Echte Seebären, die Wind und Wetter lieben, werden den AMG Roadster lieben. Selbst wenn alle Scheiben oben sind, aber das Dach unten, weht jenseits der 150 km/h eine knackige steife Brise, die jedem Windjammer zur Ehre gereichen würde. Für Toupéträger und Damen mit offenen Haaren ist der lokale Luft-Tsunami im Cockpit des Affalterbacher Zweisitzers ebenfalls ungünstig, da die kunstvoll arrangierte Haarpracht in Sekundenbruchteilen einem wirbelnden Chaos gleicht. Wer Autofahren genießen, die Umwelt noch richtig spüren und wahrnehmen will, ist mit dem GT S Roadster bestens bedient. Allerdings ist der Spaß mit einem Basispreis von 151.135 Euro alles andere als günstig.

Vor allem im Sport Plus Modus macht der prächtige V8 Bi-Turbo aus seiner Lust am vollmundigen Trompeten, Knurren und Sägen, das beim Runterschalten von mächtigen Zwischengassalven untermalt wird, keinen Hehl. Bei dieser Geräuschkulisse muss man schon sehr charakterfest sein, wenn man seinen Führerschein behalten will, denn die acht Trompeten brüllen unablässig: Tritt mich, tritt mich! Schon nach 3,8 Sekunden erreicht der AMG Landstraßengeschwindigkeit und feuert unbeirrt weiter bis 308 km/h. Das Ganze bei einem Durchschnittsverbrauch von 11,5 Litern pro 100 Kilometer. Allerdings fällt auf, dass jenseits der 140 km/h das Geräuschniveau im Cockpit merklich ansteigt.

Doch diese Werte, so beeindruckend sie auch sein mögen, geben den Juchz-Faktor, den dieser AMG bereitet, nur unzureichend wieder. Denn der 1.625 Kilogramm schwere Roadster kann nicht nur geradeaus ballern, sondern beherrscht auch das geschmeidige Um-die-Ecke-Wieseln, dem feinfühlig agierendem elektronisch geregelten Sperrdifferential und der präzisen Steuerung sei dank, auch wenn diese etwas mehr Rückmeldung geben könnte. Dem Spaß am Kurventanz tut dieser Umstand nur wenig Abbruch, zumal der Mercedes GT S Roadster jetzt auch über das Dynamics-Programm verfügt. Diese Erweiterung des ESP berechnet blitzschnell aufgrund verschiedener Sensordaten wie zum Beispiel Geschwindigkeit, Lenkwinkel oder Gierrate, voraus, wie der Bolide reagieren wird, und mittels gezielter Kraftverteilung dem GT S Roadster mehr Vitalität einhaucht.

Mehr Ausstattung

Dabei ist die Ausprägung direkt an den gewählten Fahrmodus gekoppelt, den man mit einem Drehrad am Lenkrad wählt. Ist es glatt und der Pilot will nur sicher nach Hause kommen, sorgt das System für maximale Traktion und unterbindet das Eigenleben des Hecks. Geht es zackig um die Ecken und die Einstellung ist "Sport+" oder gar "Race" ist das Heck agiler und die Lenkung noch direkter. Durch dieses Extra-Detail lässt sich der GT S Roadster nach Belieben würzen. Die deutlich lebhaftere Vorderachse hilft beim Einlenken.

Dass der Mercedes AMG GT S Roadster keine Sänfte ist, dürfte jedem klar sein. Dennoch ist das Fahrwerk nicht so unharmonisch knochenhart, dass es einem die Bandscheiben zusammenstaucht. Allerdings könnte die Lenkradsäule einen Schuss länger sein, aber auch so findet man in den Sportsitzen eine passende Position. Damit der Fahrer dabei nicht die Hände vom Volant nehmen muss, befinden sich die zentralen Funktionen am Volant, das dadurch etwas überladen wirkt. Wenn man sich eine Weile mit dem Knöpfesalat beschäftigt, kommt man damit aber gut klar.

Der GT S Roadster und auch die anderen Modelle des AMG-Modells bekommen mit der Modellpflege einige Details von der Coupé-Limousine AMG GT 4 Türer spendiert. Darunter die neuen, besseren LED-Scheinwerfer, die Mittelkonsole mit den neu gestalteten TFT-Displaytasten und das 12,3 Zoll große digitale Instrumenten-Display mit den konfigurierbaren Ansichten, das jetzt für alle GT-Modelle serienmäßig ist. Das Parkpaket mit der Rückfahrkamera ist wirklich hilfreich, denn der Mercedes AMG GT ist definitiv kein Muster an Übersichtlichkeit: Ein Attribut an die lange klassische Motorhaube und den breiten C-Säulen bei geschlossenem Verdeck. Doch das Schöne an diesem Zwei-Mann-Geschoss ist, dass man sich nicht wirklich um den nachfolgenden Verkehr sorgen muss. Nach vorne schauen und über die Motorhaube die nächste Kurve anvisieren reicht.

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