Ihm fällt der harte Job zu, VW aus der schwersten Krise der jüngeren Vergangenheit zu führen:

Ihm fällt der harte Job zu, VW aus der schwersten Krise der jüngeren Vergangenheit zu führen: Porsche-Chef Matthias Müller folgt auf Martin Winterkorn als Konzernchef. (Bild: Porsche)

Nach einer Marathonsitzung trat Interims-Aufsichtsratschef Berthold Huber mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, dem VW-Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh, Matthias Müller und Wolfgang Porsche um kurz nach 18:30 Uhr vor die Medien und verkündete, was an der Spitze so erwartet worden war: dem bisherigen Porsche-Chef Matthias Müller fällt die harte Aufgabe zu, den Diesel-Skandal in aller Konsequenz aufzuklären und dadurch noch größeren Schaden von Europas größtem Autobauer fernzuhalten. Die Überraschung: Hand Dieter Pötsch bleibt vorerst Finanzchef, über den Vorsitz des Aufsichtsrates wird in einer außerordentlichen Hauptversammlung am 9. November entschieden.

In einem kurzen Statement sprach Müller von einer großen Verantwortung, der er sich aber mit Zuversicht stelle. Direkt kündigte der 62-Jährige schärfere Compliance-Regeln an. Berthold Huber sprach davon, dass im Zusammenhang mit der Abgas-Affäre einige Mitarbeiter entlassen werden und bereits freigestellt sind. Um wen es sich handelt, sagte er nicht. Auch Müller erging sich mit Blick auf die neuen Konzernstruktur lediglich in Ankündigungen, gab aber soviel zu erkennen, dass diese weit gediehen seien. Fragen waren in der kurzen Pressekonferenz nicht zugelassen.

Auf den 62jährigen Müller warten in Wolfsburger gewaltige Aufklärungs- und Aufräumarbeiten. Eigentlich sollte Martin Winterkorn in den Wochen nach der ursprünglich für heute terminierten Vertragsverlängerung um zwei Jahre seine neue Strategie mit der neuen Konzernstruktur vorstellen. Der Chef ist weg, der Zeitplan dahin. Nun gilt die größte Aufmerksamkeit wohl dem Abgas-Skandal. Der birgt für den Konzern angesichts drohender Milliardenstrafen, juristischer Folgen und dem Imageverlust ein gefährliches Gemisch. Am einfachsten zu lösen dürfte da noch die Rückrufaktion sein. Es ist an Müller, hart aufzuklären, um die ramponierte Glaubwürdigkeit wieder herzustellen. Auch nicht zu vergessen: die unter Winterkorn gewachsene Kultur des Wegduckens und Einschüchterns muss weg.

“Wir brauchen für die Zukunft ein Klima, in dem Probleme nicht versteckt, sondern offen an Vorgesetzte kommuniziert werden”, fordert Betriebsratschef Bernd Osterloh. Der mächtige Arbeitnehmervertreter spielt damit auf ein Thema an, das VW schon länger beschäftigt: Es herrscht ein straffer Führungsstil, manche Manager sprechen gar von einem Klima der Angst. Osterloh sagt es so: “Wir brauchen eine Kultur, in der man mit seinem Vorgesetzten um den besten Weg streiten kann und darf. Wir brauchen eine Kultur, in der alle Abteilungen zusammenarbeiten, um Probleme zu lösen.” Eine gute Vorlage wie das gelingen kann, hat GM-Chefin Mary Barra im Zusammenhang mit dem – noch nicht ausgestandenen – Zündschloss-Skandal geliefert.

Hierfür ist der im Konzern hoch angesehene, bisweilen hemdsärmelig auftretende Müller die richtige Wahl. Zwar ist er im Konzern vielleicht sogar zu gut vernetzt, der 62-Jährige weiß aber, wie der Laden tickt und auch mit der mächtigen Arbeitnehmerseite kann der Manager, heißt es aus Wolfsburg. Andererseits gilt Müller als zielorientiert und entscheidungsstark. Und: angesichts der gravierenden personellen Änderungen in der Konzernführung brauche es integrative Fähigkeiten.

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Frank Volk

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