AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie viel Geld sind die Kunden bereit, mehr für ein autonomes Auto zu bezahlen?
Zwischen 30 und 50 Prozent der Endkonsumenten sind im Schnitt bereit, deutlich mehr für ein autonomes oder teilautonomes Fahrzeug zu bezahlen – bis zu 5.000 US-Dollar Aufpreis. Das ist faszinierend, denn 5.000 US-Dollar sind für die meisten Menschen sehr viel Geld. Kritiker sagen zwar, der Endkonsument wird diesen Aufpreis nicht mehr zahlen wollen, wenn die Technik erst einmal verfügbar ist. Aber das glaube ich nicht. Ich glaube, die Endkonsumenten wissen schon heute, warum es ihnen diese Summe wert ist. Drei Beispiele: Ein Endkonsument mit einem autonomen Fahrzeug kann fünf Kilometer weiter vom Stadtzentrum entfernt wohnen, ohne den längeren Pendelverkehr persönlich fahren zu müssen. Das reduziert seine Miete um 200 Dollar pro Monat; aufs Jahr gerechnet, sind das schon 2.400 Dollar. Oder: Wenn ich ein autonomes Fahrzeug habe, brauche ich kein komplementäres S-Bahn- oder U-Bahn-Ticket mehr, weil ich alle Strecken – ungeachtet der Zeit oder des Verkehrsaufkommens – autonom fahren kann. Das spart im Monat 50 Dollar, im Jahr 600 Dollar. Oder: Wenn ich mit meinem normalen Auto in die Stadt, etwa zur Oper fahre, gebe ich pro Monat mindestens 50 Dollar an Parkgebühren aus. Wenn mich das Auto aber absetzt und wieder abholt, spare ich diese ein. Egal, welches Szenario – ich habe die 5.000 Dollar fast immer in zwei oder drei Jahren wieder drin. Das heißt, der Endkonsument hat einen sehr klaren Business-Case vor Augen. Dazu kommt, dass er auch noch mehr Komfort bekommt, weil er im Stau nicht mehr selbst lenken muss.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie viel Aufpreis ist denn realistisch für ein autonomes Fahrzeug?
Wir haben ausgerechnet, dass alle Kameras, alle Sensoren, alle Computer, alle Radarsysteme, die ich für ein autonomes Fahrzeug benötige, etwa 6.500 US-Dollar kosten. Das ist ziemlich nahe an den 5.000 Dollar, die der Endkonsument bereit ist mehr zu zahlen. Das heißt: Im Unterschied zur Elektromobilität, wo die Zahlungsbereitschaft und die tatsächlichen Kosten um Welten auseinanderliegen, sind wir hier relativ nahe beieinander.

Vita Dr. Nikolaus Lang, BCG

AUTOMOBIL PRODUKTION: Elektromobilität und autonomes Fahren werden meist in einem Atemzug genannt. Das ist in Ihrer Studie nicht so. Warum?
66 Prozent der Befragten haben angegeben, dass ein autonomes Fahrzeug für sie elektrisch oder hybrid sein muss. Insofern besteht da schon eine Verbindung. Und auch in all unseren urbanen Mobilitätsszenarien, die wir gerechnet haben, war implizit, dass die autonomen Fahrzeuge elektrisch betrieben sein werden. Die meisten autonomen Fahrzeuge eignen sich perfekt für die Elektromobilität, weil sie im Schnitt auch langsamer fahren. So können die Autos wunderbar nach dem Absetzen des Fahrers an eine Ladestation fahren, wo sie sich dann in der Parkzeit aufladen. Nicht zuletzt gehe ich davon aus, dass autonomes Fahren nur in Kombination mit der Elektromobilität von den Städten gefördert wird. Die 50 Städte, mit denen wir gesprochen haben, gaben ganz klar an, dass sie autonome Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor nicht fördern würden.


Meines Erachtens ist die Kombination aus Elektromobilität, Konnektivität und Autonomie das neue Paradigma der Autoindustrie. Dem müssen wir uns stellen.

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