Der VW Tiguan ist an sich ein zahmes Familienauto. Daran ändert auch die jüngste Modellpflege nichts, die ihm unter anderem serienmäßige LED-Scheinwerfer, eine neue Sicherheitsausstattung sowie ein leicht geändertes Cockpit spendiert. Neben dem erstmals verfügbaren Plug-in-Hybriden, der mit seinen 245 PS jedoch nur ohne Allradantrieb angeboten wird, gibt es erstmals eine besonders sportliche R-Variante mit Vitaminen im Blut. Deren bekannter Zweiliter-Turbo aus dem Golf GTI erstarkte nochmals nennenswert auf 235 kW / 320 PS und ein üppiges Drehmoment von 420 Nm. Optisch ist dem VW Tiguan R seine Sportlichkeit kaum anzusehen, denn die echte R-Variante unterscheidet sich nur wenig vom R-Designpaket, das für alle Modelle zu bekommen ist. Am größten sind die Unterschiede noch am Heck, denn gegen Aufpreis lässt sich der sportlichste aller Tiguane mit einer vierflutigen Auspuffanlage von Abgasspezialist Akrapovic ausstatten. Die bringt zwar keine zusätzliche Motorleistung, tönt jedoch beeindruckend sonor und kraftvoll. Gerade in den Sportmodi ploppt und knallt es beim Hin- und Herschalten des Vierzylinders munter vor sich hin, dass es nur so Laune macht. Dem ein oder anderen wohl etwas zu viel des Guten; aber eben abschaltbar.

Der VW Tiguan R glänzt jedoch nicht nur mit seiner Motorleistung, die nach dem Wegfall des 240 PS starken Topdiesels sonst ihren Höhepunkt beim flotten, aber wenig sportlichen Tiguan eHybrid hätte. Die maximal 420 Nm Drehmoment stehen bei knapp über 2.000 Touren und somit beinahe auf Dieselniveau zur Verfügung und sind auf Gaspedaldruck zu fast allen Schandtaten bereit. Das gut abgestufte Doppelkupplungsgetriebe mit seinen sieben Fahrstufen wurde ebenfalls auf die gesteigerte Motorleistung angepasst und vollführt die Gangwechsel in den entsprechend anwählbaren Fahrmodi etwas flotter als man es kennt. So geht es aus dem Stand in knapp fünf Sekunden auf Tempo 100 und bei 250 km/h wird abgeriegelt, obschon dem kleinen Kraftprotz wohl zeitnah eh die Puste ausgegangen wäre. Ab Tempo 220 wird es nennenswert dünner mit der Beschleunigung.

Doch die Stärke des VW Tiguan R ist ohnehin nicht die Vollgasorgie auf der linken Autobahnspur, sondern das fein abgestimmte Sportfahrwerk. Das ist mit seinen variablen Dämpfern nennenswert straffer, als man es von den schwächeren Brüdern kennt und passt sein Eigenleben ebenso wie Lenkung, Gangwahl und Motorsteuerung an das jeweilige Fahrprogramm bis hinauf zum Rennmodus an, der sich über einen Schalter am Lenkrad direkt ansteuern lässt. Besser als bei den schwächeren Modellen packt dabei der Allradantrieb mit der fahraktiven Hinterachse zu. Das liegt in erster Linie an den größer dimensionierten 20-/21-Zöllern sowie der variablen Drehmomentverteilung an der Hinterachse, die die Kraft idealerweise zu dem Rad überträgt, das mehr Grip auf die Fahrbahn bringen kann. Das Ganze könnte gerade in den Sportprogrammen noch aggressiver und engagierter funktionieren, klappt für einen leistungserstarkten Familien-SUV jedoch schon ganz gut. Die Bremse im 18-Zoll-Format sieht in den 20 oder 21 Zoll großen Alurädern nicht nur gut aus, sie verzögert auch engagiert. Die Lenkung: leichtgängig und gut.

Zum sportlichen Anspruch des VW Tiguan R passt der Innenraum mit bequemen Sportsitzen, die gut konturiert sind, jedoch mehr Oberschenkelauflage bieten könnten. Zudem gibt es animierte Instrumente und ein neues Entertainmentsystem mit einer Diagonale von 9,2 Zoll. Die Bedienung geschieht via Touchdisplay oder Sprache problemlos und niemand vermisst dabei die Schieberegler von ID.3 oder dem neuen Golf. Diese Slider finden sich jedoch darunter in der separaten Klimabedienung. Nach wie vor nervig und nicht eines Volkswagens würdig: das ausfahrbare Head-up-Display auf einer kleinen Kunststoffscheibe. Die Fahrerassistenzsysteme stammen aus der aktuellen Golf-Generation VIII. Der genaue Preis steht noch nicht fest, dürfte in Abstimmung zum ähnlich motorisierten Cupra Formentor und mit Abstand zum 400 PS starken Audi RS Q3 aber bei rund 55.000 Euro liegen.

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