Er ist schon ein patentes Ding, der kleine Stapedius. Das winzige Muskelchen sitzt im menschlichen Ohr und zieht sich reflexartig zusammen, sobald es ein lautes Geräusch gibt. Die Kontraktion verändert kurzzeitig die Ankopplung des Trommelfells an das Innenohr und schützt es so gegen einen zu hohen Schalldruck. Jetzt haben die Ingenieure bei Mercedes-Benz den Stapedius für sich und die automobile Sicherheit entdeckt. Pre-Safe Sound nennen die Schwaben die Erfindung, die sie rund um den Muskel entwickelt haben, und die serienmäßig in die neue E-Klasse verbaut werden soll. Bei einem Unfall geht es meist lauter zu, als viele Menschen vertragen können. Erkennt die Sensorik der E-Klasse eine Kollisionsgefahr, ertönt aus der Soundanlage des Fahrzeugs ein kurzes Rauschsignal. Das wiederum löst den Stapediusreflex aus und konditioniert das Gehör der Insassen so, dass die Belastung durch den Crash-Krach reduziert wird. Der Trick mit dem Muskel im Ohr ist nicht die einzige Idee, die von den Stuttgarter Entwicklern in die neue E-Klasse gepackt wird – wenn auch die abgefahrenste. Die meisten anderen Sicherheitsfeatures sind vor allem Weiterentwicklungen der Systeme aus den aktuellen E- und S-Klasse-Modellen.

Beispiel Beltbag: Den gibt es bereits in der S-Klasse – nun wird er in die E-Modelle durchgereicht. Auch von ihm sollen vor allem ältere Passagiere profitieren, deren Knochenstruktur weniger elastisch ist. Der Sicherheitsgurt bläst sich bei einer Kollision auf und polstert so die Aufprallwucht weiter ab. Zum Pre-Safe-System gehört bei Gefahr im Verzug auch ein schneller Knuff in die Seite. Sollte das System erkennen, dass sich eine Seitenkollision nicht mehr vermeiden lässt, bläst sich an der Türseite des Sitzes blitzschnell eine Luftkammer auf und drückt den jeweiligen Insassen weg vom Gefahrenbereich – der Abstand zwischen Körperseite und Tür vergrößert sich, die Verletzungsgefahr wird verringert. Deutlich erweitert hat Mercedes die Funktionalität des Brems-Assistenten. Der warnt den Fahrer vor einer drohenden Kollision, unterstützt ihn bei einer Notbremsung und bremst notfalls auch selbstständig ab. Das System erkennt mittlerweile auch Querverkehr in Kreuzungen, Stauenden und Fußgänger im Gefahrenbereich vor dem Fahrzeug. Als Ergänzung hilft der Ausweich-Lenk-Assistent dem Fahrer dabei, eine Gefahr kontrolliert zu umkurven.

Eine Stufe weiter entwickelt hat Mercedes auch das Intelligent Drive-Paket – nicht nur durch den Einsatz von deutlich mehr unterschiedlichen Sensoren. Auf Autobahnen und Landstraßen kann es nicht nur automatisch den korrekten Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug halten, sondern ihm auch bis Tempo 200 folgen. Der Fahrer muss weder bremsen noch Gas geben und wird selbst bei der Lenkung unterstützt – laut Mercedes sogar in leichten Kurven. Auf Wunsch regelt das System über Navi oder Verkehrszeichenerkennung bekannte Limits, etwa 50 km/h innerorts oder 100 km/h auf Landstraßen, selbstständig ein. Bis 130 km/h ist das System dabei nicht einmal auf deutlich sichtbare Fahrbahnmarkierungen angewiesen, sondern agiert wie in einem Schwarm. Selbst Graskanten am Straßenrand und Bordsteine reichen den Bordrechnern, um auf Linie zu bleiben.
Was wird es noch in der neuen E-Klasse geben? Einen Remote Park-Pilot etwa, mit dem das Fahrzeug von außen via Smartphone in eine Parklücke ferngesteuert werden kann – und wieder heraus. Das Smartphone kann künftig in der E-Klasse auch als Fahrzeugschlüssel genutzt werden. Die Car-toX Kommunikation geht in Serie. Via Mobilfunknetz sorgt das für einen regen Informationsaustausch mit anderen, zum Beispiel vorausfahrenden Fahrzeugen. Das System warnt frühzeitig vor Hindernissen oder Unfällen voraus und sorgt für ausreichende Reaktionszeiten.

Aufgerüstet hat Mercedes auch die LED-Scheinwerfer. Die leuchten künftig mit jeweils 84 einzeln ansteuerbaren Hochleistungs-LED exakt die Fahrbahn aus, ohne entgegenkommende Autofahrer zu blenden. Das erste System, damals im CLS, musste noch noch mit jeweils 24 LED auskommen. Die höhere Auflösung der LED macht ganz neue Funktionen möglich. So reduziert etwa das Schlechtwetterlicht bei Regen die Reflexionen auf der Gegenfahrbahn durch gezieltes Abdimmen einzelner LED und sorgt für weniger Blendung des Gegenverkehrs.

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Jürgen Wolff, press-inform

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