Die Sieger sind das Mercedes-Benz Werk Bremen, Magneti Marelli in Bari, Continental Automotive Timisoara (Rumänien), die CFK-Fertigung BMW Landshut, InTiCa Tschechien und Audi Neckarsulm. Dass das Rennen auf dem „Lean Highway“ in vollem Gang ist und zunehmend schneller wird, stellte der 12. Kongress Automotive Lean Production in Neckarsulm unter Beweis. Dort zeigten am 6. und 7. 11. 2017 die Gewinner des etablierten Benchmark-Wettbewerbs ‚Automotive Lean Production‘ – Award & Study auf, welche Effizienzverbesserungen sie erzielt haben. Der Weg zum diesjährigen Sieger der Kategorie OEM führt nach Bremen, ins dortige Mercedes-Benz Werk.

Die Fabrik, in der aktuell die C-Klasse, E-Klasse sowie die Fahrzeugmodelle SL, SLC und GLC vom Band laufen, hatte im Jahr 2016 eine wahre Herkulesaufgabe zu bewältigen: Eine stark steigende Jahresstückzahl ging einher mit der Erhöhung der Anzahl der Derivate infolge von Neuanläufen auf insgesamt zehn Modelle. Das sich bereits auf schlanke und stabile Prozesse sowie das Mercedes Produktionssystem stützende Werk tüftelte zusammen mit dem Sozialpartner ein neues Arbeitszeitmodell aus, welches 75 zusätzliche Sonderschichten möglich machte. Zusätzlich erforderliche Mitarbeiter wurden frühzeitig und umfangreich qualifiziert. Selbstverständlich nutzt das Werk Bremen auch die Chancen der Digitalisierung, um die nächste Stufe der Value Stream Performance zu erreichen. Besonders überzeugt ist die Jury von der ins Unternehmen integrierten Startup-Keimzelle Digital Factory Lab.

Mercedes-Benz Bremen überrascht mit New Lean Concept

Als eines der Highlights des Mercedes Produktionssystems benennt die Jury stellvertretend die effiziente Materialzuführung im Karosseriebau in Verbindung mit einer Low Cost Automation sowie die Materialbereitung in der Montage mittels Warenkörben als wichtiges Element eines so genannten New Lean Concept. Sehr positiv fiel den Begutachtern von Agamus auch der vor Ort praktizierte Einsatz von Additive Manufacturing auf. Wie sie erläutern, entstand unter dem Leitbild „Projekt Zukunftsthemen“ die Idee, sich ein Stück weit weg von der herstellungsgerechten, hin zur funktionsorientierten Konstruktion zu bewegen. Durch den Einsatz industrieller wie auch kommerzieller 3D-Drucker können so flexibel und kostengünstig Betriebsmittel für den Fertigungsalltag hergestellt werden.

Zur Gruppe von Fiat Chrysler Automobiles (FCA) gehört der italienische Zulieferer Magneti Marelli, dessen Werk in Bari ein Lean Production Award in der diesmal zweifach belegten Kategorie „Supplier“ zuerkannt wurde. Im Jahr 2012 startete das Werk Bari (es fertigt Motor- und Getriebekomponenten) mit der Implementierung eines ganzheitlichen Lean Ansatzes, in den nun der Rollout des von FCA verwendeten und mittlerweile auch stark weiterentwickelten Produktionssystems WCM (World Class Manufacturing System) sukzessive und erfolgreich hineinspielt. Laut FCA sollen bis 2020 unter anderem auch 60 Prozent der Tier-2 Lieferanten WCM befähigt sein. 2015 wurde bereits ein erster Zulieferer mit dem „WCM Bronze Level“ gekürt.

Agamus-Chef Dr. Werner Geiger
"Seit Jahren einstellige ppm-Werte aus Kundensicht kommen nicht von alleine", kommentiert Agamus-Chef Dr. Werner Geiger die Qualitätsarbeit beim Zulieferer Magneti Marelli. (Bild: Agamus)

Das Cost Deployment wird mittels des in Bari entwickelten WCM Online CostCompass in einer neuen Stufe der Effektivität und Effizienz betrieben. Die Qualitätsarbeit ist vorbildlich – sowohl die präventive Q-Arbeit für neue Produkte und Serien als auch die Reaktion auf einen der sehr seltenen Fehler. Das Werk in Bari  verwirkliche „eine hervorragende Symbiose aus Lean und Digitalisierung“. Die stabilen Prozesse infolge des hohen Lean Reifegrads ermöglichen es, mittels Smart Applications die nächste Stufe der Verschwendungsvermeidung zu erreichen. Das Evaluierungsteam konnte sich im persönlichen Praxistest vor Ort vom nutzbringenden Einsatz von VRT (Virtual Reality Training) oder Camera Glasses überzeugen.

Ein weiterer ALP-Award in der Supplier-Kategorie geht eineinhalb Flugstunden weiter nordöstlich ins rumänische Timisoara. Das dortige Continental Automotive Werk, welches Airbag Controller und Fahrzeuginstrumente produziert, stand vor der Herausforderung, sich von einem Best-Cost-Werk mit abzuarbeitendem Produktionsprogramm zu einem Vollwerk mit hohem technischen Know-how zu entwickeln. Im Rahmen des Continental Business Systems CBS hat sich das Werk in Form des Timisoara Production Systems eigene Schwerpunkte gesetzt. Hervorgehoben werden die Standard- und Visualisierungskonzepte, die konsequent angewandt, laufend weiterentwickelt und teilweise auch von anderen Central Electronic Plant (CEP)-Standorten von Continental übernommen werden.

Die vielen jungen lokalen Mitarbeiter arbeiten Hand in Hand mit den zum Teil bereits langjährigen Mitarbeitern im Management mit hohem Erfahrungsschatz. Durch diese Kombination, das gute Shop-floormanagement und den komplett gelebten KVP-Gedanken konnte das Werk Timisoara in jüngster Zeit überdurchschnittliche Performance-Steigerungen erreichen. Eine führende Rolle im CEP-Werksverbund nimmt Timisoara demnach auch bei der Digitalisierung ein. Pilotprojekte zu Industrie 4.0 werden teilweise in enger Kooperation mit anderen CEP Standorten oder den Zentralabteilungen entwickelt, erprobt und angewandt. 

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