AUTOMOBIL PRODUKTION: Wenn Sie schon nicht verraten, welches Modell sie hier als zweites Fahrzeug bauen, dann verraten Sie doch bitte: ist die Produktion in Nitra so ausgerichtet, dass parallel Autos mit elektrischem Antrieb und Verbrenner gebaut werden können?
Wolfgang Stadler: Grundsätzlich ist das die Strategie für unser komplettes Netzwerk. Anders geht es auch nicht mehr. Wer im Markt weiter mitspielen will, muss seine Produktionssysteme so umstellen, dass man flexibel ist. Wir sind momentan dabei, hochmoderne Architekturen zu entwickeln, die uns die Flexibilität geben, alles darstellen zu können.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was meinen Sie mit „alles darstellen können“?
Wolfgang Stadler: Damit meine ich die flexible Fertigung von Fahrzeugen mit  Verbrennungsmotoren, mit Plug-in-Hybrid und rein elektrische Autos. Das wird unser Weg sein in der nahen Zukunft, das wird nicht mehr allzu lange dauern mit den ersten Fahrzeugen, die so auf diese Art und Weise kommen. Das heißt für die Produktion, dass wir natürlich entsprechend alle Fahrzeuge produzieren können müssen in allen Märkten weltweit.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Hört sich nach harter Arbeit an…
Wolfgang Stadler:  So wahnsinnig kompliziert ist das ehrlich gesagt nicht. Zumindest solange sich das Grundprinzip des Fahrzeugs nicht ändert und sich das Thema Elektrifizierung im Wesentlichen in der Bodengruppe abspielt wird sich sowohl im Karosseriebau als auch in der Montage nicht so sehr viel ändern. Der Aufwand für entsprechende Anpassungen in der Produktion ist überschaubar – ob in einem neuen Werk wie Nitra oder den bestehenden in England und China. Das wäre nur anders, wenn man, ähnlich wie BMW das mit den i-Fahrzeugen gemacht hat, eine andere Grundkonstruktion nimmt. Dann würde sich das Produktionssystem deutlich stärker ändern, aber es würde das bestehende System auch nicht komplett über den Haufen werfen, wie wir ja aus der Fertigung des i-Pace in Graz wissen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Aber ich habe Sie schon richtig verstanden, dass Sie im Moment mit relativ hohem Druck an einer neuen Architektur arbeiten?
Wolfgang Stadler: Ja.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Und das geht wie bei BMW oder Mercedes in Richtung Multitraktion?
Wolfgang Stadler: Ja, das halten wir für wichtig, weil nämlich auch keiner wirklich vorhersehen kann, wie schnell der Wandel stattfindet. In so einer Situation wäre es aus meiner Sicht relativ kurzsichtig Architekturen darzustellen, die nur eines können. Würde man jetzt eine neue Plattform nur für Verbrenner entwickeln wäre das sicher der falsche Weg, weil der Trend zum Elektrofahrzeug sehr deutlich zu sehen ist. In China kommt man ohne Angebot an Elektrofahrzeugen schon gar nicht mehr in den Markt rein. Umgekehrt jetzt bereits nur auf eine reine Elektroplattform zu setzen beinhaltet ein hohes Risiko, weil wir heute nicht genau sagen können, wie hoch der Anteil sein wird. Da mag es unterschiedliche Ansätze geben, die natürlich auch von der Gesamtkapazität des jeweiligen Unternehmens abhängen. Für uns als relativ kleiner Premiumhersteller wäre es unverantwortlich, jetzt auf die Entwicklung einer reinen Elektroplattform zu setzen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wann wird die neue Architektur stehen?
Wolfgang Stadler: Sehen Sie es mir nach, wenn ich jetzt keinen Zeitpunkt nenne. Wir reden hier aber nicht von Zukunftsmusik.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Auf welcher Plattform wird in Nitra produziert?
Alexander Wortberg: Das ist die gleiche Plattform, auf der die großen Geländewagen produziert werden. Diese erlaubt es, dass wir Plug-in-Hybride fertigen, rein elektrische Fahrzeuge sind noch nicht möglich.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Nicht nur bei der Elektromobilität sind Zulieferer ein entscheidender Faktor. Wie ist die Situation hier in Nitra?
Alexander Wortberg: Einer der Gründe warum wir gerne in die Slowakei gekommen sind und uns auch sehr wohl hier fühlen ist, dass hier ein Umfeld mit einem reifen Lieferantennetzwerk existiert. Es sind über 300 Lieferanten aus der Automobilindustrie in der Slowakei und viele von denen bauen aus, um uns zu beliefern. Einige etablieren neue Standorte im Umfeld unseres Werks, dritte kommen ganz neu ins Land, wie etwa Gestamp, die ein paar hundert Meter entfernt ein Presswerk für uns bauen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Und auf der Beschäftigten-Seite? Da gab es ja mal so zwischen rein Bedenken, dass es durch die JLR-Ansiedlung in dem relativ kleinen Land zu einem Abwerbe-Kampf unter den Autobauern kommt.
Alexander Wortberg: Es ist vielleicht die wichtigste Einzelleistung bei dem Aufbau des Werkes, die richtige Mannschaft zusammen zustellen und zwar auf allen Ebenen. Wir haben aktuelle knapp 1.300 Leute an Bord. Das hat in Summe sehr gut geklappt, wir sind sehr dicht an der Ziellinie gefahren. Elf Prozent unserer Leute kommen aus der Arbeitslosigkeit, das ist gut. Auch nicht zuletzt deshalb sehen wir, dass die Arbeitslosigkeit durch uns und das, was wir indirekt durch unsere Lieferanten betrieben haben, gesunken ist. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir knapp 30 Prozent Frauenanteil innerhalb unserer Mitarbeiter haben. Und auch wichtig: 97 Prozent unserer Mitarbeiter sind Slowaken. Lange Rede kurzer Sinn: die Herausforderung im Recruitment haben wir früh erkannt, haben sie richtig eingeschätzt und die richtigen Maßnahmen ergriffen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wie wird sich die Mitarbeiterzahl weiter entwickeln?
Alexander Wortberg: Bis 2020 wollen wir auf 2.800 kommen. Und so wie es bislang läuft, freue ich mich schon auf die nächsten Schritte.

Zu den Personen Alexander Wortberg und Wolfgang Stadler

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