Bei Skoda haben sie es momentan nicht einfach. Zum einen sollen die Tschechen in Indien reüssieren und damit das erreichen, was der Mutter VW nicht gelungen ist, zum anderen dürfen die Fahrzeuge aus Mladá Boleslav nicht zu nah an Golf, Passat & Co. heranrücken. Kannibalisierung nennt sich das Schreckensgespenst, das durch die Konzernzentrale in Wolfsburg wandelt. Doch die normative Kraft des Faktischen spricht längst eine andere Sprache: Ein Skoda bietet längst nicht nur viel Auto fürs Geld, sondern mittlerweile auch aktuelle VW-Technik. Wer nicht unbedingt Wert auf den letzten Konnektivitäts-Kniff legt, ist in einem Skoda gut aufgehoben.

Das bedeutet nicht, dass der Octavia nicht weiter in das digitale Zeitalter eintritt. Im Gegenteil: Ein zehn Zoll-Infotainment-Touchscreen, ein ebenfalls zehn Zoll großes virtuelles Cockpit, das verschiedene Ansichten bereithält und ein Head-up Display sind im Octavia zu haben. Die Bedienung erfolgt per Apps und gibt den Kunden eine gewohnte Smartphone-Umgebung. Dabei setzen die Tschechen wie VW beim Golf auf den Touch-Schieberegler, der die Form einer Regenrinne hat (im VW-Konzern Jargon: Touchslider) und sich unterhalb des Infotainment-Displays befindet. Damit lässt sich die Lautstärke mit einem Finger bedienen und die Navigationskarte mit zwei Fingern vergrößern beziehungsweise herauszoomen. Im Skoda ist diese Idee benutzerfreundlicher gelöst, da die Rinne länger und damit besser zu bedienen ist. Traditionalisten nutzen für die Lautstärke die Rollregler im Lenkrad. "Dafür haben wir gekämpft", sagt Skoda-Technikchef Christian Strube und ergänzt: "Bei uns wird der Kunde nicht an der Bedienung verzweifeln."

Der Aufwand ergibt für die Tschechen jede Menge Sinn. Schließlich ist der Octavia das beliebteste Importauto Deutschlands und die Kombi-Variante europaweit die Nummer eins. Das erklärt auch die Reihenfolge des Marktstarts: Erst kommt der Combi im zweiten Quartal 2020 auf den Markt, ein paar Wochen später folgt die Limousine. "Dieser Schuss muss sitzen", sagt Skoda-Chef Bernhard Maier. Um weiterhin ins Schwarze zu treffen, legen die Tschechen bei den Assistenzsystemen ebenfalls nach: Voll-LED-Licht ist wie beim Golf 8 serienmäßig (auf Wunsch Matrix-Scheinwerfer), dazu kommt noch der Travelassist 2.0 mit teilautonomen Fahrfunktionen, ein Ausweichassistent und ein Ausstiegswarner, der eingreift, wenn sich von hinten ein Fahrradfahrer oder ein anderes Fahrzeug nähert. Das berührungsempfindliche Lenkrad überprüft, ob der Fahrer das Steuer noch im Griff hat und kann mit dem Emergency-Assist einen Nothalt einleiten.

Elektromodule aus dem VW-Regal

Beim Fahren besinnt sich der Octavia auf seine traditionellen Fähigkeiten. Im Tschechen ist man im positiven Sinne unspektakulär unterwegs. Das Fahrwerk ist ausgewogen abgestimmt, kann aber auch über die Fahrmodi straffer beziehungsweise sportlicher gestaltet werden. Wir waren sowohl mit dem 2.0 TDI Evo als auch mit dem 1.5 TSI Evo mit jeweils 110 kW / 150 PS unterwegs und uns sagten beide Motoren zu. Vor allem der Benziner machte einen guten Eindruck und ließ sich auch durchaus sportlich bewegen. Die Lenkung erreicht zwar nicht Porsche-Niveau, ist aber präzise und sagt dem Piloten Bescheid, wenn es bei der Traktion der Vorderräder eng wird. Auffällig ist, wie leise es im Octavia zugeht. Das liegt zum einen an der guten Dämmung der Aggregate und zum anderen an der verbesserten Aerodynamik. "Der Cw-Wert ist im Schnitt um 14 Prozent gesunken", erklärt Christian Strube stolz - beim Combi beträgt er 0,26, bei der Limousine sind es 0,02 weniger. Davon werden auch der 2,0 TSI mit 140 kW / 190 PS und die Diesel mit bis zu 147 kW / 200 PS profitieren. Die Selbstzünder mit mindestens 110 kW / 150 PS können auch mit einem Allradantrieb kombiniert werden.

Bei der Elektrifizierung darf Skoda sich kräftig im VW-Regal bedienen. Auch im Octavia kommen, wie zum Beispiel im Golf 8 der 1,0 TSI-Dreizylinder mit 81 kW / 110 PS sowie der 1,5-TSI-Vierzylinder mit 110 kW / 150 PS als Mildhybrid zum Einsatz, die mit einem 48-Volt-Riemengenerator ausgestattet sind. Bei den Plug-in-Hybriden stehen zwei Leistungsstufen zur Auswahl: Die Basis bildet jeweils der 1,4-Liter-TSI-Benzinmotor, der mit einem Elektromotor kombiniert wird. Eine Version hat eine Systemleistung von 150 kW / 204 PS, die andere 180 kW / 245 PS. "Wir kämpfen für alternative Antriebe", sagt Christian Strube und verweist auf den CNG-Antrieb, den es auch im Octavia geben wird. Die Erdgas-Variante namens G-Tec basiert auf dem 1,5-TSI-Motor mit 96 kW / 130 PS.

Wer Skoda sagt, meint immer auch Abmessungen: Mit einer Länge von 4,69 Metern ist der neue Octavia Combi vier und die Limousine um gut zwei Zentimeter länger als der Vorgänger. Darum verwundert es nicht, dass man auch in diesem Octavia fürstliche Platzverhältnisse vorfindet. Das gilt nicht nur für die Passagiere, sondern auch für den Kofferraum, dessen Volumen auf 640 Liter anwächst. Allerdings kommen all diese Vorteile auch mit einer bitteren Pille, die es für Octavia-Kunden zu schlucken gilt. Aufgrund der Aufrüstung wird der neue Octavia teurer sein als der Vorgänger, der als Combi mindestens 23.680 Euro kostet. Es ist davon auszugehen, dass die 25.000-Euro-Grenze fällt.

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