AUTOMOBIL PRODUKTION: Ein ganz großer Schritt ist auch der Kulturwandel. Du kannst den sicher anstoßen. Aber wie wird er in die Marken getragen? Ist der nächste Schritt in der Strukturentwicklung, dass jede Marke einen Chief Digital Officer bekommt? Audi sucht ja gerade einen.
Ich habe bereits jetzt in jeder Marke einen Digitalisierungsverantwortlichen;  unabhängig davon, ob er Chief Digital Officer heißt, oder einen anderen Titel hat. Das ist mein engster Kreis, in diesem stimmen wir uns ab über laufende Projekte und die nächsten Schritte. Dementsprechend ist das gewissermaßen ein Nukleus der Transformation.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Steht denn bereits jetzt die Struktur, um für die Umsetzung der Digitalisierung in alle Unternehmensbereiche hinein zu wirken?
Die Struktur haben wir. Wir haben nicht nur die Digitalisierungsverantwortlichen der Marken, mit denen wir eng zusammen arbeiten, wir sind auch auf der funktionalen Ebene sehr gut vernetzt – auch nach oben. Ich bin regelmäßig im Konzernvorstand mit unseren Themen und zur Digitalisierungsstrategie, zum einen um über die Fortschritte zu berichten, zum anderen um künftige Themen anzustoßen und zur Entscheidung zu bringen.

Johann Jungwirth im Gespräch mit AP-Redakteur Frank Volk
(Bild: Wolf-Peter Steinheißer)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was sind denn die drei wichtigsten Punkte für die nähere Zukunft?
Wir müssen in allen drei Dimensionen der aktuellen Disruption der Automobilindustrie führend den Wandel gestalten: vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb, von uns Menschen als Fahrer zu selbst-fahrenden Fahrzeugen und von Ownership zur Shared Mobility-on-Demand. Wir haben die Chance die Mobilität zu demokratisieren und die soziale Mobilität zu erhöhen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Kennst du das Sprichwort, dass es nichts Schlechtes gibt, was auch was Gutes hat?
Ja, klar.

Vita Johann Jungwirt, Volkswagen

AUTOMOBIL PRODUKTION: Inwieweit hat da der Abgasskandal geholfen, um die Notwendigkeit eines schnelleren Wandels vor Augen zu führen?
Das hat Matthias Müller auch vor kurzem so bestätigt, dass diese Thematik wie ein Katalysator gewirkt hat. Vermutlich wurde dadurch das Bewusstsein geschärft, dass es einen Wandel braucht und, dass es diesen schnell braucht. Ich habe mich ebenfalls aktiv in der Krise für den Konzern entschieden, weil ich einfach der festen Überzeugung war, dass die Offenheit für Veränderungen und die Bereitschaft diese wirklich extrem wichtigen Themen anzupacken absolut und mit voller Ernsthaftigkeit da ist. Ich kann nach acht Monaten im Konzern nur sagen: alles ist so eingetreten, wie ich es erwartet habe und es ist ein ganz, ganz massiver Wandel im Gang. Das wurde erkannt und es ist großartig, wie alle am gleichen Strang ziehen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Das heißt, Volkswagen kann im Rennen um die Mobilitätszukunft gegen die IT-Riesen bestehen?
Ich möchte das anders formulieren. Mir geht es nicht um ein Rennen mit dem Silicon Valley. Wir  haben ganz klar die Substanz, als Gewinner aus dieser Disruptionsphase der Automobilindustrie hervorzugehen. Das schließt neue Partnerschaften auch mit dem Silicon Valley ein. Wichtig ist doch letztlich, dass wir die Herausforderungen für die neue Mobilität meistern, um auch die Gesellschaft insgesamt weiter zu bringen. Das ist für mich eine unheimlich große Motivation und ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Energie, die Kraft, den Mut und auch die Mittel haben, dass wir wirklich Mobilität für alle anbieten können. Für mich ist es ein unheimliches Privileg und eine große Verantwortung, diesen Wandel, diese Neuerfindung der Mobilität in einem Konzern wie Volkswagen mit über 600.000 Mitarbeitern mitgestalten zu dürfen.

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