Im Vorfeld der Los Angeles Auto Show krachte es gewaltig. GM kündigte an, sieben Fabriken, darunter fünf in den USA dichtzumachen und tausende Stellen zu streichen. Diese Maßnahmen seien nötig, um die Herausforderung der Zukunft, insbesondere der Elektromobilität zu meistern, ließ der Autobauer verlauten. Die Reaktion aus dem Weißen Haus folgte sofort - natürlich per Twitter von Präsident Trump höchstpersönlich. "Ich bin von GM und CEO Mary Barry sehr enttäuscht, da sie Fabriken in Ohio, Michigan und Maryland schließen. In China oder Mexiko wird nichts geschlossen. Die USA hat GM gerettet und das ist der DANK dafür", donnerte der Präsident und fügte drohend hinzu: "Wir prüfen die Streichung aller Subventionen für GM, auch die für Elektroautos."

Die GM-Maßnahmen sind lediglich eine logische Konsequenz auf das Kaufverhalten in den USA: Limousinen sind out, SUVs und natürlich Pick-ups sind gefragt. Die Zahlen sind dramatisch. Im Jahr 2018 ist das Verkaufspendel deutlich zugunsten der Crossover und Pritschenwagen ausgeschlagen: rund 30 Prozent Limousinen stehen 70 Prozent SUVs und Pickups gegenüber. Bei Jaguar Land Rover wirkt sich dieses Ungleichgewicht ebenfalls drastisch aus. Bis Ende Oktober 2018 hat Land Rover in den USA ein Plus von 22 Prozent zu verzeichnen, während Jaguar 28 Prozent weniger Autos verkauft. Für den Nordamerika-Chef des britischen Autobauers Joe Eberhardt ist dies ein USA spezifisches Phänomen. "Es wird immer Pkws geben", so der Manager. Doch wie groß der Anteil am Gesamtmarkt sein wird, lässt sich nicht vorhersagen. Ob die 30 Prozent Verkaufsanteil schon der Boden der Talsohle sind, weiß niemand.

Kein Wunder, dass nicht nur GM die klassischen Automobile zu großen Teilen aus dem Modellportfolio entfernt. Chrysler hat noch während der Ägide des verstorbenen Sergio Marchionne den Dodge Dart und Chrysler 200 eingestellt. Ford kündigte bereits letztes Jahr den Rückzug aus dem Limousinenmarkt an. Finanzchef Bob Shanks stellte dazu nüchtern fest, dass die Limousinen "kein Geld verdienen". Und bei solchen Zahlen hört bei jedem nordamerikanischen Geschäftsmann der Spaß auf. Die unerbittliche Konsequenz: Bis 2022 sollen Modelle, wie Fusion, Taurus, Focus (wird als Crossover in China für den amerikanischen Markt weitergebaut) und Fiesta aus den Schauräumen der Ford-Händler verschwunden sein. Die Werbekampagnen für diese Modelle sind bereits eingestellt.

In Europa sind Limousinen nach wie vor gefragt

Was bleibt, ist der Mustang und die Gefahr, dass tausende Angestellte ihre Jobs verlieren - Schätzungen zu Folge sollen bis zu 35.000 Arbeitsstellen auf dem Prüfstand stehen. Auch die Asiaten, wie Toyota oder Nissan leiden unter Absatzrückgängen im zweistelligen Prozentbereich. Neben der hohen Sitzposition ist auch der niedrige Benzinpreis in den USA ein Grund für den Wechsel der Käufer zu den SUVs. Aktuell kostet die Gallone Benzin (3,78 Liter) rund 2,60 Dollar. In Kalifornien ist der Spritpreis mit knapp 3,20 Dollar pro Gallone am höchsten.

Außerhalb der USA sind die klassischen Karosserieformen jedoch nach wie vor gefragt. Sowohl in China als auch in Europa. Kein Wunder, dass Ford darüber nachdenkt, sich sogar mit dem Erzkonkurrenten VW ins Entwicklungsbett zu legen, um Pkws für Europa zu produzieren.Der Einstieg in die Pick-up Welt erscheint für die Autobauer aufgrund der großen Gewinnmargen verlockend. "So einfach werden sich die US-amerikanischen Hersteller nicht die Butter vom Brot nehmen lassen"; weiß Joe Eberhardt. Schließlich haben Ford, GMC oder Chevrolet jahrzehntelange Erfahrung mit den Pritschenwagen, die zunehmend vom rustikalen Arbeitstier zu einem Familienmobil mit allem Luxus mutieren.

Der Jeep Gladiator, ein Pick-up Derivat des Jeep Wrangler wird von den Autobauern aufmerksam beäugt. Denn der Schwertkämpfer ist kein klassischer Pick-up im eigentlichen Sinne, sondern eher ein Lifestyle-Fahrzeug. Wenn der Wrangler Pick-up zum Erfolg wird, dann könnte auch bei Land Rover oder anderen Autobauern ein Umdenken einsetzen.

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