Es ist heiß. Über 30 Grad zeigt das Thermometer an der legendären Rennstrecke Laguna Seca. Über genau solch eine Gradzahl würden sich an diesem Wochenende ein paar Menschen jedoch sehr freuen. Denn an ihrem Arbeitsplatz herrschen bis zu 70 Grad. Die Rede ist dieses Mal nicht von den Helden im Feuerwehrmann-Anzug, die noch immer versuchen, die gewaltigen Waldbrände in Kalifornien unter Kontrolle zu bekommen. An diesen drei Tagen dreht sich einige hundert Kilometer südlich der Feuersbrunst alles ums Thema automobiler Rennsport. Allerdings, und das ist das Besondere, ausschließlich um Rennfahrzeuge einer, wenn nicht der deutschen Sportwagenmarke überhaupt. Die Porsche Rennsport Reunion sorgt bereits zum fünften Mal für staunende und zum Teil auch ungläubige Blicke. Denn was nahe der wunderschönen Küstenstadt Monterey an diesen Tagen zu sehen, hören und erleben ist, ist für die meisten der rund 50.000 Besucher nur sehr schwer zu begreifen.

Stars von früher

Denn anders als im Museum oder den meisten Autotreffen, sind hier die Rennwagen längst vergangener Tage nicht nur hübsch nebeneinander aufgereiht – sie fahren auch. Und das nicht gerade langsam. Wie auch? Müssen doch bei einem der Stars satte 1.100 PS mobilisiert werden. Dass der Fahrer des Porsche 917/30 inmitten von 400 Litern Renn-Treibstoff sitzt, stört weder ihn selbst noch die begeisterten und stellenweise von sehr weit angereisten Fans. Denn wann besteht schon mal die Chance, einen der stärksten Rennwagen der Welt aus dem Jahr 1973 im Renntempo zu erleben? Normalerweise nie. Scheinbar ohne übermäßige Rücksicht treten verschiedenste Porsche-Rennwagen in insgesamt sieben Renngruppen gegeneinander an. Von den Anfängen bis zur neuesten Generation ist sowohl in puncto Rennboliden als auch im Fahrerfeld alles vorhanden, was Rang und Namen sowie eine ehrfurchteinflößende Geschichte vorzuweisen hat.

Ob Jochen Mass, Jacky Ickx oder Derek Bell, der 87 Jahre alte Hans Herrmann, Hurley Haywood und Hans-Joachim Stuck oder Gijs van Lennep, Brian Redman und Richard Attwood – für Fans geht dieser Tage ein nie geträumter Traum in Erfüllung. Dass die meisten dieser etwas in die Jahre gekommenen Herren wie Vic Elford zu ihrer aktiven Zeit mit knapp 400 Kilometern pro Stunde unterwegs waren, ist für Motorsport-Neulinge kaum nachzuvollziehen. Umso schöner ist es für genau diese Besucher, dass sie sich bei der Porsche Rennsport Reunion drei Tage lang sowohl in die Vergangenheit als auch zurück in die Gegenwart versetzen lassen können. Wenn die Motoren der zahllosen 911 im Rennsporttrimm oder der RS Spyder warmlaufen, kribbelt es am ganzen Körper. So eine Atmosphäre lässt auch Porsche Nordamerika-Chef Detlev von Platen nicht kalt: “Was hier dieses Jahr passiert, ist unglaublich und toppt sogar die Reunion von vor vier Jahren. Motorsport-Helden wie Jacky Ickx, zu denen ich schon als kleiner Junge aufschaute, laufen hier einfach so an Dir vorbei. “

Drei Stunden für Souvenirs anstehen

Und sie laufen nicht nur herum oder geben Autogramme, für die die Fans auch gern einmal über eine Stunde anstehen müssen. Sie lassen sich auch mal auf ein kurzes Schwätzchen ein. Aber nicht nur die lebenden Legenden von vor 20, 30 oder noch mehr Jahren sind im Rahmen des größten Porsche-Treffens der Welt zum Greifen nah. Auch Ex-Formel 1-Pilot Mark Webber versteckt sich nicht hinter einer Schar von Bodyguards oder Beratern. Auf die Frage, was seine Vorgänger von den aktuellen Rennfahrern unterscheidet, antwortet er lächelnd: “Die Frauengeschichten. Mit den Smartphones und den Social Media hat sich unser Leben stark verändert. Gleichzeitig musst Du heute etwas ernster an die Sache ran gehen als es damals vielleicht noch der Fall war.”

Hier wird keiner der teilweise mehrere Millionen teuren Boliden geschont. Schließlich findet so ein Treffen ja auch nur alle drei, vier Jahre statt. Aus Deutschland, genauer gesagt aus dem Porsche Museum, sind insgesamt zwölf Rennwagen zu bestaunen. Auf Grund des diesjährigen Mottos “Porsche at Le Mans” sind vor allem geschichtsträchtige Siegerfahrzeuge der 24 Stunden von Le Mans über den Atlantik verschifft worden. Dennis Simon wusste daher sehr schnell, was auf dem von ihm kreierten offiziellen Porsche Rennsport Reunion-Poster zu sehen sein muss: “Mir war klar, dass bei solch einem Motto auf jeden Fall der 356 Gmünd drauf muss. Er ist der erste Rennwagen überhaupt, den Porsche für Le Mans gebaut hat – das war 1951. Der legendäre Siegerwagen Porsche 917 und der letzte Gewinner, der 919 Hybrid, dürfen da natürlich nicht fehlen.” Die 25 Dollar teuren Poster sind ein Grund von vielen, weshalb sich unzählige Besucher über drei Stunden in die Schlange vor dem Souvenir-Shop stellen. Wer es in den zum Glück klimatisierten Laden geschafft hat, wird in der Kassen-Schlange im selben Tempo langsam an jedem Ausstellungsstück vorbeigeschoben. Solange wenigstens die Ohren mit dem Motorenklang der nur wenige Meter nebenan vorbeirasenden Rennwagen versorgt werden, ist das offenbar gerade noch so zu ertragen.

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