AUTOMOBIL PRODUKTION: Hängt es damit zusammen, dass Deutschland eine Autonation ist und wir so viele OEMs haben?
Aus meiner Sicht gibt es drei Gründe für die Diskrepanz: Punkt eins: In Deutschland ist man "Automobil-affiner" als in vielen anderen Ländern. Mit Automobil-affin meine ich, man mag das Autofahren und glaubt, dass man es auch gut beherrscht. Das steht im Gegensatz zu China oder Singapur, wo viele Menschen ganz offen zugeben, dass sie weder gut noch gerne Auto fahren. Dieser Ehrgeiz, ein guter Autofahrer zu sein, ist schon sehr fundamental kontinentaleuropäisch und sehr deutsch.


Punkt zwei betrifft das Thema Infrastruktur: In Deutschland haben wir mehrheitlich mittelgroße Städte, die manchmal Staus aufweisen, aber längst nicht solche Staus, wie wir sie in vielen Wachstumsmärkten sehen. In Schanghai, Tokio oder Mumbai macht Autofahren wirklich keinen Spaß.


Der dritte Punkt: Wie tickt die Autoindustrie? In den USA mischen teilweise inzwischen die Technologieunternehmen die Branche auf und sind deutlich interessierter daran, autonomes Fahren zu fördern, als die klassischen Automobilhersteller. In Deutschland gibt es weniger von diesen disruptiven Technologieunternehmen, wir orientieren uns sehr stark an der klassischen Automobilproduktion.

Autonomes Fahren Volvo

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie haben ja in der Studie herausgearbeitet, dass die Kunden es begrüßen würden, das Thema autonomes Fahren lieber mit einem Fahrzeug eines traditionellen OEMs anzugehen, weil das Vertrauen in die klassischen Marken einfach höher ist. Was sagen die OEMs dazu?
Das Thema Vertrauen spielt beim autonomen Fahren eine große Rolle. Der Kunde fragt sich: Kann ich dieser Firma oder diesem Fahrzeug mein Leben anvertrauen? Ich habe die Studie mit vielen OEMs diskutiert. Die freuen sich natürlich über das Vertrauen der Verbraucher, waren zum Teil aber auch überrascht. Auf jeden Fall ist dieses Vertauensvotum eine tolle Basis, um die diversen Entwicklungspläne der OEMs zu beschleunigen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie haben Ende Juli eine Blitzumfrage gemacht, inwiefern sich die Einstellung der Konsumenten zum autonomen Fahren nach den Tesla-Unfällen verändert hat. Was kam heraus?
Wir wollten wissen, wie sich die Einstellung zum Thema autonomes Fahren verändert hat, nachdem die Medien sehr breit über die Tesla-Ereignisse berichtet hatten. Das Ergebnis für Deutschland ist erstaunlich: Die ohnehin zurückhaltendere Einstellung der Deutschen ist nochmals leicht zurückgegangen. In den USA blieb das Ergebnis nahezu gleich, und die chinesischen Endkonsumenten zeigten sich vollkommen unberührt. Unser Fazit: Es zeigt sich nach diesen Unfällen ein weiteres Auseinanderdriften der Einstellungen auf der Welt.

Sie möchten gerne weiterlesen?