Der ehemalige Fiat-Chef Sergio Marchionne war für seine klaren Ansagen bekannt. Eine davon lautete, dass ein Autobauer nur dann überlebensfähig sei, wenn er mindestens fünf Millionen Autos verkaufen würde. Diese Doktrin hat zumindest bei einigen Autobauern bis heute Gültigkeit: Volumen generiert Einkaufsmacht und durch die Skaleneffekte spart man viel Geld. Doch die Zusammenschlüsse sind nicht immer von Erfolg gekrönt, wie die missratene "Hochzeit im Himmel" zwischen Daimler und Chrysler zeigte.

Nicht alle Autobauer holen sich bereitwillig immer mehr neue Partner ins Bett. Daimler ist nach der verunglückten Liaison mit Chrysler eher zurückhaltend unterwegs und knüpft lediglich mit Renault Bande. BMW agiert in bester Mia san Mia Methode und lächelt nur ausgewählten Firmen zu. Schließlich haben die Bayern mit Rover ihr eigenes Verkuppelungs-Waterloo erlebt. Mit Toyota klappt es auf relativ kleiner Flamme ganz gut und durch das Zusammentun, konnte man solche Nischenprojekte wie den BMW Z4 oder Toyota Supra stemmen. Hyundai-Technikchef Albert Biermann, Ex-BMW-Manager, bestreitet auffällig vehement, dass zwischen dem koreanischen Konzern und den Münchnern Gespräche über eine Kooperation zum autonomen Fahren gibt. Wäre nicht das erste Mal, dass zwischen dem Vierzylinder in München und Seoul die Drähte glühen. Schon vor ein paar Jahren gab es Verhandlungen über eine Kooperation bei Motoren.

Ist die schiere Größe also ein Allheilmittel für die bevorstehenden Aufgaben? Oder steckt in der "Fusionitis" die Gefahr der Unbeweglichkeit, um nicht schnell genug auf neue Herausforderungen reagieren zu können. Carlos Tavares betont immer wieder, dass bei allen Zusammenschlüssen die Flexibilität des Unternehmens gewahrt bleiben muss. Automobile Eroberungsziele, nur um Verkaufsvolumen zu generieren, sind nicht immer zielführend. "Mit mehr Partnern ist auf jeden Fall mehr Abstimmung notwendig, auf der anderen Seite kann man von dem Wissen partizipieren. Andere Blickwinkel geben ja auch neue Impulse", sieht Porsche-Produktionsvorstand Albrecht Reimold beide Seiten der Medaille.

Hochzeiten im Himmel

Allerdings spielt die Elektromobilität eine gewichtige Rolle bei den Paarungsgelüsten. Der Umstieg auf die Stromerei verschlingt aberwitzige Summen. "Wir kratzen das Geld zusammen, wo es nur geht", erzählte unlängst ein Manager eines deutschen Premiumherstellers. Wenn man sich vor Augen führt, dass VW bis 2023 nächsten 44 Milliarden Euro im die neue Form der Fortbewegung stecken will, werden die Ausmaße klar. Zumal es mit dieser Finanzspritze nicht getan sein wird. Deswegen versucht man sich auf allen Bereichen zusammenzutun, um eben Geld für die Elektromobilität freizuschaufeln. "Enge Kooperationen und Partnerschaften sind für die Automobilindustrie eine Notwendigkeit geworden, da viele der erforderlichen Investitionen nicht allein gestemmt werden können - und oft nicht allein gestemmt werden müssen", sagt Wolfgang Bernhart, Partner bei Roland Berger.

Aufgrund des Zusammenschlusses zwischen VW und Ford, hoffen beide Hersteller immer weniger rentable Segmente, wie Limousinen am Leben zu erhalten. Auch bei den Nutzfahrzeugen tun Skaleneffekte gut. Aber warum soll jetzt alles zu reibungslos gehen, woran man noch vor weniger als einem Jahrzehnt eher jämmerlich gescheitert ist. Man denke nur an das erfolglose Suzuki-Abenteuer in Indien. Damals begangen die Patriarchen Martin Winterkorn und Ferdinand Piëch den gleichen Fehler, wie zu vor die Daimler Manager bei Chrysler. Beide Führungsriegen wollten den Partnern mit aller Gewalt den "German Way" aufzwingen.

Bindungen auf Zeit

Diese eindimensionale Strategie geht heute noch weniger auf, als damals. Das sollte auch die Konzernzentralen der OEMs durchgedrungen sein. Die Entscheider sind heute schon länger in einem globalen Umfeld unterwegs, wissen um die kulturellen Befindlichkeiten und agieren geschmeidiger. Allerdings macht man sich durch Zusammenschlüsse auch ein Stück weit unbeweglich und abhängig von anderen. Ob das VW-Ford Tete a Tete von Erfolg gekrönt ist, wird sich noch zeigen. Dass die Zeiten des Holzhammer-Methode noch nicht ganz passé sind, zeigt das rigorose Durchregieren von Carlos Tavares bei Opel. Auch das können die Erfolgsglocken noch nicht geläutet werden, auch wenn beide Seiten immer wieder betonen, dass die PSA-Übernahme der einzig richtige Weg war, den Rüsselsheimer Autobauer aus der Malaise zu hieven.

Dass Allianzen auch fragil sind und wie schnell die unterschiedlichen Strömungen auseinanderdriften, zeigt das Beispiel Renault-Nissan. Der mittlerweile abgelöste Konzernchef Carlos Ghosn war zum Ende seiner Amtszeit unter Druck und schon beginnen in Japan erste separatistische Bewegungen, die alle Partner der Allianz schwer beschädigen könnten. Darum prüfe, wer sich ewig bindet.

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