Ralf Speth, JLR-Chef im Interview lächelnd.

Seit Februar 2010 ist Dr. Ralf Speth Chef von der Jaguar Land Rover Gruppe (JLR). (Bild: Nick Dimbleby/JLR)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Herr Dr. Speth, einen großen Ruf haben Jaguar und Land Rover schon lange, nach den schweren Jahren bei Ford und dem Kauf durch Tata gab es ja keine günstigen Prognosen mehr für die Zukunft…
Ja, so kann man sich täuschen. Unsere Truppe ist wirklich exzellent.  Wir haben international renommierte Designer, tolle Techniker und seit wir das große Glück haben, die Produkte alle entwickeln und umsetzen zu können, die uns selbst vorschweben, zeigt sich die ganze Leistungsfähigkeit, außergewöhnliche Autos zu schaffen.  Wir machen die automobile Welt bunter.  Wir sind die britische Alternative.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wann haben Sie denn diese positive Erfahrung mit den Engländern gemacht?  In Ihrer Zeit bei BMW haben Sie die Rover-Übernahme miterlebt und das war ja eher ein betrübliches Kapitel.
Ich durfte die Rover-Geschichte bei BMW schon hautnah erleben und dann später bei der Premium-Automotive-Group nochmals. Jetzt ist das eine ganz neue Geschichte. Unser Shareholder Tata eröffnete uns die Möglichkeit, eigenverantwortlich unsere Vision darzulegen und die resultierende Strategie zu entwickeln. Wir definierten den maßgeschneiderten JLR Weg: mehr oder weniger gleichzeitig zu restrukturieren und das Unternehmen auf mittel- und langfristigen Erfolg auszurichten. Herr Ratan Tata hat das Potential der Marken erkannt. Ohne ihn würde es JLR heute nicht geben.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ist es so, wie es von außen wirkt, dass Tata Ihnen viel Raum lässt, die Dinge so umzusetzen, wie Sie sich das vorstellen?
Für mich ist es ein absoluter Traumjob. Es ist in der Tat so, dass wir völlig freie Hand haben diese zwei hochinteressanten Marken mit unwahrscheinlichem Potenzial weiterzuentwickeln. Aber, wir müssen auch liefern. Wir müssen uns heute selbst finanzieren – und das können wir auch.

Zitat von Ralf Speth, CEO von JLR

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie zahlen die Freiheit mit starkem Wachstum zurück. Sie  haben darauf eher zurückhaltend reagiert und bemerkt, dass es hätte besser sein können. Was fehlt Ihnen noch zu Ihrem CEO-Glück?
Wir wuchsen 16 Prozent. Aber die Ziffer ist nicht so wichtig, solange das Vorzeichen stimmt. Ich bin Franke und die sind nie zufrieden. Es ist Teil meiner Profession, immer ein bisschen mehr zu wollen. Davon abgesehen, bin ich schon stolz auf das was wir bislang erreicht haben. Seit 2009 haben wir unsere wesentlichen Kennzahlen deutlich verbessert. Und, wenn ich auf das Produktportfolio schaue, das wir in vergangenen Jahren entwickelt haben, kann ich nur sagen: Chapeau an die Mannschaft, die das qualitativ hochwertig umgesetzt hat. Auf der anderen Seite glaube ich, dass wir mit diesem überzeugenden Produkt-Portfolio, das wir heute anbieten, international durchaus noch mehr erreichen sollten.


AUTOMOBIL PRODUKTION: Was wäre denn so ein Erfolg in Zahlen? 2016 waren es knapp über 600.000 Einheiten.
Wir sprechen grundsätzlich nicht über Zahlen. Aber ich sehe noch deutlich Potenzial, gerade wenn ich auf das aktuelle Jahr schaue. Wir haben das erste volle Verkaufsjahr für den neuen Discovery und wir lassen jetzt den Range Rover Velar anlaufen. Dazu werden wir noch das ein oder andere Auto in diesem Jahr vorstellen, wie z.B. den XF Sportbrake, unser Kombi von Jaguar. Dadurch werden wir Vielfalt und Attraktivität durch weitere Karosserieformen und Varianten erhöhen und damit natürlich auch weitere, neue Begehrlichkeiten schaffen.


AUTOMOBIL PRODUKTION: Fahren Sie da eine ähnliche Strategie wie etwa BMW, Audi und Daimler, die mit einer enormen Modellvielfalt den Absatz unter Dampf halten?
Zunächst muss man natürlich feststellen, dass andere, langjährig im Premiumsektor sich befindliche Automarken, ganz andere Volumina produzieren. Wenn Sie das rein in Stückzahlen betrachten sind wir ein relativ kleines, exklusives Unternehmen mit zwei Marken. Das heißt, dass wir nicht alle Felder des Schachbretts besetzen können. Wir haben auch nicht den Ehrgeiz, in jede Nische zu gehen, sondern überlegen sehr genau a) in welchem Segment wir präsent sein wollen und b) welche Prioritäten wir setzen, um den Charakter der Marke zu stärken und in einer nachhaltigen Weise profitabel zu wachsen. Denn bei aller Freiheit durch Tata darf man nicht übersehen: Wir müssen unsere weitere Entwicklung aus dem eigenen Cashflow finanzieren. Wir bekommen nichts aus Indien. Und deswegen müssen wir sicherstellen, dass jedes weitere Ausrollen der Produktpalette wirtschaftlich sinnvoll ist.

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