AUTOMOBIL PRODUKTION: Welchen Kostenhub kriegen Sie hin, wenn ihre beiden Architekturen und der Antriebsbaukasten wirklich perfekt zueinander passen?
Der Kostenhub kommt nicht ausschließlich aus diesem Thema, aber die strategische Robustheit. Weil niemand weiß, wie schnell die Elektromobilität beispielsweise in China abhebt. Oder wie schnell sich die E-Fahrzeuge in den USA oder Europa entwickeln. Und auch unser 7er müsste irgendwann elektrifiziert werden, wenn in China nur noch E-Auto erlaubt sein würden. Wir sind dank unserer Architekturen vorbereitet.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ist das die Ankündigung eines 7er BEVs?
Nein. Das ist einfach ein Fallbeispiel.

6,1 Mrd. hat die BMW Group 2017 für F&E ausgegeben. Eine Milliarde mehr, als im Jahr zuvor. Ein Großteil davon floss in Elektro-Mobilität.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Theoretisch ist er aber in seiner nächsten Generation möglich?
Ich kann jedes Auto, das auf diesen beiden Architekturen steht, mit einer der drei Antriebsvarianten ausstatten. Wenn es die Nachfrage dazu gibt. Ich kündige also kein Auto an, sondern die Fähigkeit, Autos kurzfristig liefern zu können.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Welche Werke können diese Fahrzeuge 2021 produzieren – alle Werke?
Die bereits beschlossenen 12 Batteriefahrzeuge kommen aus unterschiedlichen Werken, die wir bis dahin befähigt haben. Oxford kann schon Plug-in-Hybride fertigen und macht ab 2019 zusätzlich noch die BEV-Version. Auch Regensburg wird gerade für Plug-in-Hybride befähigt. Wir rollen die Befähigung der Werke mit den Produkten aus.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie bündeln alle Entwicklungsprojekte für Fahrerassistenzsysteme und hoch- bzw. vollautomatisiertes Fahren am Standort Unterschleißheim bei München. Warum?
Wir stecken seit 2015 sehr viel Zeit und Herzblut in dieses Projekt. Unser Anspruch dabei ist klar definiert: Wir wollen auch beim sicheren autonomen Fahren eine Führungsposition einnehmen. Einer der Meilensteine in unserem „project i 2.0“ ist dieser Campus hier. Ich halte das vollautomatisierte Fahren – im Gegensatz zu manchen ‚Marketing-Genies‘ – für eine riesige Herausforderung. Es geht um nicht mehr oder weniger, als die menschliche Sinneswahrnehmung und die Denk- und Entscheidungsleistung des Gehirns durch ein intelligentes System zu ersetzen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Aber wollen das die Kunden wirklich?
Das autonome Fahren wird, da es ein Sicherheitsthema ist, politisch genauso getrieben werden wie zum Beispiel die Einführung von Sicherheitsgurten. Fahrerassistenzsysteme nehmen eine immer bedeutendere Rolle ein. Sie werden zukünftig zum Beispiel den EuroNCAP nur noch mit fünf Sternen bestehen, wenn in der Serienausstattung des Autos eine Mindestanzahl an Fahrerassistenzsystemen drin ist.  

AUTOMOBIL PRODUKTION: Gibt es diese NCAP-Anforderungen schon, oder wann kommen die?
Die kurzfristig geänderten und weltweit unterschiedlichen Anforderungen sind genau das Thema. Eine verlässliche Regulierung ist daher entscheidend.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Gibt es Empfehlungen von Ihnen für die Behörden?
Wir bringen unsere Expertise und Meinung ein. Ich gehe davon aus, dass China hier am Schnellsten unterwegs sein wird. China wird mit großer Konsequenz in die Systeme einsteigen, genauso wie das Land in die Elektromobilität eingestiegen ist: in einem geschützten Heimatmarkt ihre Wettbewerbsfähigkeit erst herstellen und dann die Exportfähigkeit vorbereiten.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ich fände es als Kunde hilfreich, wenn ich beim Kauf eines Fahrzeugs wüsste, welche Systeme in welchem Level ganz konkret drinstecken. Nur so kann man vergleichen…
Die Diskussion ist in der Tat verwirrend. Wir haben heute einen Level 2 Autobahnassistenten bei BMW, der übernimmt die  Längs- und Querführung bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h. Da muss man in kurzen Abständen das Lenkrad berühren. Level 3 heißt, ich kann von 0 bis 60 km/h das Lenkrad auch mal zehn Minuten los lassen. Aus der Kundenperspektive ist vielleicht unser Level-2-Angebot viel relevanter und bringt mehr Nutzen als ein sehr eng spezifiziertes Level-3-System.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie arbeiten mit Intel und Mobileye zusammen. Angeblich wollen Sie einen neuen Autohersteller mit in diese spezielle Kooperation nehmen. Wer ist das?
Wir wollen eine „Open Platform“ und sind insofern interessiert, dass wir möglichst viele Automobilhersteller unter ein Dach bringen, um gemeinsam eine Standardisierung zu erreichen. Denn aus unserer Sicht wird es über kurz oder lang zu einer Standardisierung kommen, da sicherheitsrelevante Aspekte betroffen sind. Für mich ist das dauerhaft kein differenzierendes Thema. Dementsprechend bin ich interessiert, dass wir zum Beispiel Entwicklungsaufwendungen teilen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Könnte es für Sie hilfreich sein, dass Delphi und Mobileye schon 2019 ein herstellerunabhängiges System auf den Markt bringen wollen?
Also das würde mich wundern. Im Augenblick gibt es keine Systeme, die vollautonom fahren können und noch keine Sensoren in der Qualität, die dafür notwendig sind.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wenn es stimmt - würde es Sie beeinträchtigen?
Wir stehen mit beiden Unternehmen in sehr gutem Austausch und arbeiten zusammen. Auch sie verfolgen das Ziel einer Normierung. Daher bin ich da entspannt.

Lebenslauf von Klaus Fröhlich, Entwicklungsvorstand bei BMW.

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