Nicht nur in Österreich hat Magna Steyr einen Ruf wie Donnerhall. Die Alpenländer sind überaus stolz auf ihren traditionsreichsten Autohersteller, der als Tochterunternehmen des Autozulieferers Magna International seinen Hauptsitz in Graz hat. Magna selbst besteht dabei aus höchst unterschiedlichen Konzernbereichen wie Power & Vision, Body Exteriors & Structures, Sitzen und Komplettfahrzeugen. In dem Bereich Fahrzeugbau wird unter anderem seit gut vier Jahrzehnten das Aushängeschild der Mercedes G-Klasse gefertigt. Dessen Angebot reicht vom normalen Kundenfahrzeug mit oder ohne AMG-Signet bis zur Schwerpanzerversion mit drei Achsen für Armeen in aller Welt.

Während in dem einen Magna-Komplex die kantige Mercedes G-Klasse vom Band läuft, geht es ein paar Meter weiter deutlich sportlicher zu. Schiedlich friedlich auf einer Linie entstehen hier die eng verwandten Brüder BMW Z4 Roadster und Toyota Z4. Beide Modelle wurden federführend bei BMW und Magna in Graz entwickelt. Toyota steuerte für das eigene Sportcoupé in erster Linie das Design und die hauseigene Feinabstimmung bei. Der Antrieb beider Modelle stammt ebenfalls von BMW und zusammengebaut wird das Fahrzeug für die weltweiten Märkte eben bei Magna in Graz. Auch Jaguar Land Rover setzt seit Jahren auf die Dienste von Magna Steyr, lässt seinen elektrischen Jaguar I-Pace in Graz fertigen und ebenso wie BMW Z4, Toyota Supra oder Mercedes G-Klasse in alle Welt transportieren. Aktuell ebenfalls in der österreichischen Auftragsfertigung: der BMW 5er Touring und der kompakte Jaguar E-Pace. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte liefen in der Steiermark so knapp vier Millionen Fahrzeuge vom Band. Zu den Modellen, die in den vergangenen 20 Jahren ebenfalls aus den modernen Fertigungshallen in Graz rollten, gehörten Fahrzeuge wie der Jeep Grand Cherokee, Chrysler Voyager, BMW X3, Saab 9-3 Cabriolet.

Doch Magna Steyr sorgt nicht nur für die Serien-, Kleinserien- und Prototypenfertigung oder Tests von Antriebssystemen. Zudem entwickeln die Österreicher für verschiedene Autohersteller neue Fahrzeuge in Abstimmung mit dem jeweiligen Autohersteller. Aktuelles Beispiel ist der Arcfox Alpha T. Der 4,76 Meter lange Elektro-SUV wurde für den chinesischen BAIC-Konzern in erster Linie für den lokalen Markt gemacht. Doch der elektrische Konkurrent von Audi E-Tron, Porsche Macan oder BMW iX3 soll 2022 auch nach Europa kommen. Die Serienfertigung findet in China statt - die Anpassungen für den europäischen Markt wird nach der Entwicklungsarbeit ebenfalls Magna Steyr übernehmen. Derzeit entwickeln die Grazer unter anderem den Fisker Ocean oder die ersten Entwicklungsträger des Sony Vision S, der vor eineinhalb Jahren seine überraschende Premiere auf der CES in Las Vegas feierte.

Magna betreibt Werke in der ganzen Welt

Ganz ähnlich sieht es bei Ineos und dem kantig kastigen Geländewagen Grenadier aus. Der höchst inoffizielle Nachfolger des urbritischen Land Rover Defender wird ab Mitte kommenden Jahres im ehemaligen Smart-Werk in Hambach gefertigt. Die Prototypen stammen jedoch ebenso wie große Teile der Entwicklungsleistung von Magna Steyr und spulen auch unter Magna-Regie einen Großteil ihrer Testkilometer auf und abseits der Straßen ab. Keine Überraschung daher, dass die Vorserienmodelle des rustikalen Ineos Grenadier sich ihre Offroad-Meriten auf dem Magna-Hausberg Schöckl verdienen mussten. Hier wird die Mercedes G-Klasse seit Mitte der 1970er Jahre auf Herz und Nieren im harten Gelände getestet.

Doch die Österreicher fertigen nicht nur Fahrzeuge oder Komponenten, sondern haben ein eigenes Design- und Aerodynamikcenter und eine große Entwicklungsabteilung für Antriebe, wo zahlreiche Autohersteller ebenfalls auf die flexiblen Kapazitäten zurückgreifen. So entwickelt Magna in Steyr ebenso wie an den anderen Standorten in Asien, Europa und Nordamerika auch Plug-in-Antriebsmodule, Elektromotoren, testet Akkutechnik, Komponenten und Fahrzeugelektronik. Auf dem hauseigenen Testgelände sind - streng gesichert - eine Vielzahl von Prototypen unterwegs, die bisweilen aussehen wie ganz normale Serienmodelle. Unter dem allzu bekannten Blechkleid von Jaguar I-Pace oder BMW X1 sind jedoch eigene Magna-Antriebe verbaut, die man dem ein oder anderen Autohersteller anbietet und sich so Aufträge für die Zukunft sichern will.

Die Auftragsbücher sind bei den kanadischen Österreichern voller denn je - auch wenn wohl nicht jedes Modell ein Dauerläufer wie die Mercedes G-Klasse werden dürfte. Dessen erste Prototypen hatte Magna Steyr bereits 1975 aufgebaut und die G-Klasse seit 1979 gefertigt. Und gerade seitdem die Mercedes G-Klasse seit Anfang der 2000er Jahre auch in den USA angeboten wird, bringt nahezu jedes Jahr einen neuen Verkaufsrekord. Mittlerweile sind es pro Jahr mehr als 30.000 Fahrzeuge. Dabei liegt der Basispreis des Mercedes G 350d in Europa bei über 100.000 Euro und das meistverkaufte Modell ist der AMG G63, der bei über 160.000 Euro startet.

Sie möchten gerne weiterlesen?