An sich hätte man befürchten können, dass das schrittweise Ende des VW Passat ein paar tausend Kilometer westlich von der Wolfsburger Firmenzentrale in Detroit beginnt. In den USA interessiert sich bei den Volumenherstellern kaum noch jemand für die jahrzehntelangen Limousinenbestseller aus der Mittel- und Oberklasse. Infolgedessen hatte Ford zunächst seine kompletten Werbemaßnahmen für alles außerhalb der SUV-Liga eingestellt und teilte dann mit, dass in den nächsten Jahren für den Großteil der Limousinen das Ende gekommen sei. Dann besteht die Marke mit dem "Blue Oval" nur noch aus dem emotionalen Mustang sowie einer Vielzahl von SUV-Modellen. Bei der Konkurrenz von Fiat Chrysler und General Motors sieht es nicht anders aus: Limousinen raus - Pseudo-Klettermaxen rein! Die ersten Werksschließungen lassen nicht mehr lange auf sich warten.

Auch wenn sich der mächtige VW Atlas, bald von einem Schwestermodell beflankt, in der amerikanischen Produktionsstätte in Chattanooga immer mehr gegen den einstigen Platzhirschen Passat durchsetzen kann, hält Volkswagen an seiner Mittelklasselimousine auch in Nordamerika fest. Und das, obwohl der Passat in den USA ein völlig anderes Auto aus im Rest der Welt ist. Den Premiumanspruch, den sich der europäische Passat in den vergangenen Jahren mit Technik und Ausstattung erarbeitet hat, mag in den USA niemand bezahlen. Im Vergleich ist der Viertürer hier ein blasses Mittelklassemodell, das sich gegen die zumeist asiatische Konkurrenz aus Toyota Camry, Honda Accord und Hyundai Sonata durchsetzen muss. Die haben alle von ihren großen Begehrlichkeiten der 90er und frühen 2000er Jahre eingebüßt und tun sich gegen den Crossoverwahn schwerer denn je auf dem zweitgrößten Automarkt der Welt.

Am besten von den Limousinen verkaufte sich im vergangenen Jahr noch der Toyota Camry in den USA und mit 343.000 Verkäufen reichte es immerhin zu Platz zehn in der Verkaufsstatistik. Doch gegen die gigantischen Pick Ups und SUV steht selbst ein Massenmodell wie der Camry auf verlorenem Posten. Diese Probleme hätte der VW Passat auch gerne, denn er führt in den USA kaum mehr als ein Schattendasein. Mit der neuesten Generation will er aus diesem langen Schatten herausfahren. Dabei setzt Volkswagen unverändert auf ein völlig anderes Fahrzeug als beispielsweise in Deutschland. Der dortige Passat ist zum Beispiel noch auf der technisch veralteten Plattform PQ35 und nicht auf dem modularen Querbaukasten unterwegs, der gemeinhin das Wolfsburger Portfolio beherrscht. Der Grund liegt schlicht in den Kosten. PQ35 ist deutlich günstiger als der skalierbare Hightech-Baukasten MQB und den amerikanischen Kunden interessiert die Plattform niemanden.

Deutsche Tugenden

"Der Passat ist die einzige mittelgroße Limousine, die deutsche Fahrdynamik zu einem erschwinglichen Preis anbietet. Die Kombination aus Komfort, Zuverlässigkeit und Fahrdynamik ist bei Käufern seit langem beliebt", so Scott Keogh, Volkswagen-CEO der Region Nordamerika, "mit diesem neuen Modell haben wir den Stilfaktor erhöht und die Technologie verbessert, um sie noch attraktiver zu machen. Darüber hinaus haben wir die gewünschten Komfort- und Fahrerassistenzfunktionen zugänglicher gemacht."

Daher wurde das Geld für die neue Generation noch mehr als beim amerikanischen Jetta plakativ in Offensichtlichkeiten gesteckt. Ein frischeres Design mit mehr Kontur, dazu ein markanter Chrom-Kühlergrill mit LED-Leuchten rundum und eine deutliche Auswertung des Innenraums dürften mit einem stabilen Verkaufspreis einhergehen. Beim Antrieb macht es VW den US-Kunden besonders einfach, denn sie haben keine Wahl: so wird der VW Passat wie schon der Jetta nur mit einer Motorisierung angeboten. Diesmal ist es ein aufgeladener Zweiliter-Vierzylinder, der 128 kW / 174 PS und 280 Nm maximales Drehmoment leistet. Diesel oder stärkere Benziner fehlen ebenso wie Plug-In-Hybriden. Obligatorisch sind stattdessen Frontantrieb und eine Sechsstufen-Automatik. Auf Wunsch gibt es dafür ein ordentliches Ausstattungspaket mit verschiedenen Fahrerassistenzsystemen, klimatisierten Sitzen, Navigationssystem und 19-Zöllern. Zudem will VW potenzielle Kunden nicht nur ausgewiesenem und entsprechend beworbenen deutschen Fahrvergnügen ködern, sondern mit einer Garantie von sechs Jahren oder 72.000 Meilen (115.000 Kilometern). Davon können die deutschen Kunden nur ebenso träumen wie von dem Basispreis, der bei 25.000 Dollar liegen dürfte. Marktstart ist im Sommer.

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