Cockpit der Zukunft von Continental. Höherer Personalisierungsgrad und Bedienung mit Hilfe von Biometrie.
Höherer Personalisierungsgrad etwa bei den Themen Fahrzeugzugang sowie der Bedienung mit Hilfe von Biometrie. Bild Continental

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie wirken sich die großen Trendthemen auf das Verhältnis Zulieferer und OEMs aus?
Was von einem Tier1 wie Continental erwartet wird, ist natürlich, dass man sich mit dem System auseinandersetzt und man mit Vorschlägen hinsichtlich der Architektur kommt. Angefragt werden freilich nach wie vor Produkte. Aber das eine ist das Heran-Arbeiten an neue Themen und das andere ist die spätere Vergabe. In dem Zusammenhang haben sich das Verhältnis und die Aufgabenstellung über die Jahre schon gewandelt. Früher war es mehr schwarz-weiß, es war klarer und fester. In Produkten ausgedrückt: Welches Kombiinstrument sieht aktuell zur Serie hin noch so aus, wie es im Auftrag vergeben wurde? Bei einer Head-Unit etwa macht man gar nicht mehr den Ansatz, eine Spezifikation zur Auftragsvergabe festzulegen, da die neuesten Möglichkeiten ja noch berücksichtigt werden sollen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was bedeutet dies für Ihre Entwickler?
Das führt in dieser software- und designgetriebenen Welt dazu, dass viel mehr Anpassungen notwendig sind. Für einen Zulieferer wie uns bedeutet das, dass die Plattformen im Prinzip schon stehen, wenn die Aufträge vergeben werden. Und wir so auch noch die Kraft haben, diese Applikationsvielfalt mit zu unterstützen. Was mir hierbei im deutschen Umfeld – getriggert von den OEMs – gut gefällt, ist, dass wir uns bei den Fragen, wem die Daten gehören und wie man damit umgeht, gut einbringen konnten. Und da ist in meinen Augen das erste Mal ein Stück weit Neutralität und Klarheit geschaffen worden.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was gefällt Ihnen an der Lösung?
Solche, die ausschließlich für das Gemeinwohl von Interesse sind, wie Rettungsdienst-Informationen, die allen zur Verfügung gestellt werden sollen. Dann gibt es einen anderen Satz Daten, der der Produktpflege beziehungsweise kontinuierlichen Verbesserung dient. Wichtig ist dabei eine Vereinbarung zwischen OEM und Fahrzeughalter, dem jeweiligen Zulieferer einer Komponente dieser Daten zur Verfügung zu stellen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Etwa Updates?
Beispielsweise. Oder auch über das Produkt zu lernen, wie es sich über einen Zeitraum verhält. Die Möglichkeit hätte man ja jetzt mit den neuen Technologien. Die können entweder OEM-differenzierend sein oder für Services differenzierend. Auch an dieser Stelle muss wieder eine Vereinbarung zwischen dem Halter und dem OEM getroffen werden, dass solche Informationen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Womit wir sehr vorsichtig umgehen, sind all die Themen, die mit persönlichen Daten zu tun haben, denn die gehören dem Fahrer.

Berufliche Stationen von Helmut Matschi, Continental

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie könnte eine Zusammenarbeit mit Google aussehen, deren primäres Interesse in personalisierten Daten liegt?
Die Frage ist, um welche Form der Zusammenarbeit es sich handelt? Natürlich integrieren wir Android Auto. Aber auch hier muss der Anwender unterschreiben oder mit einem Klick akzeptieren, dass die Daten übertragen werden. Das ist eine direkte Vereinbarung zwischen dem Anwender und Google. So wie heute mit Ihrem Smartphone, machen Sie das dann auch im Fahrzeug.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Hinter dem Plattformgedanken steht für Sie also der sichere Transport von Daten? Gehen künftige Kooperationsmodelle nicht noch weiter?
Die sichere Datenübertragung ist sicherlich eine wichtige Aufgabe. Wenn wir als Continental allerdings komplette Services anbieten, vom Fahrzeug bis hin zum Backend, wie etwa beim Flottenmanagement mit Zonar, sind wir nicht primär für die sichere Datenübertragung zuständig, sondern realisieren den kompletten Service. Auch das ist ein zukünftiges Betätigungsfeld von Continental.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Stichworte Personal im Entwicklungsbereich: Finden Sie noch die richtigen Ingenieure? Welche Rolle spielt dabei der Standort Regensburg in Zukunft?
Regensburg ist Headquarter für zwei unserer fünf Divisionen, für Powertrain und Interior. Damit hat der Standort natürlich eine gewisse Größe. Von den gut 8.000 Menschen hier sind 6.000 in erster Linie in der Entwicklung und Administration beschäftigt – ein sehr großer und wichtiger Entwicklungsstandort für Continental. Aber natürlich haben wir unsere Entwicklungen über die Welt verteilt. So gibt es nicht den einen Continental-Entwicklungsstandort. Zum Beispiel sind die ganz großen Themen immer stärker Software-lastig. Das heißt, der Anteil von Software an Forschung und Entwicklung wächst kontinuierlich. Und die größten Einzelstandorte für Software sind heute in Rumänien und Indien.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Weshalb Rumänien?
Wir haben früh festgestellt, dass die Rumänen nicht nur in der Fertigung, sondern auch beim Thema Software mit vorne dabei sind – auch dank der guten Universitäten vor Ort, mit denen die Zusammenarbeit sehr positiv läuft. Auch bei Diversity und Frauenanteil sind die Rumänien sehr gut aufgestellt. Daneben ist Indien stark aufstrebend. Ich komme gerade aus unserem Tech-Center dort, an dem wir pro Jahr an die 500 Leute einstellen. Das ist sehr dynamisch. Wir arbeiten dort zum Beispiel am eHorizon, für den natürlich auch einiges in Deutschland, in München und in Regensburg, läuft. Und selbstverständlich ist das Silicon Valley für uns enorm wichtig. Dort haben wir die Business Unit Intelligent Transportation Systems gegründet. Natürlich spielt China weiterhin eine ganz große Rolle. Begonnen haben wir in Shanghai, wo wir mittlerweile aus allen Nähten platzen. Es steht die Überlegung an, wie es dort weitergehen wird.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Decken Sie in Europa denn bereits alles ab?
Wenn wir uns die westliche Hemisphäre anschauen, dann sehen wir ziemlich klar, dass es schwieriger wird, Menschen zu bekommen. Daher überlegt man, ob es Sinn ergibt, stärker in andere Gebiete zu gehen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Gibt es also dieses Rennen um die besten Köpfe?
Im Fachkräfte-Umfeld personell immer alles 1:1 umzusetzen zu können, ist sicher nicht einfach. Aber als Continental mit unseren spannenden und vielfältigen Aufgabenstellungen haben wir schon einen Vorteil, an die Leute ranzukommen, die wir gerne haben wollen. In Europa ohnehin. Sind wir aber in den USA schon so bekannt, wie wir es gerne wären? Nein, noch nicht. Dort heißt es kontinuierlich daran zu arbeiten. Ähnlich verhält es sich in Asien. In Japan etwa den gleichen Stand zu haben wie ein japanischer Zulieferer, geht noch nicht. Wenn ich mir aber die Fortschritte ansehe, die wir in verschiedenen Ländern machen, dann sehe ich, dass wir viele Möglichkeiten haben.

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