VW Kaluga

VW drängt in Russland darauf, dass die Steuererleichterung für die SKD-Fertigung länger als geplant weiter läuft. – (Bild: VW)

Hintergrund des Vorstosses der beiden Autokonzerne bei der russischen Regierung ist das berüchtigte “Dekret 166″. Erarbeitet wurde dieses 2013 unter dem damaligen Regierungschef und heutigen Staatspräsidenten Vladimir Putin. Ansatz: Nach dem Prinzip “Zuckerbrot und Peitsche” sollen globale Unternehmen “motiviert” werden, Produktion im Land aufzubauen. So kommen ausländische Autohersteller in den Genuss eines deutlich reduzierten Einfuhrzolls, wenn mindestens 300.000 Autos in Russland gefertigt werden. Und damit ja niemand auf die Idee komme, im Land nur stumpfe Endmontage zu betreiben, ist in dem Dekret der Ausbau lokaler F&E-Aktivitäten, die lokale Fertigung kostenintensiver Komponenten wie Rohbau, Motoren und Getriebe festgehalten. In Summe mündet dies in die Zielvorgabe eines lokalen Wertschöpfungsanteils von mindestens 60 Prozent.

Und ein wichtiger Unterpunkt: die SKD-Fertigung soll stufenweise in eine Vollproduktion überführt werden. Schließlich bringt diese Art der Fertigung, bei der – salopp gesagt – an bereits gefertigten Autos nur noch ein paar Komponenten verschraubt werden, dem Produktionsland nichts. Deshalb sollen jetzt noch gültige Steuervorteile bei der SKD-Fertigung fallen. Das Dekret 166 tritt 2016 in Kraft.

Schon 2013 hatten die Autobauer den Vorgaben zähneknirschend zugestimmt. Damals galt Russland aber noch als Hoffnungsmarkt, die Zahl produzierter Fahrzeuge lag bei 3,4 Millionen Einheiten und bis die Marke von drei Millionen verkauften Autos im Land fallen würde, schien es nur ein Frage der Zeit. Inzwischen haben sich die Vorzeichen radikal geändert. Das Absatzminus lag Ende Juli bei 35 Prozent, für das Gesamtjahr rechnet IHS Automotive mit gerade noch 1,61 Millionen verkauften Autos.

Angesichts der desolaten Lage haben VW und PSA laut der russischen Zeitung Kommersant um eine Verlängerung der SKD-Fertigung nachgesucht. Kommt diese nicht, müssten die Hersteller die Vollproduktion trotz einer eh schon schlechten Absatzlage weiter erhöhen. VW baut in Kaluga den Multivan, Touareg sowie einige Audi-Modelle in SKD-Fertigung zusammen. Ein Sprecher des Wolfsburger Konzerns wollte den Bericht aus Russland nicht bestätigen, räumte aber die Wichtigkeit der im Dekret 166 festgehaltenen Steuerbefreiung für die SKD-Fertigung ein.

Für IHS Automotive stellt die Verordnung einen kritischen Punkt zwischen ausländischen Herstellern und den russischen Behörden dar. Sollte Russland einer Verlängerung der SKD-Bestimmungen nicht zustimmen, halten es die Marktexperten für möglich, dass weitere Autobauer dem GM-Beispiel folgen und ihre Produktion in Russland dicht machen.

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Frank Volk

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