er bislang davon überzeugt war, dass ein BMW M4 ein echtes Biest ist, wird nun eines Besseren belehrt. Mit dem gelben Manhart MH4 550 betritt ein brutales, automobiles Monster die Verkehrswelt.

WAus dem für seine Schwebebahn bekannten Wuppertal ist seit einigen Tagen ein infernalisches Gebrüll zu hören. Der in den Häuserschluchten wiederhallende Motorensound gibt einen kleinen Vorgeschmack auf das, was von der gelben Gefahr zu erwarten ist. Zugegeben, bei der ersten Testfahrt war die Abgasanlage rund um den Edelstahl-Sportendschalldämpfer und seine 90 Millimeter-Downpipes noch nicht ganz so, wie es sich das Manhart-Team vorstellt. Doch warum akustisch kleckern, wenn doch mächtig geklotzt werden kann?

Umbau kostet 60.000 Euro

Das Ergebnis, das unter dem Höllenlärm innerhalb der sechs insgesamt 3,0 Liter fassenden Brennkammern produziert wird, sind satte 555 PS und 820 Newtonmeter. Ein paar Knopf- und Drehbewegungen später erscheinen auf dem großen Bildschirm in der Mittelkonsole die passenden Leistungs- und Kraft-Anzeigen. Wie schon beim kleinen Bruder MH2 400 WB haben sowohl auf der Tachoscheibe als auch auf den beiden PS- und Nm-Anzeigen die Höchstwerte offensichtlich nicht mehr draufgepasst – scheint eine kleine Manhart-Abart zu sein. Wer jetzt einen Blick auf die bei 330 km/h endende Geschwindigkeitsanzeige wirft, bildet wie von selbst die Frage: “Das soll nicht reichen?” Nein! Denn der gelbe Wuppertaler, mit den beiden Manhart-Wasserzeichen auf seinen Seiten, schafft 340 Sachen. Damit die Kraft, die lediglich an den 21-Zoll großen 295er-Breitreifen am Heck ankommt, tatsächlich auf die Straße übertragen werden kann, steht die Traktionskontrolle nahezu bei jedem Gasstoß parat. Selbst im dritten und bei leicht feuchtem Untergrund auch noch im vierten Gang sind mehrere Meter lange Reifenspuren kein Problem – die Kraft scheint fast unbändig.

Durch den martialischen Sound und das mithilfe des dreifach verstellbaren Gewindefahrwerks um 35 Millimeter tiefer gelegte Äußere wird schon auf den ersten Blick klar, dass der einstige BMW M4 eine lohnenswerte Mutation erfahren hat. Rund 60.000 Euro kostet allein diese Transformation in einen 4,67 Meter langen und zwei Meter breiten Autobahnkönig. Das goldgelb-matt-folierte Gesamtkunstwerk steht für rund 140.000 Euro parat. Allerdings verhält es sich mit dem Manhart MH4 550 anders als mit anderen Supersportlern. Denn der Wuppertaler muss erst kennengelernt werden. Die M5-Sportbremsanlage mit sechs Kolben, das Gewicht von knapp 1.572 Kilogramm und das unter anderem per Schaltwippen zu zähmende Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe sind die eine Sache. Die um 120 PS und 270 Newtonmeter gesteigerte Motorleistung die andere. Fahrer und Fahrzeug brauchen eine gewisse Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen. Denn einfach einsteigen und losballern kann schnell übel enden.

Ferrari? Ja, im Rückspiegel…

Neben Bremsen, die erst einmal auf Temperatur zu bringen sind, muss vor allem das Fahrwerk auf die kommende Herausforderung perfekt eingestellt werden. In der komfortabelsten Einstellung sollte auf sehr schnelle Autobahnpassagen jenseits von 250 Kilometern pro Stunde verzichtet werden. Zu instabil wird die Verbindung mit dem Untergrund und zu schwammig der gesamte Fahreindruck. Für längere Überlandfahrten auf schlechten Straßen ist diese Einstellung hingegen überraschend angenehm. Das Gefühl, in einer wahren Rennmaschine zu sitzen, verschwindet ob der komfortablen Federung im Nu. Dieser Eindruck verhärtet sich, wenn die per Fernbedienung de- und aktivierbare Klappensteuerung aus dem Spiel genommen wird. Allerdings beginnt das gewaltige Sechszylinder-Orchester bei einem beherzten Tritt aufs Gas auch ohne die Erlaubnis der Fernbedienung. Zu groß ist der Druck, der mit lautem Getöse einfach hinten raus will.

Komplett auf Rennbetrieb eingestellt bietet der Manhart MH4 550 einen um ein Vielfaches gesteigerten Spaßfaktor – vorausgesetzt, die Gewöhnungsphase war erfolgreich und der Fahrer ist sich seiner Grenzen bewusst. Ganz Mutige entmündigen die perfekt arbeitende und aufpassende Traktionskontrolle per Knopfdruck und verkürzen per Powerslide den Wendekreis des einstigen Müncheners um mehr als die Hälfte. Allein das Betrachten des wie ein heißes Messer durch warme Butter über das gesamte Tachoblatt gleitenden Geschwindigkeitsindikators ist einigen die nicht ganz günstige Investition wert – verständlich. Es passiert schließlich nicht oft, dass selbst italienischen Supersportlern die eigenen Rücklichter gezeigt werden können.

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