Bei Mercedes ist nichts mehr so, wie es einmal war. Der Chef trägt bei offiziellen Terminen Turnschuhe. Kombiniert gibt es Hemden mit farblich abgesetzten Knöpfen und die S-Klasse ist nicht mehr der über allem thronende Technologie-Vorreiter. Früher hieß es in Stuttgart-Untertürkheim: „Erst S und dann lange nichts.“ Sprich: Innovationen wurden von oben nach unten ausgerollt und für die A-Klasse, die zudem noch umkippte, hatten viele Traditionalisten beim schwäbischen Autobauer nur ein müdes Lächeln übrig, Das ist lange her, mittlerweile soll das Einstiegsmodell die jungen Autofahrer an die Marke mit dem Stern binden.

Eine Strategie, die durchaus Sinn ergibt. Für die Generation Tablet und iPhone ist das Infotainment wichtig, also bekommt die A-Klasse die neuste Entwicklung. Und das MBUX (Mercedes-Benz User eXperience) lässt das altehrwürdige Comand-System, aussehen, wie ein Relikt aus einer längst vergessenen Zeit. Das Cockpit ist reduziert und statt eines Drehknopfs dominieren – ähnlich wie bei der E-Klasse – zwei Monitore mit jeweils 10,25 Zoll und ein Touchpad. Jetzt können viele Aktionen per Spracheingabe initialisiert werden. Wie bei den Vorbildern Siri (Apple) und Alexa (Amazon) reicht ein „Hey Mercedes“ und die weibliche Stimme meldet sich mit einem freundlichen „Ja, bitte“. Viele Kommandos können umgangssprachlich formuliert werden, spannend wird es, wenn man zum Beispiel nach günstigen italienischen Restaurant in der Nähe des Navigationsziels sucht, werden prompt Ergebnisse angezeigt, die auf den Ergebnissen des Bewertungsportals „Yelp“ basieren.

Ganz reibungslos funktioniert die Unterhaltung mit der Maschine noch nicht, aber die Konversation verläuft schon erstaunlich fließend – auch während der Fahrt. „Das System wird auch in dieser Hinsicht ständig weiterentwickelt“, erklärt Entwickler Werner Preuschoff. Als Alternative zum Sprachbefehl stehen noch die beiden kleinen Touchpads am Lenkrad, das große in der Mittelkonsole oder – ganz klassisch -  Knöpfe zur Auswahl. So kann man unter anderem die Anzeige der Rundinstrumente fast nach Belieben anpassen: Statt des Drehzahlmessers eine Uhr und gegenüber statt des Tachos die Fahr- und Verbrauchsdaten – kein Problem. Ein extrem nützliches Detail ist die „Augmented Reality“: Ist das Navigationssystem aktiv, poppt 200 Meter vor dem nächsten Fahrmanöver auf dem rechten Monitor über der Mittelkonsole das Bild der Kamera mit dem Echtzeit-Verkehr auf und Pfeile weisen den Weg. Auf Wunsch werden auch noch die Hausnummern mit kleinen Markierungen angezeigt – damit findet wirklich jeder sein Ziel. Dass viele dieser Informationen bald auch im Head-Up-Display landen werden, darf angenommen werden. Allerdings ist diese schöne neue Welt nicht günstig zu haben, mindestens 3.016 Euro sind fällig, dazu kommen noch Aufpreise, wie zum Beispiel für das Head-Up-Display (1.178 Euro) oder die „Augmented Reality“ 297,50 Euro). Ganz abgesehen von dem Grundpreis von 32.326 Euro für den getesteten Mercedes A 200.

Mit dieser Technikoffensive lässt Mercedes die Konkurrenz aus München, Wolfsburg und Ingolstadt alt aussehen. Zumal die A-Klasse der Baureihe W177 auch sonst ein durchweg gelungenes Auto ist. Der Radstand ist um 30 Millimeter gewachsen und das spürt man im Fond, wo auch auf Wunsch eine 230 V-Steckdose (95,20 Euro) installiert wird. Legt man die Lehnen der Rückbank um, entsteht eine ebene Ladefläche und der Kofferraum (370 bis 1.210 Liter Volumen) lässt sich dank der tieferen Ladekante mit der größeren Luke unbeschwerter beladen, als beim Vorgänger. Vorne sitzt man ebenfalls gut, allerdings könnte die Beinauflage der Sitze länger sein. Das Lenkrad liegt gut in der Hand und schnell fällt auf, dass das Fahrwerk eher auf der komfortablen Seite ist. Unebenheiten aller Art werden schmerzfrei weggebügelt, das ändert sich auch nicht, wenn man die variablen Dämpfer und den ganzen Fahrmodus auf Sport und damit straffer stellt. Dass der Frontriebler nicht ganz die Dynamik eines BMW 1ers erreicht, überrascht nicht. Ab Oktober soll es dann eine Allrad-Option geben. Dennoch schlägt sich die A-Klasse auch in Kurven durchaus beachtlich, da merkt man die Arbeit der Entwickler bei der Vorderachse. Die Lenkung ist zwar präzise, fühlt aber sich doch künstlich an. Interessanterweise gibt es bei der A-Klasse zwei verschiedene Hinterachsen: Erstmals steht bei Mercedes eine Verbundlenkerachse zur Verfügung, während zu Beispiel bei den Allradmodellen eine Mehrlenker-Variante verbaut sein wird.

Der Vierzylinder-Benziner des Mercedes A 200 mit dem Code M 260 leistet aktuell 120 kW / 163 PS und kommt mit dem 1.355 Kilogramm schweren Kompaktwagen (Gewichtsniveau des Vorgängers konnte gehalten werden) gut zurecht. Innerhalb von 8,0 Sekunden schafft diese A-Klasse die 100 km/h-Marke, erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von immerhin 225 km/h und verbraucht dabei im Schnitt 5,6 Liter. Auffällig ist das geringe Geräuschniveau in der Fahrgastzelle, ein Temperamentsbündel ist der Vierzylinder jedoch nicht. Wie bei den Hinterachsen gibt es auch verschiedene Doppelkupplungsgetriebe: Für die Einstiegsvarianten im A 180d und dem A 200 stammt die Siebengangschaltung von Getrag, bei den stärker motorisierten Varianten kommt das hauseigene Getriebe zum Einsatz. Ab dem fünften Mai steht die A-Klasse beim Händler. Zunächst sind nur drei Versionen - A 180d sowie A 200 und A 250 – erhältlich. Später wird das Portfolio noch aufgestockt, sowohl mit PS-schwächeren, als auch kraftvolleren Varianten, unter anderem mit der AMG-Version, die die 400 PS-Grenze knacken soll.

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