Sekunden knüppelt das Aggregat den Defender auf Landstraßentempo und bei 171 km/h wirft die Elektronik den Anker. Klar: Die Kombination aus All-Terrain-Reifen, Geländewagen mit hochbeiniger Silhouette und einem kastenförmigen Aufbau setzt dem Spektakel physikalische Grenzen.

Da ginge noch viel mehr. Und der aufpumpte automobile Greis zeigt den präpotenten Jünglingen aus München, Ingolstadt und Stuttgart-Untertürkheim wo der Hammer hängt. Vom Gelände, der Kernkompetenz des britischen Geländewagens wollen wir erst gar nicht reden. Ein BMW Fahrer, der sich zunächst mit der Lichthupe Platz verschaffen wollte, gab nach einem kurzen Zwischenspurt entnervt auf und ordnete sich artig hinter dem Defender ein. Doch das sind Nebensächlichkeiten. Der Wirbel, den der herrlich traditionelle Achtender veranstaltet, dieses inbrünstige Saugen, Schlürfen gefolgt von genussvollem Schnaufen und Prusten sind eine wahre Freude. Wem diese Verbrennungssymphonie kein Dauergrinsen in das Gesicht schnitzt, hat keinen Tropfen Benzin im Blut. Die Lust an der archaischen Art der Bewegung geht sogar so weit, dass man die schnell arbeitende und den Antrieb gut ergänzende Achtgangautomatik am liebsten durch eine klassische Handschaltung ersetzen würde.

Klar, ein Kurvenkünstler ist der Defender Works V8 nicht. Das geht schon bei der Lenkung los, für die man am liebsten eine Busfahrerkurbel hätte. Dass die Ingenieure dennoch am Fahrwerk mit den beiden traditionellen Starrachsen geschraubt haben, liegt auf der Hand: Federn, Dämpfer und Stabilisatoren wurden verändert beziehungsweise verstärkt. Dennoch ist der Defender nicht über Gebühr inkommod. Das ursprüngliche Hartplastik-Cockpit des Defender und die Sitze, die den Begriff Seitenhalt ad absurdum führten, passen auch nicht zu einem Auto, das rund 169.000 Euro kostet und von dem 150 Stück gebaut werden. Also verkleiden die Engländer den Innenraum mit feinem Windsor-Leder und packen Recaro Sportsitze dazu. Vier-Kolben-Bremsen mit 335 Millimeter Scheiben vorne und 300 Millimeter hinten halten den dynamischen Würfel einigermaßen im Zaum. Die Reifen mit den Dimensionen 265/65 R18 stecken in ausgestellten Radhäusern und das Triebwerk strahlt so viel Wärme ab, dass man schon an Frühlingstagen die Fenster zur Unterstützung der Klimaanlage öffnen sollte. Dafür braucht man an kälteren Tagen die Heizung nicht hochzudrehen. Der mächtige Motor passt ohnehin kaum in den vorgesehenen Bauraum, um die Maschine mit den acht Töpfen unterzubringen, mussten die Techniker das Aggregat sogar in Längsrichtung leicht anwinkeln.

Doch das dürfte die 150 privilegierten Besitzer kaum stören, denn die Land Rover Defender Works V8 sind handverlesene Modelle, die dann von Hand überarbeitet werden. Deswegen darf das Auto nicht älter als Baujahr 2012 sein und nicht mehr als 20.000 Meilen Laufleistung haben, die Motoren sind dagegen komplett neu. Es handelt sich um die Motorenbaureihe mit dem internen Code AJ133, die schon in einigen Jaguar und Land Rover-Modellen, darunter dem Jaguar XF ihren Dienst verrichtete und jetzt für den Geländewagen-Heißsporn angepasst und mit einem paar extra Vitaminen bestückt wurde. Das geht sogar so weit, dass man es sich als Besitzer aussuchen kann, ob die Kilometer auf null zurückgedreht werden oder nicht.

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