In Europa gibt es bei Volkswagen das große Aushängeschild Touareg, jüngst als hybride-R-Version mit 462 PS vorgestellt und die deutlich darunter positionierte Kunterbunt-Familie der SUV, die auf dem höchst variablen Querbaukasten durch die Gegend rollt. Doch hier ist mit dem rund 4,70 Meter langen VW Tiguan Allspace Schluss. In Nordamerika sieht das ganz anders aus. Denn mit dem VW Atlas (und dem nahezu baugleichen Schwestermodell Teramont in China) gibt es einen ebenso preiswerten wie üppig dimensionierten Crossover, der mit einem europäischen Gardemaß von 5,04 Metern in der dortigen Mittelklasse fährt. Weil in der Klasse zwischen 30.000 und 50.000 Dollar mit fünf oder sieben Sitzen US-weit längst die Musik spielt, legt Volkswagen nunmehr nach und stellt dem Atlas einen sportlich positionierten Bruder zur Seite. Der Atlas Cross Sport ist mit 4,97 Metern ein Stück kürzer und hat eine hinter der zweiten Sitzreihe abfallende Dachlinie. Damit entfällt die dritte Sitzreihe und ein Stück Laderaum, doch der Platz in der zweiten Reihe ist üppiger denn je und wer die Rücksitze komplett umlegt, kann gigantische 2.203 Liter Stauraum für Familie, Freizeit und Urlaub nutzen.

Hauptgrund dafür ist, dass Vorderwagen und Radstand im Vergleich zum normalen Atlas komplett identisch blieben. Mit dem Start des Atlas Cross Sport bekommt die Atlas-Familie eine dezente Modellpflege mit sichtbaren Änderungen an Front, Heck und Schürzen. Nichts geändert hat sich an dem grandiosen Preis und den beiden verfügbaren Motorvarianten eines zwei Liter großen Turbobenziners mit vier Zylindern und 175 kW / 235 PS. Weniger drehfreudig, aber umso imagestärker ist der Atlas mit dem 3,6 Liter großen V6-Triebwerk, das 203 kW / 276 PS leistet. Der deutlich moderne 2,5-Liter-V6 mit Turboaufladung bleibt dem anspruchsvolleren Chinamarkt und dem dortigen Teramont X vorbehalten.

Was den VW Atlas in seiner neuen Cross-Sport-Karosserie-Variante als Fünfsitzer für die amerikanischen Kunden begehrlich machen dürfte, ist nicht nur das üppige Platzangebot, sondern unverändert der günstige Preis. Während der deutlich kleinere VW Tiguan in Europa schnell 45.000 Euro und deutlich mehr kostet, geht es für den Atlas Cross Sport in den USA mit solider Basisausstattung von 18-Zöllern, LED-Scheinwerfern, Regensensor, 6,5-Zoll-Bildschirm, WLan und verschiedenen Assistenzsystemen als Vierzylinder mit Frontantrieb bereits bei nicht einmal 34.000 Dollar los. Selbst in Komplettausstattung mit dem empfehlenswerten Allradantrieb und dem beliebten Sechszylinder knackt das Topmodell Atlas Cross Sport SEL Premium R-Line gerade einmal die 50.000-Dollar-Marke. Dafür gibt es unter anderem beheizte Ledersitze vorne und hinten, elektrische Heckklappe, Navigation, 21 Zoll große Alufelgen und neben einem breiten Angebot von Assistenzsystemen allerhand sportlichen Zierrat, für den sich die Nordamerikaner ebenso erwärmen können wie die Kunden in Europa. Hier und da fasst man im üppig dimensionierten Innenraum auf preiswertes Hartplastik, doch das verbaute Kunstleder an Armaturenbrett und Verkleidungen holt einiges heraus.

Start bei rund 34.000 Dollar

Fahrdynamisch gibt es keine nennenswerten Unterschiede zum normalen Atlas. Zwar hat der Cross Sport einen rund sieben Zentimeter kürzeren Überhang im Heck und spart so ein paar Kilogramm ein. Spüren wird davon jedoch weder etwas der Fahrer in den USA noch in China. Das Fahrwerk ist speziell für den amerikanischen Markt ausgelegt und so ist der Cross Sport ein Cruiser mit echten Langstreckenqualitäten und einem sehr groß dimensionierten Innern. Die Abstimmung ist komfortabel, die Lenkung direkt genug und Wankbewegungen halten sich in vertretbaren Grenzen. Aus Kosten- und Kundengründen gibt es keine adaptiven Dämpfer mit einem entsprechenden Wankausgleich. In der umkämpften US-SUV-Mittelklasse geht es um Preis, Design und Alltagsnutzen. Selbst für Plug-in-Hybriden interessiert sich hier bisher niemand. Stattdessen sind die meisten Wettbewerber wie Honda Pilot, Toyota Highlander, Kia Telluride oder Kia Palisade mit 3,5 bis 3,8 Liter großen V6-Triebwerken, maximal 300 PS und Luxusausstattung zum fairen Preis unterwegs.

Stellt sich die Frage, ob der VW Atlas nicht auch für den europäischen Markt etwas wäre. Die üppigen Dimensionen in Länge und Breite dürften hier kaum jemanden stören; dazu gibt es in höheren Klasse längst größere Modelle. Zweifellos würde der günstig gepreiste Atlas dem hauseigenen Edel-Offroader VW Touareg viel Kopfzerbrechen bereiten, denn für viele potenzielle Kunden würde der Atlas mehr als genug bieten. Doch wenn man nach dem Wegfall der Luxuslimousine VW Phaeton schon dem hauseigenen Top-SUV Touareg nicht in den Rücken fahren will, sollte man zumindest über den Atlas Cross Sport nachdenken. Der würde sich als großer Bruder von T-Roc, Tiguan oder T-Cross prächtig machen - jedoch das Preisgefüge völlig durcheinanderwerfen. Also her damit!

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