New York zeigt sich wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl und trotz aller politischer Wirren selbstbewusster denn je - da macht die lokale Autoshow im drögen Jakob Javits Center keine Ausnahme. Morgens um kurz nach acht Uhr: es ist wieder einmal Dauerstau in Big Apple und nur mühsam drückt sich der Verkehr Richtung Hudson River. Geschwindigkeiten schneller als 50 km/h lassen sich in Manhattan selbst nachts kaum realisieren; tagsüber gibt es ausschließlich Stop & Go und Endlos-Langeweile hinter dem Steuer. Wo sollten PS-starke Sportler und lässige Cabrios auf den überfüllten Straßen von Manhattan, Brooklyn oder Williamsburg nur artgerecht bewegt werden können? Da helfen nur Ausflüge nach New Jersey, in die Hamptons oder gleich Richtung Neu-England-Staaten.

Trotzdem fahren in Downtown Manhattan auf Augenhöhe mit Malibu, Miami Beach oder Orange County die teuersten Sportwagen und Luxus-SUV ganz Amerikas herum. Das belegen die Neuheiten auf der New York Autoshow mehr als deutlich. So hat beispielsweise Mercedes eine ganze Armee an Neuheiten im Gepäck. "New York ist für die USA in vielerlei Hinsicht ein, wenn nicht das Zentrum", erläutert Daimler-Chef Dieter Zetsche, "und deswegen ist die New Yorker Auto Show natürlich eine wichtige Messe, mitten im Frühling. Der Frühling ist normalerweise Auto Verkaufszeit, deswegen ist das auch immer eine Messe, auf die wir sehr gespannt sind."

Besonders imposant bollern das AMG C 63 Cabrio oder das neue GLC Coupé, doch auch E 43 oder der aufgefrischte CLA sorgen auf der Manhattan Motorshow für einen kraftvollen Auftritt bei Daimler. Das sieht bei Audi nicht anders, aber etwas kleiner aus. Man kann sich unschwer vorstellen, wie wenig Spaß es macht, mit dem 540 PS starken Audi R8 Spyder offen durch Midtown zu donnern. Er ist auf einer seichten Küstenstraße ebenso besser aufgehoben als zwischen den endlosen New Yorker Straßenschluchten wie der Mazda MX-5 RF. Nach dem normalen Roadster zeigen die Japaner auf der US-Messe erstmals eine Targavariante mit vollelektrischem Klappdach. "RF" steht dabei für Retractable Fastback, weil der Begriff "Targa" seit Jahrzehnten durch Porsche geschützt ist. In den meisten europäischen Ländern wird es das MX-5 Derivat nur in der 160 PS starken Zweiliter-Variante geben.

Frühling am Hudson

Noch sportlicher und ebenso kaum das rechte Gefährt für die Straßen von Manhattan ist der zum wiederholten Male überarbeitete Nissan GT-R. Mit 570 trampelnden Pferden wieder ein paar PS mehr, dazu ein nachgezogener Lidstrich und weniger Knöpfe im Innenraum - schon geht es lautstark wieder auf die Kunden los, die sich auf der Messe aus unerfindlichen Gründen nicht für den spektakulären Chevrolet Camaro ZL1 begeistern können. Ab 55.500 Dollar gibt es wahlweise das ZL1 Coupé und Cabrio mit 589 PS, 754 Nm maximalem Drehmoment und 300 km/h Spitze - der 6,2 Liter große V8-Kompressor macht es möglich. Ebenfalls nachgeschärft: der ebenso spritzige wie kompakte Toyota GT 86. Deutlich geruhsamer lässt es der größte Autohersteller der Welt mit dem Prius angehen. Die Japaner zeigen in der Stadt, die niemals schläft, den Prius mit zeitgemäßem Plug-In-Modul. Die zweite Generation zeigt nicht nur ein mutigeres Design, sondern lockt Ökofans auch mit einer rein elektrischen Reichweite von 50 Kilometern. Das Hybridsystem des Prius Plug-in Hybrid verfügt über eine größere Lithium-Ionen-Batterie mit 8,8 kWh - aufladbar in rund zwei Stunden. Der Normverbrauch liegt bei 1,4 Litern pro 100 Kilometern und elektrisch schafft der surrende Fronttriebler 135 km/h. Marktstart ist jedoch erst Anfang 2017. Ebenfalls in New York zu sehen: die beiden sportlich gezeichneten Limousinen Subaru Impreza und Kia Cadenza. "Der neue Kia Cadenza bringt mit seinem neuen Design und vielen Premium-Details eine extra Dosis Spannung in das Oberklasse-Segment", so Orth Hedick, oberster Produktplaner bei Kia Nordamerika, "alles, was man sehen und anfassen kann, wurde von uns verbessert."

Wie an der größeren werdenden Zahl von Hybridtaxen zu sehen, setzen die katastrophalen Straßenverhältnisse auch dem Prius mächtig zu. Schon eher für die zerborstenen Pisten von New York geeignet sind die SUV. Neben dem neuen Mercedes GLC Coupé gibt es im gewohnt lieblos dekorierten Javits Center unter anderem den überarbeiteten Porsche Macan zu bestaunen, der ab sofort auch mit einem wenig standesgemäßen Vierzylinder im Segment von BMW X3, Mercedes GLC und Audi Q5 wildert. Gewaltig auf den Spuren von Range Rover und Bentley Bentayga unterwegs: das Lincoln Navigator Concept, dessen mächtige Flügeltüren wohl ebenso der Serienumsetzung zum Opfer fallen dürften wie die ausfahrbaren drei Trittstufen. Doch das Grunddesign und das Gesamtpaket dürfte inklusiv 400-PS-V6-Biturbo-Motor schon bald in ein Navigator-Serienprodukt münden. Mehrere Klassen darunter rangiert der Mini Clubman, der ab sofort auch mit einem variablen Allradantrieb zu bekommen ist. Wem der Sechstürer zu viele Ein- und Ausstiege hat, dürfte sich nicht nur wegen des bevorstehenden Frühlings für das 231 PS starke Mini John Cooper Works Cabrio erwärmen können.

Ein echtes Kontrast-Programm bieten die amerikanischen Hersteller, die beim Frühjahrs-Heimspiel eher eine klägliche Vorstellung abliefern. Echte Neuigkeiten sucht man vergebens, die großen Car-Maker Ford und Doge streiten sich lieber um die Zuladung und die Zugkraft ihrer Bestseller F150 und Ram. Jeep zeigt mit dem Grand Cherokee Trailhawk ein etwas aggressiveres Design. Buick hat immerhin den Ami-Opel-Mokka "Encore" im Gepäck und Chevrolet überarbeitet den Kleinwagen Sonic sehr marginal. 

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