Opel Rüsselsheim

Wie geht es weiter mit den Dieselmotoren von Opel? (Bild: Archiv)

Was wird Opel genau vorgeworfen?

"Spiegel", "Monitor" und "Deutsche Umwelthilfe" hatten berichtet, dass sich die Abgasreinigung im 1,6 Liter Zafira-Diesel unter zahlreichen Bedingungen abschalte - wie hohe Geschwindigkeit, hohe Drehzahl und niedriger Außenluftdruck. Entsprechende Befehle habe ein Hacker in der digitalen Motorsteuerung gefunden. Bei abgeschaltetem Katalysator stößt der Wagen große Mengen gefährlicher Stickoxide aus. Im Gespräch mit der "Untersuchungskommission Volkswagen" hat Opel laut Verkehrsminister Alexander Dobrindt nun Abschaltungen bei hoher Geschwindigkeit und niedrigem Luftdruck eingeräumt. Das sei legal: "Unsere Motoren entsprechen Recht und Gesetz. Wir bei Opel setzen keine illegale Software ein", teilte das Unternehmen erneut mit.

Was muss Opel jetzt nachliefern?

Das Unternehmen hat zwei Wochen Zeit, die für weitere Prüfungen "notwendigen Einblicke" zu gewähren, wie Dobrindt sagt. Dazu gehörten "Software, Software-Details und Motorsteuerung". Welche Informationen und Unterlagen geliefert werden sollen, wollte das Ministerium auf Nachfrage nicht sagen. Auch Opel machte zunächst keine Angaben.

Was kann das Ministerium tun, falls der Verdacht sich bestätigt?

Der Zafira ist wie der ebenfalls verdächtigte Astra mit dem gleichen Motor für die EU in den Niederlanden zugelassen. Für einen Entzug der Typzulassung wären also die niederländischen Behörden zuständig. Man sei mit den Kollegen im Gespräch, sagt der Verkehrsminister. Vom freiwilligen Rückruf, der auf die bisherigen Nachprüfungen des Kraftfahrtbundesamtes folgte, waren auch Opel mit rund 90.000 Autos betroffen. Die Behörde hat bei Opel die gleichen Möglichkeiten wie bei VW: "Amtlicher Rückruf und ähnliche Maßnahmen", sagt Dobrindt.

Was hat Opel falsch gemacht?

Nach Ansicht des Auto-Experten Ferdinand Dudenhöffer war es ein Kommunikationsfehler, auf die Vorwürfe immer nur in stereotypen Sätzen zu antworten, statt auf die konkreten Inhalte einzugehen. Wenn nun beim Verkehrsministerium eingeräumt werden muss, dass die Abgasreinigung im Zafira noch nach weiteren Kriterien als dem schon bekannten "Thermofenster" ausgeschaltet wird, entsteht der Eindruck einer Salami-Taktik. "'Umparken im Kopf' ist das jedenfalls nicht", sagt Dudenhöffer in Anspielung auf die bekannte Image-Kampagne der Marke. Es gehe darum, ob die vorhandenen Abschalteinrichtungen noch als legal betrachtet werden könnten, sagt Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft Bergisch Gladbach. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, habe Opel Sinn und Zweck des Gesetzes missachtet. "Sie haben nun ein großes Problem mit der Glaubwürdigkeit."

Werden weitere Hersteller in Misskredit geraten?

Davon ist ziemlich sicher auszugehen. Bereits diese Woche Donnerstag müssen sich Verantwortliche von Fiat-Chrysler im Verkehrministerium erklären, weil sich bei ihren Diesel-Modellen die Abgasreinigung nach 22 Minuten Betrieb komplett abschalten soll. Branchenexperte Dudenhöffer erwartet noch eine ganze Reihe von Nachuntersuchungen und negativen Testergebnissen zu anderen Autos. Der Wissenschaftler von der Universität Duisburg-Essen sieht den Diesel ganz allgemein in der Krise: "Alle haben ein Problem mit dem Diesel. Die Diesel-Technologie fällt den deutschen Herstellern auf die Füße, weil sie zulange daran festgehalten haben." Zudem müsse der Staat seine falschen Subventionen für den Diesel-Kraftstoff beenden.

Was bedeutet die Krise wirtschaftlich für Opel?

Die Europatochter des US-Konzerns General Motors steht eigenen Angaben zufolge nach jahrelangen Milliardenverlusten kurz vor dem Sprung in die Gewinnzone und kann daher schlechte Nachrichten überhaupt nicht gebrauchen. Noch in diesem Sommer sollte für das Europageschäft erstmals wieder ein operativer Gewinn ausgewiesen werden, was angesichts frischer Modelle und eines stark verbesserten Marken-Images nicht unwahrscheinlich schien. Hohe Kosten für Nachrüstungen und ein massiver Vertrauensverlust seitens der Kunden könnten Opel-Chef Karl-Thomas Neumann den schönen Business-Plan verhageln, der nach der schwarzen Null weitere ehrgeizige Ziele für die kommenden Jahre aufweist.

Was bedeutet das für die künftige Strategie des Autobauers?

Wegen des vergleichsweise geringen Dieselanteils von rund 30 Prozent an der Gesamtflotte hat Opel eigentlich die besten Chancen, umzusteuern und sich schnell von dieser Motorenart zu verabschieden. Über die Mutter GM erhält man zudem 2017 mit dem Ampera-E einen Vollstromer, der eine Reichweite von sehr konkurrenzfähigen 300 Kilometern aufweisen soll. "Opel sollte daneben weiter auf spritsparende Benziner setzen", rät Bratzel. Dem steht aber entgegen, dass die Rüsselsheimer vor allem schwerere SUV-Modelle auf den Markt bringen wollen, für die meist durchzugstarke Diesel-Motoren geordert werden. Opel hat für diese Aggregate der neuen Generation eine Abgasreinigung an der Grenze des technisch Machbaren versprochen. Ob die Verbraucher darauf vertrauen, steht dahin.

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dpa