Bei der Vorstellung der Strategie 2025 hat VW-Boss Matthias Müller zugegeben, dass sich „Selbstgefälligkeit in den Konzern eingeschlichen hat.“ Mit der neuen Strategie soll sich das nun ändern. Es handelt sich um größten Veränderungsprozess der VW-Geschichte.

VW-Boss Müller präsentierte in Wolfsburg die Strategie 2025. (Bild: Volkswagen)

Gleich zu Beginn der Pressekonferenz in Wolfsburg erklärte Müller: „Wir haben gute Zahlen, die Beschreiben aber nicht das gesamte Bild.“  Struktur, Kultur und Effizienz bilden sie nämlich nicht ab – und da sehe es beim Volkswagen Konzern nicht so gut aus.

Der Veränderungsdruck sei jedoch auch ohne den Abgas-Skandal da gewesen. Denn Mobilität als Produkt werde derzeit neu definiert. Und so soll nun VW zum weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität werden. Die Basis dafür ist laut Müller vorhanden. Der Konzern verfüge – trotz Dieselgate - über solide Finanzen. Außerdem ermögliche die Eigentümer-Struktur des Autobauers langfristige Planungen.

Im Fokus der Strategie 2025: Die Neuausrichtung des Komponentengeschäfts. Das wird künftig gebündelt und ein eigener Geschäftsbereich. Müller erhofft sich davon mehr Transparenz und unternehmerische Freiheit. Das neue Unternehmen soll dann zunächst nur den Bedarf der VW-Konzernmarken decken. Auf lange Sicht könnten auch jedoch andere OEMs zu den Kunden zählen. Müller: „Wir werden uns mit dem Komponentengeschäft dem externen Wettbewerb stellen.“

Diese Maßnahme ist auch Teil der Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung, die der Konzernchef plant. Er hat dabei die gesamte Wertschöpfungskette im Blick. Sowohl die Sachinvesitionen als auch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung wollen die Verantwortlichen des Autokonzerns erheblich senken. Auch bei Vertrieb und Verwaltung werden die Kosten unter die Lupe genommen und der Rotstift angesetzt.

Das soll die Finanzierung der notwendigen Zukunftsinvestitionen sichern. Denn an den Megatrends der Branche wie E-Mobility und autonomes Fahren kommt auch der Volkswagen-Konzern nicht vorbei. Sie rücken deshalb in die Mitte des Veränderungsprozesses. Die Ziele sind ambitioniert, Müller: „Wir wollen Vorreiter bei der E-Mobility sein, die Batterietechnik muss unsere Kernkompetenz werden.“ Bis 2025 sollen mehr als 30 batterie-elektrische Autos auf den Markt kommen. Volkswagen-Boss Müller kommentiert: „Die Elektromobilität soll das Markenzeichen der VW AG werden.“ 2 bis 3 Millionen Stromer will der Konzern über alle Marken hinweg pro Jahr bis 2025 verkaufen. Das entspricht einem Anteil von 25 bis 30 Prozent des Gesamtabsatzes. Vor allem in China wittert Volkswagen ein gutes Geschäft. Allerdings erwartet Müller auch „in Deutschland in absehbarer Zeit einen Run auf E-Autos.“

Auch wenn die batterie-elektrischen Autos nun in den Fokus gerückt sind, soll die Brennstoffzelle nicht ins Hintertreffen geraten. Die Arbeit an Fahrzeugen mit Wasserstoff als Treibstoff werde nicht zurückgefahren oder gar eingestellt. „Wir werden bereit sein, wenn die Zeit für diese Technologie gekommen ist“, verspricht Müller.

Gleichzeitig will die VW AG die Entwicklung des autonomen Fahrens weiter forcieren. 1.000 zusätzliche Software-Entwickler wird das Unternehmen dafür einstellen. Auch sie sollen es ermöglichen, dass Volkswagen ab 2021 mit voll-autonomen Fahrzeugen aus eigener Entwicklung in den Markt gehen kann.

Selbstfahrende Autos spielen eine entscheidende Rolle in den Zukunftsplänen des Autobauers, bilden sie doch eine der Grundlagen für zukünftige Mobilitätslösungen. Die werden künftig ein eigenständiges Geschäftsfeld mit Sitz in Berlin sein. Dass die Mobilitätslösungen ihren Sitz in der Hauptstadt haben, hat einen guten Grund. Müller erklärt: „Dort hat das Geschäftsfeld ausreichend Distanz zu Wolfsburg, Ingolstadt oder Stuttgart. Das ist der Beweis, dass wir es ernst meinen mit der Unabhängigkeit.“ Kern des neuen Geschäftsfelds bildet der Mobilitätsanbieter Gett – in den hatte VW unlängst 300 Millionen Euro investiert. Ziel sei es den Kunden künftig mit passgenauen Mobilitätslösungen anzusprechen. Gleichwohl gab Müller zu, dass er nicht wisse wie 2025 die Mobilität aussehen werde. Mit dem sogenannten Ride-Hailing habe VW aber auf ein gutes Pferd gesetzt.

Doch nicht nur die Pkw-Sparte soll sich vom reinen Autobauer zum Mobilitätsanbieter wandeln, auch das Nutzfahrzeuggeschäft soll da künftig mitziehen. Laut Müller lautet das Motto: „Vom Nutzfahrzeug-Hersteller zum Anbieter intelligenter Transportlösungen.“

Damit der Wandel gelingt, müsse der Konzern jedoch seine Denkstrukturen ändern. So dürfe man sich mehr Illusion hingeben, alles selbst entwickeln zu können. Stattdessen seien intelligente Investitionsstrategien geplant. Das spare Zeit und Geld im Vergleich zu eigenen Entwicklungen.

Dieses Credo gilt auch für das Thema Budget Car, das ebenfalls zur Strategie 2025 zählt. Auch hier möchte sich VW nicht nur auf die eigenen Kräfte verlassen. Mit asiatischen Partnern wolle man für die jeweiligen Märkte zugeschnittene Modelle entwickeln. Gespräche darüber befinden sich schon im fortgeschrittenen Stadium. Wenngleich im Low-Budget-Segment das ein oder andere Auto dazu kommt, will Müller die Stand heute 340 verschiedenen Modellvarianten über alle Marken hinweg reduzieren. Darüber hinaus beabsichtigt der Winterkorn-Nachfolger auch die Baukasten-Ausrichtung zu straffen. Müller: „Wir waren dabei, uns bei den Baukästen zu verzetteln.“ Künftig soll es nur noch vier große Baukästen geben: Budget-Cars, Volumenmodelle, Premiumfahrzeuge und Sportwagen.

Der Rahmen für die Gestaltung der Zukunft des Konzerns ist also gesetzt. Konzernmarken, Regionen und Geschäftsfelder müssen diesen nun mit Leben füllen, so die Forderung von VW-Boss Müller. Denn der Wandel müsse jetzt geschehen, bereits in fünf Jahren sei der Zug abgefahren.

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